Ein ganz normaler Abend unter der Woche beim SC 1900. In der Turnhalle auf dem Vereinsgelände am Gottesberg ist es laut, die Kinderfußballgruppe von Simon Rebstöck beginnt gleich. Zwischen vier und sieben Jahren sind sie alt, voller Enthusiasmus dabei. Auf den ersten Blick möchte man meinen, der 119 Jahre alte Sport-Club hat eine geordneten Zukunft ohne Nachwuchssorgen. Doch dem ist nicht so.
Simon Rebstöck und seine Frau Carolin sind seit Jahren im Verein aktiv, er ist ihre zweite Heimat, sie engagieren sich gerne. Doch im vergangenen Jahr entschied die Sportverwaltung der Stadt, dass der Kunstrasenplatz des SC 1900, idyllisch in der Nähe des Marienbach von Bäumen umsäumt gelegen, gesperrt wird. "Die Gesundheitsgefahr war zu groß, der Platz konnte nicht mehr gefahrlos von Sportlern genutzt werden", so Sportamtsleiter René Gutermann. Das haftungsrechtliche Risiko für die Stadt war zu groß, der Platz ist in ihrem Eigentum. Der SC 1900 protestierte gegen die endgültige Schließung, doch aus Sicht der Stadt gab es keine andere Lösung.
Die Entscheidung, den Platz nicht mehr nutzen zu dürfen, hält SC-1900-Vorsitzender Michael Knappke für "katastrophal". Der Platz sei das "Herzstück" des noch gut 100 Mitglieder großen Vereins, dessen Fußball-Abteilung im Herrenbereich eine Spielgemeinschaft mit der Reserve des TV Jahn gebildet hat. Das freut Knappke, doch er weiß auch, dass über kurz oder lang die Fußball spielenden Mitglieder sich wohl vom SC 1900 abwenden, wenn nicht doch noch eine Lösung in Sachen Platz gefunden wird. Die aber "wäre ein mittelgroßes Wunder", so Knappke.
Nicht den kleinen Vereinen die Grundlage entziehen
Simon Rebstöck verweist auf den Sportentwicklungsplan, der im vergangenen Herbst präsentiert wurde. Dort sei die Notwendigkeit für weitere Sporthallen nachgewiesen und empfohlen worden, den Sport an sich zu fördern. Die Bedarfsanalyse sei das eine, sie in die Tat umzusetzen das andere. Aus Carolin Rebstöcks Sicht wird "den kleinen Vereinen die Grundlage entzogen."
Mitten in der Stadt biete der SC 1900 einen "Begegnungsort für alle Schüler, Jugendlichen und Sporttreibende", so Rebstöck. Auch die Klingenbrunnenkirchweih sei hierher gezogen, nachdem das Brauhaus geschlossen wurde. "Die Bewohner des Stadtteils sollten nicht anonym wohnen, sondern in einem lebendigen Stadtteil", wünscht sich Carolin Rebstöck.
SC 1900 hält den Platz für sanierbar
Aus Sicht des Vereins habe die Stadt über Jahre hinweg zu wenig in den Erhalt des Sportplatzes investiert. Michael Knappke erklärt, er sehe eine Sanierungsmöglichkeit, die günstig zu verwirklichen wäre. Er habe mit Anbietern gesprochen, die feststellten, dass der Unterbau des Kunstrasens noch in Ordnung sei, die Probleme, dass der Belag viel zu rutschig ist, vor allem durch den Quarzsand entstanden sind. Ein nach neuester Technologie aufgebauter Kunstrasenplatz, der den bestehenden Untergrund nutze, habe die Probleme nicht, so Knappke. Manche Vereinsmitglieder befürchten auch, das Gelände könne von der Stadt einem Investor verkauft werden. Den Platz zu kaufen und in Eigenregie zu sanieren, übersteigt die finanziellen Möglichkeiten des Vereins.
René Gutermann und Sportreferent Jürgen Montag können die Kritik nicht voll umfänglich nachvollziehen. Dass sich der Verein Sorgen mache, verstehen sie. Doch aus Sicht der Sportverwaltung, die mit Fachleuten zahlreiche Begehungen durchführte, sei die Platzschließung alternativlos gewesen. Auch das Team, das den Sportentwicklungsplan auf den Weg gebracht hat, sieht keine Sanierungsmöglichkeit. Ein Neubau ist aus Sicht der Stadt zu teuer und an dieser Stelle nicht möglich, da durch die Blätter der Bäume und die Feuchtigkeit aus dem Bach die Probleme genauso wieder entstehen würden - unabhängig, ob es nun ein Kunstrasen oder ein klassischer Rasenplatz wäre.
Die Stadt verweist darauf, dass man für die Nutzung der zweiten Turnhalle auf dem Vereinsgelände mit der Mittagsbetreuung der direkt daneben liegenden Schillerschule eine gute Lösung gefunden habe, von der auch der Verein profitiere, da der Pächter des Vereinsheims eingebunden sei. Dass der Platz in nächster Zeit verkauft werde, bestreitet Jürgen Montag, es gebe keine derartigen Pläne.
Bezüglich einer von der Stadt angestoßenen engeren Kooperation zwischen dem SC 1900 und der TG 48 hat es laut Knappke gute Gespräche auf Vorstandsebene gegeben. Jedoch müssten in beiden Vereinen innerhalb der jeweiligen Abteilungen noch weitere Gespräche geführt werden.