Wenn der Rechnungsprüfungsausschuss des Gerolzhöfer Stadtrats einmal jährlich die Stadtfinanzen unter die Lupe nimmt, geht es nicht nur darum, wunde Punkte zu benennen, sondern auch Vorschläge zu bringen, wie Einnahmen und Ausgaben optimiert werden können. Am Montagabend präsentierte Arnulf Koch (CSU) als Ausschuss-Vorsitzender das Ergebnis zum untersuchten Haushalt 2021.
Er benannte teils eklatante Abweichungen der verbuchten Zahlen vom Haushaltsansatz. Vorab lobte er jedoch den Herrn der Zahlen, Stadtkämmerer René Borchardt: Dieser erledige seine Arbeit "sehr gut".
Doch wo Licht, da auch Schatten. Dies zeigt der Blick auf die Entwicklung der städtischen Schulden. Diese sanken das sechste Jahr in Folge auf rund 7,7 Millionen Euro Ende 2021. Doch dem lag ein fragwürdiger Umstand zugrunde: Allein die Kapazitätsgrenzen des Stadtbauamts sorgten für einen "natürlichen Spareffekt", so Koch. Will heißen: Gerolzhofen hat auch im Jahr 2021 weit weniger investiert als geplant, weil die Umsetzung von Großprojekten (Schulen, Kläranlage) auf sich warten lässt. Davon profitierte zwangsläufig der Schuldenstand.
Schuldenstand wird weit über dem Durchschnitt bleiben
Trotzdem lag diese Grenze deutlich über dem, was Koch für akzeptabel hält. Auf Basis der Verschuldung aller bayerischer Kommunen, berechnete er einen Durchschnittswert von 5,81 Millionen Euro, den die Stadt nicht überschreiten sollte. Davon sei Gerolzhofen absehbar auf Jahre hinweg weit entfernt.
Maßgeblich verantwortlich für die dünne Finanzdecke macht der vorsitzende Rechnungsprüfer – nicht zum ersten Mal – das Geomaris. Die Sanierung des Freizeitbades beschere der Stadt nicht nur 3,1 Millionen Euro an offenen Darlehen, sondern auch ein jährliches Betriebsdefizit, das im Jahr 2021 mit 1,13 Millionen Euro das zweite Mal in Folge die Millionen-Grenze überschritt; im Jahr 2020 waren es 1,41 Millionen Euro. Damit trägt das Bad den mit Abstand größten Anteil an den 1,73 Millionen Euro, die die Stadt im Jahr 2021 für den Betrieb freiwilliger Einrichtungen zuschießen musste. Den zweitgrößten Zuschuss (260.000 Euro) erhielt die Stadtbibliothek, gefolgt von Aufwendungen für den Tourismus (132.000 Euro).
Angesichts dieser Zahlen, müsse allen Stadtratsmitgliedern bewusst sein, dass die einst getroffene Entscheidung für das Geomaris "gleichzeitig die Entscheidung gegen andere freiwillige Maßnahmen" gewesen sei und somit "sehr weit in die Zukunft und Entscheidungsfreiheit aktueller und zukünftiger Stadträte wirkt", sagte Koch.
Vergleich mit anderen Kommunen fällt ungünstig aus
Wie hoch Gerolzhofens Schulden sind, verdeutlicht ein Vergleich mit anderen Kommunen. So sind die 1115 Euro Pro-Kopf-Verschuldung nicht nur der Spitzenwert innerhalb der Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft, wo Donnersdorf mit 713 Euro folgt. Auch unter den Mittelzentren im Umkreis von 60 Kilometern gibt es kein weiteres, das über 1000 Euro Schulden pro Kopf hat. Zudem liegt Gerolzhofen bei der Steuerkraft mit 934 Euro pro Kopf im unteren Drittel der Mittelzentren.
Spannend war auch der Blick auf einzelne Positionen des Haushalts 2021. So stellte Koch vor, dass die Einnahmen für die Johanniskapelle mit dem Museum "Kunst und Geist der Gotik" in diesem Jahr gerade mal 170 Euro betrugen, was 68 Besucherinnen und Besuchern entspricht. Dem standen Ausgaben von 22.000 Euro für Betrieb und Unterhalt des Museums entgegen, davon allein 3500 Euro für die dort tätigen Ehrenamtlichen. Eine Stilllegung des Museums samt Rückgabe von Ausstellungsstücken dürfte 15.000 Euro sparen, stellte Koch an den Stadtrat gerichtet die Frage, ob man es sich weiter leisten möchte, Gebäude, "die faktisch keinen Nutzen haben", am Leben zu erhalten.
Heftiger Anstieg bei den Reinigungskosten für städtische Gebäude
Die Rechnungsprüfung ergab auch, dass die Reinigung städtischer Liegenschaften im Jahr 2021 deutlich teurer ausfiel als geplant. Allein für die Bibliothek beliefen sich diese auf fast 29.000 Euro statt veranschlagter 18.000 Euro. Grund hierfür sei eine Neuvergabe der Arbeiten, zu, aus Sicht der Stadt, deutlich schlechteren Vertragskonditionen. Deshalb sei es überlegenswert, so Koch, wieder eigenes Reinigungspersonal zu beschäftigen.
Die Einnahmen der Volkshochschule aus Kursgebühren lagen mit knapp 47.000 Euro fast 100.000 Euro unter dem Ansatz. Dies lag teilweise an Corona-Einschränkungen, lieferte Koch eine Erklärung; so lagen auch die Ausgaben unter dem Ansatz. Doch es gibt einen weiteren Grund: Die Zahl der Kurse lag unter Plan, weil es an Leiterinnen und Leitern fehlt.
Niemand hege aktuell die Absicht, den städtischen Wald zu verkaufen, versicherte Koch. Dennoch habe man von Förster Jochen Schenk ermitteln lassen, was die Flächen einbringen würden: geschätzte 1,8 Millionen Euro. Daneben besitzt die Stadt eine etwa achtmal größere Fläche im Gemeinsamen Bürgerwald mit Dingolshausen, deren Wert nicht ermittelt wurde. Diese Feststellung solle "keine Diskussion anstoßen", sagte Koch, sondern dem Stadtrat allein den Wert des nach Kochs Worten "letzten Tafelsilbers" vermitteln, das die Stadt nach dem Verkauf der Stadtwerke vor gut 20 Jahren noch habe.