Zugegeben, Baggern, Hämmern, Bohren wie beim Straßen- und Wohnungsbau in Bellevue ist im Moment auf dem Kessler Field eher nicht die Geräuschkulisse. Da muss man schon zu den Einfamilienhäusern fahren, die in der Alaskastraße in Yorktown entstehen.
Die Ruhe, die tagsüber über dem Kessler Field liegt, täuscht aber darüber hinweg, dass hinter den Kulissen kräftig gearbeitet wird. Im Februar vor der Corona-Pandemie erläuterten Planungsbüro und Baureferat im Stadtrat die Pläne für das Kessler Field und Yorktown. Wenn alles fertig ist in rund sechs Jahren, werden hier auf rund zehn Hektar 230 Wohneinheiten sowie 25 Gewerbeeinheiten für 700 neue Einwohner gebaut sein. Stadtwerkechef Thomas Kästner sprach damals von einem "Klimaleuchtturm", zu dem der neue Stadtteil entwickelt werden soll.
Am Kessler Field geht es um zwei Themenkomplexe. Im südlichen Teil von der Willi-Kaidel-Straße bis in etwa zum Wendehammer bei der International School of Mainfranken entsteht 2026 ein Teil der Landesgartenschau (LGS), deren Hauptattraktion, der Bürgerpark, im Nord-Westen der Ledward Kaserne liegt. Am Kessler Field sollen die Pavillons der Ministerien und Verbände sein, aber auch die Bühne für Veranstaltungen. Ebenfalls in die LGS einbezogen wird die DDC Factory, die ein eigenes Programm für die Dauer der Landesgartenschau zwischen April und Oktober 2026 entwickelt.
Der Gestaltungswettbewerb für die Landesgartenschau wird in der Stadtratssitzung im September endgültig auf den Weg gebracht. Bis Mitte 2021 soll er einen konkreten Entwurf bringen, wie das Gelände umgestaltet wird. Dabei wird auch die Frage der Verbindung zwischen der Ledward Kaserne und dem Kessler Field geklärt, mehrere Varianten entlang der Straße sind denkbar.
Klar ist: "Die Anwohner kommen natürlich auch während der Landesgartenschau immer zu ihren Häusern", betont Stadtbaumeister Markus Sauer. Betroffen sind Anwohner im unteren Teil der Heeresstraße und natürlich vor allem diejenigen, die in Yorktown wohnen.
Der zweite Teil der Planung für das Kessler Field betrifft das Areal ab dem Baseballfeld der DJK Schweinfurt Giants bis zu den ersten Häusern von Yorktown. Im oberen Teil entstehen in einem ersten Schritt 60 Einfamilienhäuser (jeweils auf 400 bis 500 Quadratmeter großen Grundstücken). Stadtbaumeister Markus Sauer geht davon aus, bis Ende 2021 den nötigen neuen Bebauungsplan genehmigt zu haben. Danach beginnt der Bau der Erschließungsstraßen, ab 2023 kommen wohl die ersten Bauherren zum Zug.
Interessant in diesem Zusammenhang ist die grundsätzliche Erschließung des Wohngebietes, die auch Yorktown betrifft. Zum einen wird im Zuge der Landesgartenschau-Bauten der erst nach dem 11. September 2001 entstandene Check-Point an der Willi-Kaidel-Straße abgebaut, allerdings nicht zeitnah. Ralf Brettin könnte sich vorstellen, die Überdachung als Reminiszenz zu erhalten, das ist aber noch nicht entschieden.
Außerdem plant die Stadt die Heeresstraße und nicht die parallel verlaufende Floridastraße als Haupterschließungsstraße, von dort aus baut man Abzweige in das Kessler Field. Das hätte Vorteile, denn so kann man später auch relativ leicht eine mögliche weitere Erschließung von Mönchskutte oder Pfannäcker als Wohngebiete realisieren. Dem Traum der Gemeinden Üchtelhausen und Dittelbrunn, die Heeresstraße als Umgehung zu nutzen, erteilt der Baureferent mit Verweis auf die Beschlusslage im Stadtrat eine Absage: "Das wird von der Stadt nicht unterstützt." Außerdem, so Brettin, müsste die Straße als Umgehung komplett ausgebaut werden, "und eine Entlastung für Schweinfurt selbst gäbe es nicht."
Das Gewerbegebiet Hainig, direkt im Anschluss an Yorktown, soll nur fußläufig, aber nicht mit einer weiteren Straße angeschlossen werden. Gesichert ist ein Stadtbusanschluss ans Kessler Field und Yorktown, allerdings erst in einigen Jahren, wenn die weitere Bebauung begonnen ist. Die Willi-Kaidel-Straße muss die Stadt ohnehin ausbauen, da sie in einem relativ schlechten Zustand ist. Das Gelände des insolventen Reitvereins wird mit einbezogen in die neue Bebauung.
Was ist das Besondere an den Plänen für die Geschosswohnungen? Ralf Brettin umschreibt das so: "Wir wollen hier einen Stadtteil, der fit für die Folgen des Klimawandels ist und darauf das gesamte Wohnen ausrichten." Sprich: Die Häuser sind weit mehr als energieautarke Passivhäuser im Moment, der gesamte Stadtteil mit seiner kompletten Infrastruktur vom Wasser- und Abwassermanagement über die Energieerzeugung bis zur Mobilität oder das Parken in einer Quartierstiefgarage wird auf erneuerbare Energien ausgerichtet.
20 bis 25 Architekturbüros werden im Herbst aufgefordert, sich an dem entsprechenden Wettbewerb für das Areal zu beteiligen und bis Mitte nächsten Jahres Vorschläge zu machen. Die Ideen, die im Februar im Stadtrat präsentiert worden waren, ließen jedenfalls aufhorchen. Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) sagte im Stadtrat: "Das sind verlockende Aussichten."
Dem einen oder anderen Anwohner dürfte aufgefallen sein, dass in den vergangenen Wochen immer wieder Vermessungsteams unterwegs waren. Das sind vorbereitende Maßnahmen für die nötigen Bebauungspläne und die Verkehrsplanung. Klar ist auch, dass der frühere amerikanische Kindergarten neben der Skateranlage abgerissen wird.
Über die Skateranlage sprach erst kürzlich der Ferienausschuss. Sie bleibt so lange, bis die ersten Einfamilienhäuser gebaut werden. Nach der Landesgartenschau 2026 soll es eine neue Anlage womöglich im Bürgerpark geben.
Schwierig hingegen ist im Moment die Suche nach einem neuen Baseballfeld für die aufstrebende Abteilung der DJK, in der auch viele Kinder dem amerikanischen Nationalsport frönen. Ideen gibt es, unter anderem die Wehranlagen. Inwieweit das realisierbar ist, hängt allerdings auch von der Prioritätensetzung bei den Haushaltsberatungen im November ab, da die Stadt bekanntlich aufgrund des Einbruchs der Gewerbesteuer während der Corona-Pandemie finanziell nicht mehr auf Rosen gebettet ist.
Gut auch, dass die Heeresstraße Haupterschließungsstraße wird, mit Anschlussmöglichkeiten für neue Wohngebiete. Als Umgehungsstraße brächte sie schon etwas Entlastung, für alle Pendler von Dittelbrunn etc. via Kennedy-Ring zur Großindustrie in Oberndorf.
Man sollte hier die Zukunft nicht verbauen: mit einem abschnittsweisen Ausbau der Heeresstraße als breite Allee, die an einem Kreisel eine Nordumgehung Eselshöhe-Hainig kreuzt, die schon lange im FNP vorgesehen ist. Man hätte dann die Option, bei Bedarf dieses Straßenkreuz sukzessive aufzubauen. Dieses Projekt, das in einem ersten Straßenstumpf bis Yorktown Village noch nicht viel kosten würde und den Weg für die Zukunft freihielt, würde der Stadtrat sicherlich begrüßen. Nachfolgende Generationen würden es danken.