Zweite September-Woche. Auch in Bayern gehen die Sommerferien zu Ende und ein neues Schuljahr beginnt. Nach zwei corona-geprägten Jahren können Kinder und Jugendliche endlich wieder unter mehr oder weniger "normalen" Bedingungen in die nächste Klasse starten. Allerdings steht an manchen Schulen ein ausgewogenes Unterrichts- und Förderangebot weiterhin in Frage.
Der Grund dafür ist aber immer weniger das ansteckenden Virus, sondern der Mangel an Lehrerinnen und Lehrern. In ganz Deutschland fehlen nach einer Schätzung des Deutschen Lehrerinnen- und Lehrerverband zwischen 30.000 und 40.000 Lehrkräfte.
Doch wie akut ist der Lehrermangel in Unterfranken? Wie viele Lehrerinnen und Lehrer fehlen an Schulen in und um Schweinfurt? Die Antwort scheint davon abzuhängen, wen man fragt.
Zwischen "abgedeckt" und "extrem angespannt": Wie ernst ist die Lage an den Schulen?
Zwar streitet die Dienststelle des Ministerialbeauftragten für die Realschulen in Unterfranken den Lehrermangel nicht ab, sie bestätigt ihn aber auch nicht: Er wird an keiner Stelle in der Antwort auf die Fragen dieser Redaktion genannt. Stattdessen sei der Unterricht an den Realschulen in Unterfranken "abgedeckt" und "kein drohender Unterrichtsausfall bekannt". Mit "Integrierten Lehrerreserven" und "passgenauen Vertretungskonzepten" würde gut auf kurzfristigen Entfall reagiert werden können.
Ganz anders sieht das der Bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband (BLLV): Er fordert schon seit zehn Jahren mehr Lehrkräfte, berichtet Tomi Neckov, BLLV-Vizepräsident und ehemaliger Rektor einer Schweinfurter Mittelschule. Die Lage habe sich seitdem nur verschärft und sei aktuell "extrem angespannt". Rund 100 Lehrstellen, so schätzt der BLLV, sind in Stadt und Landkreis Schweinfurt nicht besetzt. In diesem Jahr sei es sogar so schlimm, dass schon allein die Erstellung des Regelunterrichtsangebot eine Herausforderung darstelle. An Zusatzangebote, wie Übungsstunden oder Neigungsfächer, "brauchen wir gar nicht zu denken".
Laut Stefanie Schiffer, Schulamtsdirektorin und fachliche Leiterin der Schulämter für die Grund- und Mittelschulen in Stadt und Landkreis Schweinfurt, hat sich der Mangel an Lehrkräften schon seit einigen Jahren allmählich abgezeichnet. Durch den demografischen Wandel würden "große Pensionierungswellen" entstehen, die von den im Verhältnis weniger werdenden Lehramtsstudierenden nicht mehr ausgeglichen werden können. Somit stünden den Schulen immer weniger Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung, während gleichzeitig die Zahlen der schulpflichtigen Kinder durch höhere Geburtenraten steige.
Unattraktiver Beruf oder schlechte Personalpolitik: Warum fehlen die Lehrkräfte?
Die genauen Gründe für die zurückgehenden Lehramtsstudentinnen und -studenten seien nicht genau bekannt, man könne nur vermuten. Die Schulamtsdirektorin nimmt an, dass es an der "Vielschichtigkeit" des Lehrerberufs liegt: "Denjenigen, der meint er sei Lehrer, um Wissen zu vermitteln, diesen puren Lehrer gibt es nicht mehr." Zum reinen Unterrichten bekämen Lehrerinnen und Lehrer zunehmend eine "Erziehungsfunktion", die zusätzlich ihre Ressourcen beanspruche. Das könnte manche junge Menschen zweimal überlegen lassen, ob sie Lehrerin oder Lehrer werden wollen, meint Stefanie Schiffer.
Tomi Neckov macht aber auch das Kultusministerium für den Lehrernotstand verantwortlich und wirft ihm mangelhafte Personalpolitik vor: "Die Politik hat verschlafen, da rechtzeitig die Weichen zu stellen, jetzt kommt die Quittung und keiner will die Verantwortung tragen." Die zuständigen Minister würden die Ernsthaftigkeit der Lage nicht benennen.
Schulleitung und Lehrkräfte seien es dann, die Eltern und Kindern erklären müssen, warum Sportstunden gekürzt werden und Übungsangebote fehlen. "Die Schulen können mit dem Erwartungsdruck der Gesellschaft nicht alleine gelassen werden. Die Politik muss sagen, dass die Klassen groß sind, dass Unterricht ausfällt und dass keine Profis mehr vor der Klasse stehen. Das ist die Wahrheit", appelliert Neckov. "Wir fragen uns, und die Eltern werden es spätestens im Herbst tun, was eigentlich noch passieren muss, dass jetzt endlich gehandelt wird."
"Kreative Lösungen": Wie reagieren Schulen auf den Lehrermangel?
Die Schulen müssen selber sehen, wie sie den Bildungspersonalmangel abfangen, so Neckov: "Wir vor Ort baden es dann aus und müssen uns kreative Lösungen überlegen. Geht aber nicht, wenn eine gewissen Grenze unterschritten ist." Jeder Klasse eine professionelle Leitung zuzuteilen werde immer schwieriger. Stattdessen müssten beispielsweise Lehramtsstudierende, Jugend-Sozial-Arbeiterinnen und -Arbeiter oder Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger ans Werk.
Besonders ernst wird es, wenn im Herbst und Winter krankheitsbedingt Lehrpersonal ausfällt, stellt Neckov besorgt fest. "Dann haben wir niemanden, aber auch wirklich niemanden mehr, der den Unterrichtsausfall auffangen kann." Es könnte sogar soweit kommen, dass Fächer gekürzt werden oder Kinder nach Hause gehen müssen.
Dabei würde es als erstes Nebenfächer wie Kunst, Musik oder Sport treffen, die nach zwei Jahren voller Corona-Beschränkungen besonders wichtig für die Kinder seien, erklärt der BLLV-Vizepräsident. Ob diese dann im 14-tägigen Rhythmus stattfänden oder ganz ausfallen, hinge von den Kapazitäten der Schulen ab. Jedoch würden die Schulen diese Maßnahme nur temporär ergreifen und nur, wenn es wirklich keine andere Option mehr gäbe, betont Stefanie Schiffer.
"Generationenfrage": Die Lage wird sich so schnell nicht ändern
Die Folgen des Lehrermangels tragen natürlich in erster Linie die Schülerinnen und Schüler, aber auch die wenigen Lehrerinnen und Lehrer würden in Mittleidenschaft gezogen werden, meint Tomi Neckov. "Die Lehrkräfte wollen natürlich und hängen sich rein für die Kinder, machen Überstunden und bieten hier und da noch was an. Und dann werden immer mehr krank."
Egal wie ernst die Lage nun wirklich ist, ob Stunden nun ausfallen oder nicht, der Lehrerberuf müsse dringend attraktiver gemacht werden. Dafür fordert der BLLV-Vizepräsident unter anderem die Flexibilisierung der Lehrerbildung, "so dass Lehrkräfte an verschiedenen Schulen eingesetzt werden können" sowie gleichwertige Bezahlung. "Auch Grund- und Mittelschullehrer müssen genauso bezahlt werden wie andere Lehrämter."
Aber selbst wenn das alles sofort umgesetzt werden würde, die Lage würde sich so schnell nicht ändern, erklärt Schulamtsdirektorin Stefanie Schiffer. Denn in Bildungsangelegenheiten handle es sich immer um eine "Generationenfrage": Junge Menschen, die sich heute entscheiden Lehrerin oder Lehrer zu werden, müssen erst ihre Ausbildung durchlaufen und könnten frühestens in sechs Jahren als professionelle Lehrkraft vor einer Klasse stehen.
Die Zustände in Bundesländern, die politisch gesehen von anderen Konstellationen regiert werden, sind nicht besser - oft im Gegenteil!
Wer also glaubt, ein Regierungswechsel würde an den Zuständen etwas ändern, dem müsste ich auch unterstellen, er glaubt auch noch an den Weihnachtsmann.
es gibt in ALLEN Bundesländern - egal, wie die regiert werden - die selben Probleme! Und damit ist es auch Tatsache, dass ein Regierungswechsel in Bayern auch nichts an diesen Problemen ändern würde!
Und was die Mär von der schlechten Bezahlung von Lehrern angeht, das ist noch größerer Unsinn! Selbst Grundschullehrer haben ein Gehalt, von dem Otto-Normalverbraucher nur träumen kann!
Das Problem sind nicht die Gehälter, das Problem heute sind die Eltern!
- Am liebsten werden die armen Kinder bis ins Klassenzimmer begleitet, die Mama trägt die Büchertasche und packt sie am liebsten auch noch aus!
- Eltern machen bei nicht genehmen Benotungen ihrer Kinder Druck - erst übers Schulamt, dann mit Anwälten (es gab schon Fälle, da kamen Eltern gleich in Begleitung eines Anwalts zum Elternsprechtag - usw.)
DA liegt unser Problem heute! Unter solchen Bedingungen will doch heute kein junger Mensch mehr den Lehrerberuf ergreifen!