Nach dem umstrittenen Umbau der Sparkassen-Filiale am Gottesberg in Schweinfurt ist nun wohl auch das direkt angrenzende Grundstück fällig: Das Sportgelände des SC 1900 Schweinfurt soll bebaut werden. Wie aus einem öffentlich zugänglichen Exposé der Stadt Schweinfurt hervorgeht, soll auf dem 8691 Quadratmeter großen Areal zwischen Marienbach und der Straße "Am Gottesberg" eine neue Wohnanlage entstehen.
Derzeit ist der heruntergekommene Kunstrasenplatz des SC ungenutzt. Richard Lindner, Geschäftsstellenleiter der Kreisgruppe Schweinfurt des Bund Naturschutz (BN), nennt das Vorhaben einen "erneuten Angriff auf die grüne Lunge Schweinfurts".
Seit Mai ist die Stadt auf der Suche nach einem Investor für das Vorhaben. Dass auf dem Grundstück Wohngebäude entstehen sollen, bestätigt auch Kristina Dietz, Pressesprecherin der Stadt auf Anfrage dieser Redaktion. Weitere Informationen könne man jedoch nicht preisgeben, da Liegenschaftsangelegenheiten "grundsätzlich nicht-öffentlich" seien.
Mindestgebot von 3,5 Millionen Euro für das Gelände am Gottesberg
Was jedoch noch aus dem Exposé hervorgeht: Für den Mindestpreis von 3,5 Millionen Euro will die Stadt Schweinfurt das Grundstück an den Höchstbietenden verkaufen. Laut Ausschreibung liegen keine konkreten städtebaulichen Planungen für das Grundstück vor: "Es kann entsprechend der umgebenden Bebauung von drei Vollgeschossen zuzüglich Staffel- oder Dachgeschoss ausgegangen werden." Dabei soll für die notwendigen Stellplätze eine Tiefgarage gebaut werden. Zudem sei das Dach zu begrünen und darauf eine Photovoltaikanlage zu errichten. Auch müsse die Quote für geförderten Wohnungsbau bei dem Projekt mindestens 20 Prozent der Gesamtwohnfläche betragen, heißt es in dem Exposé.
Nicht alle Vorgaben sind jedoch so eindeutig formuliert. Aus Sicht der Stadt Schweinfurt sei der Erhalt des Baumbestandes, der nahezu das gesamte Sportgelände umringt, lediglich "ein wichtiger Faktor". Zwingend zu erhalten sind die Bäume laut Exposé jedoch nicht. Darüber hinaus würde die Stadt Schweinfurt "eine energieeffiziente Bauweise begrüßen". Genaueres solle innerhalb eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans geregelt werden.
Dass der noch nicht existiert, die Stadt aber schon einen Investor sucht, ist einer der Kritikpunkte des BN. "Hier wird ein Grundstück als Baugrundstück verkauft, bevor die rechtlichen Gegebenheiten geschaffen wurden", sagt Lindner. "Der Stadtrat wird dann unter Druck gesetzt, dem Bauvorhaben zuzustimmen, ohne darüber richtig informiert zu sein. Fachliche Aspekte bleiben dabei vollkommen unberücksichtigt."
Acht Eichen für den Umbau der Sparkassen-Filiale gefällt
Dass die Bäume auf dem Gelände nicht unantastbar sind, hat das benachbarte Bauprojekt des Umbaus der Sparkassen-Filiale gezeigt. Acht, Schätzungen des BN zufolge um die 100 Jahre alte Eichen, mussten dort weichen. Weil, wie die Sparkasse argumentierte, eine Beschattung der Büroräume im Neubau verhindert werden sollte. Außerdem würde Baumschatten die Leistung der Photovoltaikanlage beeinträchtigen und die Anfahrt zur Baustelle sei wegen großer Fertigbauelemente anders nicht möglich gewesen. Diesen Aussagen hielt der BN entgegen, dass die Baustellenentwicklung genauso gut von Osten her und ohne das Fällen der Bäume erfolgen hätte können.
Inzwischen ist das sprichwörtliche Kind beim Umbau der Sparkassen-Filiale längst in den Brunnen gefallen. Die Eichen sind weg, sollen an anderer Stelle auf dem Gelände wieder neu angepflanzt werden. Dass die Flächenversiegelung auf dem angrenzenden SC-Sportgelände nun aber weiter voranschreitet, will der BN nicht zulassen: "Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden Mittel, sowohl rechtlich als auch politisch, nutzen, um das hier zu verhindern", sagt Edo Günther, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Schweinfurt. Bereits die Planung zum Umbau der Sparkassen-Filiale nannte der BN "Umweltfrevel".
BN fordert grüne Naherholungszone statt Wohnanlage
Gründe, weshalb der BN eine Bebauung für Wohnraum verhindern will, nennen Lindner und Günther mehrere. Zum einen seien Grünanlagen, wie sie nach dem Dafürhalten des BN auf dem SC-Gelände wesentlich sinnvoller wäre, die "Klimaanlage der Stadt" und bei der Kaltluftproduktion essenziell für die Innenstadt. Dabei sei es wichtig, derlei Flächen innerhalb der Wohngebiete und nicht am Stadtrand zu haben.
Angesichts des rapide voranschreitenden Klimawandels und der damit einhergehenden Erwärmungen vor allem versiegelter Flächen brauche man solch grüne Flecken im Stadtkern zur Abkühlung der Umgebung – eben da, wo sich Asphalt und Beton ringsherum besonders stark aufheizen. Für die Anwohnerinnen und Anwohner könnte das Areal als Naherholungszone dienen.
Darüber hinaus weist der BN darauf hin, dass die Fläche am Marienbach entlang im Regionalplan der Region Main-Rhön eindeutig als "Trenngrün" ausgewiesen ist. Trenngrünflächen sollen, so ist der Lesefassung des Regionalplans zu entnehmen, den "Siedlungsbereich gliedern und somit Ordnungsfunktionen erfüllen, Freiflächenausgleich bieten, der Luftverbesserung und Lufterneuerung dienen, Erholungsflächen bereitstellen". Weiter heißt es, dass Trenngrünflächen "zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit grundsätzlich nicht bebaut werden dürfen, insbesondere eine flächenhafte Bebauung, zum Beispiel durch Wohnbau- oder Gewerbegebiete, soll unterbleiben".
Ausnahmen bei der Bebauung von Trenngrünflächen ist möglich
Bedeutet das, dass als Trenngrün ausgewiesene Flächen nicht bebaut werden dürfen? Nicht unbedingt. Wie Johannes Hardenacke, Pressesprecher der Regierung von Unterfranken, mitteilt, seien die Trenngrünflächen als Ziele definiert, weswegen eine Beachtenspflicht gelte. Aber: "Eine Bebauung kann dann ausnahmsweise möglich sein, wenn die Funktionsfähigkeit des Trenngrüns dadurch nicht beeinträchtigt wird." Die Entscheidung darüber, ob das im Einzelfall zutrifft, und auch ob der Regionalplan abgeändert werden darf, obliegt dem Regionalen Planungsverband.
Doch es gibt noch einen weiteren Grund, den der BN gegen eine geplante Wohnbebauung des Gebiets anführt: Teile des Geländes befinden sich Karten des Bayerischen Landesamts für Umwelt zufolge in hochwassergefährdetem Gebiet. Etwa die Hälfte des Sportplatzes stünde bei gewissen Hochwasserszenarien unter Wasser. Künftig könnten derlei Szenarien noch häufiger Realität werden, geben Günther und Lindner zu Bedenken: Aufgrund des Klimawandels seien Extremwetterereignisse immer wahrscheinlicher.
Auch im Exposé der Stadt findet sich ein Abschnitt zum Thema Hochwasser entlang des Marienbachs. Dort wird weder geleugnet noch verschwiegen, dass das Areal möglicherweise hochwassergefährdet sein könnte. Doch diese Tatsache sei, so die Stadt im Exposé, bei der Findung des Mindestkaufpreises bereits berücksichtigt worden.