Viele Gemeinden, selbst die finanzkräftigen, müssen sich derzeit überlegen, was sie sich noch leisten können. Aktuell haben einige Kommunen im Landkreis Schweinfurt die Pläne für ihren Schulhausneubau auf Eis gelegt, wegen der extrem hohen Kosten. Auch in Sennfeld ist eine neue Schule in Planung. Jetzt kommt es auf die öffentlichen Fördermittel an.
Im Juni hat der Gerolzhöfer Stadtrat angesichts ausufernder Kosten von 60 Millionen Euro beim Neubau von Grund- und Mittelschule die Reißleine gezogen. Das Gremium stellte das bereits beschlossene, seit sechs Jahren diskutierte Vorhaben zunächst zurück.
Auch die Planungen für den Bau einer Grundschule für die Gemeinde Kolitzheim in Unterspiesheim ruhen aktuell. Auf bis zu 26 Millionen Euro wurden die Baukosten geschätzt, was die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde überfordert hätte.
Sennfeld: Nicht nur Sanierung, auch Anbau nötig
In Sennfeld wartet die Gemeinde aktuell auf die Aussage der Regierung von Unterfranken zu den Fördermitteln. Ursprünglich standen vor den Planungen eines Schulhausneubaus die Überlegungen zur Sanierung des bestehenden Gebäudes für die Grund- und Mittelschule. Die beiden Baukörper von 1936 und 1969 mit versetzten Höhen und allen Problemen eines Altgebäudes müssten nicht nur von Grund auf saniert werden – bei laufendem Schulbetrieb über fünf bis sechs Jahre. Es wäre auch ein dreistöckiger Anbau nötig, Stichwort Ganztagsschule.
Als die Kostenberechnung der Sanierung im Frühjahr 2020 bei 16,9 Millionen Euro lag und die Kostenschätzung für einen Neubau auf dem gegenüberliegenden Bolzplatz Dachsgrube bei 17,3 Millionen, fragte die Gemeinde bei der Regierung nach, ob auch ein Neubau Zuschüsse bekäme. Acht Monate später, im Oktober 2020, kam grünes Licht aus Würzburg. Die gleichen Mittel nach dem Finanzausgleichgesetz, damals knapp 50 Prozent der förderfähigen Kosten, wurden in Aussicht gestellt.
Der Gemeinderat entschied, zunächst den Weg bis zur Leistungsphase drei von neun, der Kostenberechnung, zu gehen. Nur damit könnten die Fördermittel nachgefragt werden, erläutert Bürgermeister Oliver Schulze im Gespräch mit dieser Redaktion. "Wir haben immer nur stufenweise die Aufträge für die Planungen vergeben."
Auswirkungen der Corona-Pandemie erschwerten die Planung
Aufgrund der geschätzten Bausumme samt Architektenhonorar war für die Planung ein europaweites Vergabeverfahren nötig. Für die Durchführung musste wiederum erst ein spezialisiertes Büro gefunden werden. "Ein weiterer Zeitfresser", nennt es Schulze. Hinzu kamen die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die ab dem Frühjahr 2020 bis Herbst 2021 keine Direkt-Termine mit der Regierung oder den Planern zuließ.
Bei mehreren Workshops 2022 mit allen Schulbeteiligten wurde ein neues pädagogisches Konzept für die Grund- und Mittelschule beschlossen: die Lernlandschaft. Sie spiegelt sich in der Entwurfsplanung des künftigen Gebäudes wider: Kein Frontalunterricht mit gleichförmigen Klassenzimmern, sondern mehr Förderung der Kinder in Kleingruppen, mehr Flexibilität an Räumen und Möglichkeiten.
Aber in der Folge von Corona und des Ukraine-Kriegs waren die Material- und Energiekosten explodiert. Im Juni 2022 lag die Kostenschätzung bei 26,5 Millionen Euro netto. Hinzu kamen weitere Ideen aus dem Gemeinderat, unter anderem für einen eventuellen späteren Anbau einer Turnhalle die vorbereitenden Arbeiten mit einzurechnen. Die Kostenschätzung im März 2023 lag daher bei 32,6 Millionen Euro netto oder 38,08 Millionen brutto.
"Wir haben dann ein mögliches Einsparpotenzial mit 20 Punkten zusammengestellt", erklärt Schulze. Aber das Stuttgarter Architekturbüro gk Gössel+Kluge riet dazu, für den Förderantrag auch die eventuellen Baumaßnahmen einzubeziehen und im späteren Projektverlauf darüber zu entscheiden.
Gemeinde stellte für eine Förderung bei der Regierung vor
Am 1. Juli dieses Jahres konnte die Gemeinde bei der Regierung ihre Pläne für eine Förderung erläutern. Denn diese Frage schwebt über der Entscheidung. Und was überhaupt als förderfähige Kosten anerkannt wird. "Üblicherweise gibt es einen Basiswert, der für die Förderfläche maßgeblich ist", sagt Schulze. Ein besonderes pädagogisches Konzept könne aber auch mehr rechtfertigen. Das werde nun geprüft.
"Wir wollen wissen, was wir selber zahlen müssen und ob das finanziell darstellbar ist", meint er. Denn im Zuge der "geänderten Lage im Land" müsse man aufpassen: Die Einnahmen seien gesunken, die Kosten gestiegen. Auch die laufenden Kosten der Gemeinde müsse man im Auge behalten. Dazu kämen die anderen Pflichtaufgaben, die Erneuerung von Straßen und Versorgungsleitungen, Kindergartenbau oder Gemeindeimmobilien.
Trotz hoher Investitionen in den letzten Jahren sei Sennfeld noch schuldenfrei. "Aber das fällt uns jetzt auf die Füße", fürchtet der Bürgermeister. Und: Gestiegene Zinsen würden auch bei einer Gemeinde die Kapitaldienstlast vergrößern. "Vor vier Jahren mit Null-Zinsen wäre so ein Bau noch gut machbar gewesen."
Als ehemaliger Banker habe er natürlich gerechnet, was an Zins und Tilgung leistbar sei, um auch an die anderen Pflichtaufgaben zu denken. "Wenn alles auf dem Tisch liegt, wird der Gemeinderat das realistisch betrachten", meint Schulze.
Eine Entscheidung getroffen ist bereits für die Mittelschule Holderhecke in Bergrheinfeld. Deren Schulverbandsvorsitzender, Bürgermeister Ulrich Werner, ist sich mit seinen Kollegen aus den Mitgliedsgemeinden Grafenrheinfeld, Röthlein, Wipfeld und Geldersheim einig: "Wir können aus finanziellen Gründen keine neue Schule bauen. 30 Millionen plus X, das können wir nicht leisten." Zumal überall auch Räume für die Ganztagsschule der Grundschulen zu errichten sind, wie es der Gesetzgeber verlangt. "Hier in Bergrheinfeld geben wir fünf Millionen Euro dafür aus."
Weniger Mittelschulen? Macht der Neubau überhaupt Sinn?
Für Werner stellt sich angesichts der Schülerzahlen an der Mittelschule zudem die Frage, ob ein Neubau überhaupt Sinn mache. Hinzu komme, dass ab nächstem Schuljahr auch die Wirtschaftsschulen – neben den Realschulen und Gymnasien – schon ab der fünften Klasse starten können. Seine Perspektive ist, wie bei der Bildung der Schulverbände vor 25 Jahren, "jetzt auf die nächste Ebene zu gehen", die verbliebenen Schülerinnen und Schüler anders zu verteilen. Es werde künftig weniger Mittelschulen geben, ist er überzeugt.
Die Bergrheinfelder Schule werde man nach und nach renovieren, Räume streichen, Toiletten erneuern. Und Werner meint: "Wichtiger ist doch, dass alle Schüler auch Lehrer haben, das ist doch der größte Skandal bei der Sache."
Update vom 5. August 2024
Die geschätzten Kosten für den Bau einer Grundschule für die Gemeinde Kolitzheim in Unterspiesheim wurden inzwischen auf 22,4 Millionen Euro korrigiert.
Dies ist so nicht korrekt. Die Summe von 26 Mio.€ wurde in einer Finanzausschusssitzung vom Architekten erwähnt. Hier wurde jedoch direkt festgestellt, dass diese auf einer fehlerhaften Berechnung der Dachneigung basierte.
Nach Korrektur dieses Fehlers wurde der Betrag auf 22,4 Mio€ reduziert (siehe: https://www.kolitzheim.de/m_910_dl), was auch die aktuellste Kostenschätzung darstellt.
Weiterhin besteht die Möglichkeit durch Kostensenkungsmaßnahmen weitere knapp 3,4 Mio€ einzusparen, was zu einer Gesamtsumme von ca. 19 Mio€ führen würde.
Bitte hier um Klarstellung um einer fehlerhafte und irreführende Berichterstattung vorzubeugen, insbesondere da dieses Thema in der Gemeinde ohnehin aufgehitzt genug ist.
Bei Bedarf können gerne weitere Quellen genannt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Weikert