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Schweinfurt
Mängel am Bauteil: Warum sich die Sperrung der Hahnenhügelbrücke in Schweinfurt um drei Wochen verlängert
Das Staatliche Bauamt spricht von schwierigen Bedingungen bei der Sanierung. Was die Hintergründe sind und wie es mit den Bauarbeiten nun weitergeht.
Die Hahnenhügelbrücke bleibt gesperrt: Noch laufen die Schweißarbeiten am neuen Träger. 15 Jahre Zeit soll die aktuelle Sanierung bringen, dann muss ein Neubau die alte Brücke ersetzen.
Foto: René Ruprecht | Die Hahnenhügelbrücke bleibt gesperrt: Noch laufen die Schweißarbeiten am neuen Träger. 15 Jahre Zeit soll die aktuelle Sanierung bringen, dann muss ein Neubau die alte Brücke ersetzen.
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:47 Uhr

Worüber in den Sozialen Medien in den vergangenen Tagen noch hitzig spekuliert wurde, hat sich nun bestätigt: Die Hahnenhügelbrücke in Schweinfurt bleibt laut dem Staatlichen Bauamt drei weitere Wochen für den Autoverkehr gesperrt. Seit Mitte August laufen die Sanierungsarbeiten an der wichtigen Verbindungsachse zwischen der Autobahn 70 und Schweinfurt. Die Redaktion hat sich die wichtigsten Fragen zum Bau und der aktuellen Verzögerung von den Verantwortlichen beantworten lassen. Die neuesten Hintergründe.

Wie lange bleibt die Hahnenhügelbrücke gesperrt?

"Trotz großen Engagements der Bauarbeiter verzögerten in den letzten Wochen gleich mehrere Faktoren den geplanten Bauablauf [...] auf der Hahnenhügelbrücke", heißt es in einer offiziellen Pressemitteilung des Staatlichen Bauamts Schweinfurt. Die Brücke kann deshalb nicht wie angekündigt, am 23. September 2023, freigegeben werden, sondern bleibt noch drei weitere Wochen gesperrt. "Das neue Zieldatum ist deshalb der 14. Oktober", sagt Bauamtsleiter Andreas Hecke im Gespräch mit der Redaktion.

Warum verzögert sich die Sanierung?

Anfang des Jahres hat das Staatliche Bauamt bei einer Überprüfung der Brücke Korrosionsschäden am Auflagequerträger des Widerlagers Richtung Schwebheim festgestellt. Um die Stabilität der Brücke für weitere 15 Jahre zu gewährleisten, musste deshalb der alte Stahlträger ausgebaut und durch einen neuen ersetzt werden. Nachdem der Stahlquerträger Ende August aus einem Stahlwerk bei Bremen angeliefert wurde, stellte sich heraus, dass dieser verformt war.

"Im Endeffekt war der Baukörper verdreht", verdeutlicht Joachim Dietz, Abteilungsleiter Konstruktiver Ingenieurbau vom Staatlichen Bauamt. Weil das Bauteil in sich verzogen auf die Baustelle geliefert wurde, mussten die Arbeiter den Träger daher mit Schweißgeräten anpassen, um ihn in den Überbau einsetzen zu können.

Weshalb dauert das Anpassen des Trägers so lange?

Laut Dietz hat man zunächst versucht, den Träger auf der Baustelle zu erhitzen, um ihn so in die passende Lage zu bringen. Weil das aber nicht funktionierte, musste das Bauteil daraufhin in der Mitte geteilt und die kürzen Stücke eingepasst werden. "Diese unumgänglichen Schweißarbeiten sind äußerst zeitaufwändig und dauern bis heute an", sagt Hecke.

Die Teile des neue Stahlträgers werden derzeit unterhalb der Fahrbahn zusammengeschweißt. Der Querträger ist 15 Meter lang und fast sieben Tonnen schwer. Ende August wurde er eingesetzt.
Foto: René Ruprecht | Die Teile des neue Stahlträgers werden derzeit unterhalb der Fahrbahn zusammengeschweißt. Der Querträger ist 15 Meter lang und fast sieben Tonnen schwer. Ende August wurde er eingesetzt.

Hinzu kommen laut Dietz zusätzliche Arbeiten an der Stahlkonstruktion. So offenbarten sich während den Bauarbeiten weitere Korrosionsschäden, die erst nach dem Rückbau des alten Trägers sichtbar wurden, was jetzt weitere Verstärkungsarbeiten erfordert, erklärt Dietz. Derzeit wird die zweite Hälfte des Trägers eingeschweißt.

Wie kann sich ein Stahlträger verziehen?

Der genaue Fehler konnte bis dato nicht gefunden werden. Allerdings vermutet das Bauamt, dass die Verformung in Teilen auf die schwankenden Temperaturen im August zurückzuführen ist. Stahl zeichnet sich als Baustoff unter anderem dadurch aus, dass er empfindlich auf Wärme und Kälte reagiert, sich ausdehnt und wieder zusammenzieht. "Neben den äußeren Bedingungen, muss es aber zusätzlich ein Fertigungsproblem gegeben haben", sagt Dietz.

Bei dem Querträger handelt sich um kein massives, sondern um ein aus verschiedenen Blechen zusammengeschweißtes und zusammengesetztes Baustück. "Das stark schwankende Wetter Mitte August mit zuerst tageweise starken Regengüssen und darauffolgenden hochsommerlichen Temperaturen erschwerte die Arbeiten daher zusätzlich", sagt Bauamtsleiter Andreas Hecke.

Warum wurde der Mangel erst auf der Baustelle erkannt?

"Man hätte es nicht sehen können", sagt Hecke. Bei Bauteilen dieser Art gehe es um wenige Zentimeter, die man auf den ersten Blick nicht erkennen könne. Sichtbar wurde die Verformung also erst, nachdem die Bauarbeiter versucht hatten, den Träger in den Überbau auf der Baustelle in Schweinfurt einzuheben.

Hätte das Staatliche Bauamt genauer kontrollieren müssen?

Das Staatliche Bauamt führte vor der Anlieferung stichprobenartige Kontrollen am Träger im Bremer Stahlwerk durch. Hier wurden jedoch in erster Linie Schweißnähte und Teilabschnitte des Bauwerks überprüft, sagt Dietz. Für alles Weitere sei die Ausführungsplanung im Stahlwerk zuständig. "Die wird vorher geprüft und freigegeben. Und danach muss ich erwarten dürfen, dass der entsprechende ausführende Unternehmer baut", sagt Dietz.

Wurde schlampig geplant?

Neben wöchentlichen Videokonferenzen und Stichproben habe das Bauamt von Anfang an seinen Schweißfachingenieur sowie einen Prüfstatiker eingebunden, welche das Bauwerk seit Jahrzehnten kennen und in der Vergangenheit verschiedene Arbeiten an der Brücke erfolgreich begleitet haben, sagt Dietz. "Im Anbetracht des Aufwands, den wir von Anfang an in die Planung reingesteckt haben, wüsste ich nicht, was wir von unserer Seite aus hätten besser machen können."

Bei dem Stahlwerk in Bremen handle es sich um einen zuverlässigen Auftragnehmer, der die Brücke kenne und auch schon die Übergangskonstruktionen instandgesetzt habe. Schlussendlich ließe sich aber der Faktor Mensch nie völlig ausschließen, sagt Dietz. Eine Neuanfertigung des Trägers hätte zudem noch länger gedauert.

Wie lange dauert es bis zu einem Neubau der Brücke?

Mit dem Abschluss einer Planung für ein Bauwerk wie die Hahnenhügelbrücke, mitsamt allen Verfahren, ist laut Bauamtsleiter Hecke nicht vor unter zehn Jahren zu rechnen. Das liegt unter anderem an dem hohen Planungsaufwand. "Schweinfurt war eine der meist beschossenen Stellungen Deutschlands. Allein für die Erkundung des Baugrunds vergehen mehrere Jahre", verdeutlicht Dietz. Das Bauamt hat vor kurzem die Planung des Neubaus ausgeschrieben. Die Kosten für den Neubau der Brücke werden aktuell auf etwa 35 Millionen Euro geschätzt.

Welche Alternative zur Umleitung habe ich als Autofahrer?

Das Staatliche Bauamt rät, die Hauptverkehrszeiten weitestgehend möglich zu meiden. Pendlerinnen und Pendlern, die aus östlicher Richtung nach Schweinfurt fahren, rät Hecke zudem über die Anschlussstelle Weyer und Schonungen zu fahren. "Ich weiß, das ist ein schwacher Trost, aber vielleicht ist es für den ein oder anderen noch ein Tipp, wie er besser mit der Situation klarkommt."

Geschichte der Hahnenhügelbrücke

Vor 56 Jahren wurde mit der Hahnenhügelbrücke die zweite Mainquerung auf dem Stadtgebiet der Stadt Schweinfurt gebaut. Insgesamt 283 Meter misst das Bauwerk, 118 Meter davon queren über den Main. Der Bau kostete damals 5,7 Millionen D-Mark. Während in den Anfangsjahren gerade einmal rund 10.000 Fahrzeuge pro Tag die Brücke passierten, sind es heute 30.000 Fahrzeuge. Seit 2009 sind zirka 1,5 Millionen Euro in die Erhaltung des Bauwerks geflossen.
Quelle: dink
 
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