Der jüngste Bericht des Rechnungsprüfungsausschusses im Gerolzhöfer Stadtrat zeigte den Mitgliedern des Gremiums nicht nur auf, wie die Stadt finanziell dasteht. Anhand einer über 20 Punkte umfassenden Liste wurde beim Herausgreifen einzelner Haushaltsposten auch klar, wo teils deutlich mehr Geld ausgegeben wurde als geplant, und wo gespart wurde.
Wie aus den Vorjahren gewohnt, hatte der Ausschuss, bestehend aus Vorsitzendem Arnulf Koch, Ingrid Feil (beide CSU), Guido Herbig (Geo-net), Johannes Roth (Freie Wähler) und Susanne Wilfling (SPD) die zu prüfende, und am Ende vom Stadtrat einstimmig genehmigte Jahresrechnung 2019 akribisch unter die Lupe genommen. Anlass zur Schelte der Stadtverwaltung fanden sie keine. Im Gegenteil: Koch bescheinigte Kämmerer René Borchardt eine gute Arbeit. "Es gibt keinerlei Hinweise auf Unregelmäßigkeiten", lautete das Lob des Ausschussvorsitzenden.
Pro-Kopf-Schulden deutlich über dem Durchschnitt
Mit Blick auf die finanzielle Großwetterlage verdeutlichte der Bericht aber auch eines: Gerolzhofens Schuldenberg ist gewaltig. Zwar verringerte sich dieser im Jahr 2019 von 9,43 auf 8,82 Millionen Euro. Doch hatte jeder Einwohner damit umgerechnet noch immer 1284 Euro Schulden – im Vergleich zu 739 Euro, dem Durchschnittswert bayerischer Mittelzentren. Damit erklärt sich Kochs Schlussappell, die Stadt müsse auf längere Sicht sparsam sein und am besten zugleich mehr Einnahmen haben, wie von selbst. Allein, um den Schuldenanteil des Freizeitbades Geomaris zu tilgen, bräuchte es laut Koch circa 40 Jahre, falls weiterhin, wie zuletzt, pro Jahr 100 000 Euro zurückgezahlt werden. Am Rande merkte er noch an, dass sich die Stadt, würde man die Miesen des Bades herausrechnen, mit ihren Restschulden ziemlich exakt auf Landesdurchschnitt bewegen würde.
Positiv ist laut Kochs Vortrag, dass 2019 die freie Finanzspanne der Stadt mit 2,8 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr um fast zwei Millionen erhöht hat. Angesichts anstehender Großprojekte, etwa der Sanierung bzw. dem Neubau von Grund-/Mittelschule oder Investitionen in Wohn- und Gewerbegebiete, sei dies auch dringend notwendig.
Kämmerer liefert Erklärungen in der Sitzung
Einer Fleißarbeit glich die leicht verständliche Aufstellung, die Koch seinen Stadtratskollegen beim Blick auf einzelne Haushaltsposten lieferte: Es waren die Punkte, die dem Prüfungsausschuss bei der Durchsicht der Unterlagen besonders aufgefallen waren. In die Analyse waren Erklärungen der Verwaltung teils bereits eingeflossen, teils begründete Kämmerer Borchardt einzelne Punkte während der Stadtratssitzung.
Aufgefallen waren den lokalen Rechnungsprüfern beispielsweise die Löhne der Bauhofmitarbeiter, die verwaltungsintern verrechnet wurden. Diese lagen mit knapp 22 000 Euro fast 5000 Euro höher als in den Vorjahren; die 491 verrechneten Stunden waren das bisher höchste Kontingent aller betrachteten Jahre ab 2004, und das, obwohl tendenziell immer mehr Fremdfirmen Arbeiten übernehmen, etwa beim Aufbau des Weinfestes. Die Verwaltung blieb mit ihrer Antwort eher im Allgemeinen: Der Stundenbedarf würde von Jahr zu Jahr generell schwanken, und im Jahr 2019 seien zwei Mitarbeiter eingearbeitet worden.
Beseitigung von Klärschlamm deutlich teurer
Konkreter lässt sich erklären, weshalb die Beseitigung von Klärschlamm mit 139 000 Euro deutlich teurer ausfiel als es im Ansatz für die Haushaltsstelle (85 000 Euro) ausgewiesen war. Grund hierfür ist, dass sich die Trocknung und Beseitigung von Klärschlamm allgemein stark verteuert hat. Die Kosten werden auf die Nutzer, also auf Bürger und hiesige Unternehmen, umgelegt. Die Verwaltung prüft, welche günstigere Alternative, etwa der Betrieb einer eigenen Trocknungsanlage oder der Anschluss an einen Zweckverband, es gibt.
Um keine Menschen zu gefährden, möchte die Stadt laut Bürgermeister Thorsten Wozniak weiter daran festhalten, die 5818 Bäume und Baumgruppen im Stadtgebiet regelmäßig von Fachleuten auf morsche Äste und Schäden kontrollieren zu lassen – trotz der damit verbundenen hohen Kosten. 2019 gab die Stadt für Parkanlagen und öffentliche Grünflächen insgesamt 377 000 Euro aus (Ansatz: 284 000 Euro). Thomas Vizl (Geo-net) unterstützt dies: Wenn etwas passiere, und Bürgermeister und Stadtgärtnerei strafrechtlich belangt werden könnten, weil sie die Verkehrssicherheit nicht ausreichend sicherstellten, dann würde dafür keine Versicherung aufkommen, meinte er.
Baumängel an Zweifachturnhalle sollen verschwinden
Die Zweifachturnhalle für Schule und Vereinssport am Lülsfelder Weg ist seit deren Fertigstellung mängelbehaftet. Beispielsweise funktioniert die Lüftung nicht richtig und die Beschattung genügt nicht. Die verantwortlichen Baufirmen sind allesamt insolvent; von dort ist also nichts mehr zu holen, die Kosten werden bei der Stadt hängenbleiben. Noch in diesem Jahr soll laut Verwaltung ein Ingenieurbüro mit der Beseitigung der Mängel beauftragt werden. Der Prüfungsausschuss hatte dem hohe Priorität eingeräumt.
Auf der Einnahmenseite der Stadt, im Vermögenshaushalt, monierten die Rechnungsprüfer, dass Ausgaben für die Kläranlage – für 2019 immerhin 1,7 Millionen Euro – nicht auch über eine Erhöhung der Umlage der an der Kläranlage beteiligten Gemeinde Dingolshausen eingefordert wurden, ebenso per Umlage von den Einwohnern der Stadt. Die Stadt verzichtete damit auf Einnahmen. Künftig soll gelten: Bei Sanierungsmaßnahmen werden auch Teilleistungen umgelegt.
Weniger Strafzettel als einkalkuliert
Weil die Parkraumüberwachung weniger Strafzettel ausgestellt hat als kalkuliert (Koch: "Es wird offensichtlich vorbildlich geparkt"), entgingen der Stadt veranschlagte Einnahmen von knapp 15 000 Euro.
Hinter Einsparungen von rund 26 000 Euro gegenüber dem Ansatz bei den Personalkosten für das Stadtarchiv liegt ein wenig erfreulicher Grund: Der Stadtarchivar ist langfristig erkrankt, und es gibt für diesen – was jetzt negativ auffällt, weil Arbeit liegen bleibt – keine Stellvertretung.
Positiv bewerten die Rechnungsprüfer die Kostensteigerung bei den Zuschüssen der Stadt für die Kindergärten. Diese lagen bei knapp 730 000 Euro (683 000 Euro). Grund hierfür ist, dass die Einrichtungen mehr Kinder besuchten als vermutet.
Ärgerliche Rückzahlung von Gewerbesteuern
Ein Ärgernis, das von der übergeordneten Politik gelöst werden müsste, erkennt Koch in der fehlenden Rechtssicherheit für Kommunen, was Nachzahlungen aus Gewerbesteuerbescheiden aus teils weit zurückliegenden Jahren angeht. Das krasse Beispiel hierfür lieferte das Jahr 2019: Hier musste die Stadt einem (überregionalen) Unternehmen gut 113 000 Euro Gewerbesteuer für das Jahr 2000 (!) zurückzahlen. Doch damit nicht genug: Zusätzlich fielen Nachzahlungszinsen für insgesamt gut 131 000 Euro an – ein Zinssatz von sechs Prozent. Die Stadt ist dem machtlos ausgeliefert, berichtete der Kämmerer. Und Koch plädierte dafür, der Gesetzgeber müsste dafür sorgen, dass das Bundesfinanzministerium Kosten übernimmt, die aus verzögert erteilten Steuerbescheiden entstehen, wenn diese weiter als etwa fünf Jahre zurückreichen.