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Schweinfurt
Lichtermeer am Marktplatz in Schweinfurt:  Schweigeminute für Attentatsopfer und Appell gegen Hass
Kurz vor der Bundestagswahl mobilisiert "Schweinfurt ist bunt" Menschen gegen Hass und Hetze. Warum die Kundgebung anders verläuft als geplant.
Lichtermeer am Marktplatz in Schweinfurt: Rund 600  Menschen setzten ein Zeichen für Demokratie und gegen Hetze. Im Bild: der Chor der 'Trällernden Tanten'.
Foto: Anand Anders | Lichtermeer am Marktplatz in Schweinfurt: Rund 600 Menschen setzten ein Zeichen für Demokratie und gegen Hetze. Im Bild: der Chor der "Trällernden Tanten".
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 20.02.2025 02:41 Uhr

An die 600 Leute stehen am Samstagabend am Marktplatz. Sie halten Kerzen in den Händen, haben sich Lichterketten umgehängt, Laternen mitgebracht oder lassen ihre Stirnlampe leuchten. Auf Initiative von "Schweinfurt ist bunt" wollen sie ein Zeichen setzen. Gegen Hass, gegen Hetze, für ein Miteinander. Als "Lichtermeer der Demokratie", kurz vor der Bundestagswahl am 23. Februar, war die Kundgebung gedacht. Sie verläuft allerdings anders als ursprünglich geplant. 

Ein Zug durch die Stadt findet nicht statt. Nach dem islamistischen Anschlag am Donnerstag in München auf eine Verdi-Demonstration, bei der eine Mutter und ihr Kind getötet wurden, hatten Polizei und Ordnungsamt Sicherheitsbedenken, sagt Agnes Conrad, Mitglied im Vorstand von "Schweinfurt ist bunt". Überhaupt musste das Sicherheitskonzept noch mal überarbeitet werden. Kurz habe man sogar überlegt, abzusagen, sagt Conrad vor der Veranstaltung gegenüber dieser Redaktion.

Fotoserie

Um 19 Uhr soll es losgehen, der Marktplatz füllt sich langsam. Zwischen 500 und 600 Leute sind da, gibt Conrad die Schätzung der Polizei weiter. Das Lichtermeer beginnt mit einer Gedenkminute für die Opfer des Anschlags in München. 40 Verletzte, zwei Tote, das sei unfassbar, meint Conrad. Trotzdem sei es wichtig, weiter gegen Hass und Hetze einzustehen, Stärke zu zeigen. Und auch das Recht auf Versammlungsfreiheit auszuüben. Dafür gibt es viel Applaus. 

Auf Aufruf von 'Schweinfurt ist bunt' setzten gut 600 Menschen ein Zeichen für Miteinander am Schweinfurter Marktplatz. 
Foto: Anand Anders | Auf Aufruf von "Schweinfurt ist bunt" setzten gut 600 Menschen ein Zeichen für Miteinander am Schweinfurter Marktplatz. 

Die Menschen, die vor ihr stehen, sieht Conrad als "Brandmauer" gegen Faschismus und Rassismus. Dass Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz bei der Abstimmung über den 5-Punkte-Plan zu Sicherheit und Migration die Stimmen der AfD für eine Mehrheit angenommen habe, bereite nicht nur ihr Unbehagen. Im Bündnis "Schweinfurt ist bunt" sei auch die CSU vertreten. Auch dort sei das Verhalten von Merz kritisiert worden. 

Aufruf zum Miteinander

Hass und Hetze, wie sie unter anderem von der AfD verbreitet werde, schade dem Zusammenhalt, gefährde die Grundlagen der Gesellschaft und der Demokratie. "Das ist ein Angriff auf unsere Werte." Respekt, Toleranz, Solidarität sieht Agnes Conrad, die bei der Bundestagswahl als Direktkandidatin der Linke antritt, als Basis. Verbreiten sich Angst und Misstrauen, gehe die Zukunft verloren.

Dem schließt sich Bündnis-Vorsitzende und Verdi-Bezirksgeschäftsführerin Marietta Eder an. Auch sie ist geschockt vom Anschlag. Sie ist in Gedanken bei ihren Gewerkschafts-Kolleginnen und -Kollegen, die in München für ihre Forderungen demonstriert haben, verletzt oder getötet wurden. "Lasst uns über diese Menschen reden", sagt sie. Das sei wichtiger, als über den Täter zu spekulieren.  

Premiere für die "Trällernden Tanten"

Die Botschaft für Miteinander und gegen Faschismus singen dann die "Trällernden Tanten", der neue Stattbahnhof-Frauenchor bei ihrem ersten Auftritt gemeinsam mit dem Kundgebungs-Publikum. "Wehrt euch, leistet Widerstand", wird mit Inbrunst gesungen. Es geht im Lied um Widerstand gegen Faschismus, gegen Rassismus, gegen rechte Hetze, gegen Sozialabbau und um Einstehen für die Freiheit.

Singer-Songwriter Matze Rossi aus Marktsteinach, der krankheitsbedingt nicht dabei sein konnte, hat die italienische Partisanen-Hymne "Bella Ciao" für die "Trällernden Tanten" umgedichtet. "Es wiederholt sich die Geschichte, wenn wir uns nicht wehren", heißt es da. Da sind sich wohl alle einig, die mit ihren Lichtern auf dem Marktplatz stehen. Manche zeigen das sehr deutlich mit Plakaten und Ansteckern, in denen die Begriffe Nazis und AfD verwendet werden. 

 
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Kommentare
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  • Andreas Gerner
    Ist bekannt, ob die bunt-Redner auch Scholz offen kritisiert haben für seine Beleidigungen gegenüber einem dunkelhäutigen Berliner Politiker ?
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  • Martin Heberlein
    Ist Ihnen bekannt, dass Herr Chialo selbst gesagt hat, dass er das von einem Focus-Redakteur so aufgebauschte Zitat NICHT als rassistische Beleidigung empfunden hat?
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  • Andreas Gerner
    Schrieb ich denn, dass die Beleidigung rassistisch gewesen sei ? Ob es rassistisch gemeint ist, ein dunkelhäutiges Gegenüber zu beleidigen, hellhäutige Gegenüber jedoch nicht, kann jeder selbst für sich einordnen. Das muss nicht ich, nicht Sie, nicht der Focus, nicht Herr Chialo und nicht der noch-ein -Bisschen-Kanzler Scholz vorgeben.

    Ganz unabhängig davon, wie Sie die Beleidigung einordnen, finden Sie es denn in Ordnung, insbesondere für einen Kanzler und insbesondere einen, der für seine noch laufende Legislatur mit der Wahlkampagne "Respekt für Dich" angetreten ist, sein Gegenüber vor Gästen als einen Hofnarren zu bespotten ?
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  • Martin Heberlein
    Offensichtlich haben Sie keine Ahnung, was der Begriff "Hofnarr" eigentlich bedeutet.
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  • Horst Böhnlein
    Was hat das mit „Intolereranz“ zu tun, wenn reaktionäre Positionen der CDU/CSU, zum Teil von der faschistischen AfD übernommen, kritisiert und zurück gewiesen werden? Die Sorgen der Menschen werden nicht ausgeblendet, deshalb wurde ja die Demonstration abgesagt. Die Zeit für ein geändertes Sicherheitskonzept war zu kurz und auch noch gar nicht klar was hinter dem Menschenverachtenden Anschlag steckt.
    Das Asylrecht ist notwendig auf antifaschistischer Grundlage. Terroristen und Faschisten egal auf welcher Grundlage haben kein Asylrecht und haben hier nichts zu suchen.
    Flüchtlingen zu helfen, ihnen eine Lebensperspektive zu geben, ist eine humanitäre Verpflichtung für jeden demokratisch und fortschrittlich denkenden Menschen. Die Logik der faschistischen AfD und ihrer Varianten in CDU, SPD, FDP und auch bei den Grünen überlässt sie kaltblütig ihrem Schicksal.
    Es werden zunehmend die Flüchtlinge bekämpft statt die Flüchtlingsursachen.
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  • Hans-Ullrich Völker
    Hoffentlich schließt der Kampf gegen Hass auch die ein, die unsere Art zu leben hassen. Wozu der führt, sieht man ja: Sicherheitsbedenken verhindern den Zug durch die Stadt. Wieso hatte man Bedenken, wenn es kein Problem gibt?Was machen wir, wenn unsere Toleranz missbraucht wird? Auf einer Demo intolerant gegen die Position von CDU/CSU auftreten und die Sorgen vieler Menschen ausblenden? Das wirkt insgesamt auch nicht bunt, sondern eher farblos.
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