Ein großer Wurf Schweinfurter Städtebaus für die Zukunft? Das Potenzial dazu zumindest haben die Pläne, die Vinzenz Dilcher von UmbauStadt aus Weimar gemeinsam mit der Bauverwaltung für den neuen Stadtteil Kessler Field entwickelt hat. Wie im Hauptausschuss stießen sie auch im Stadtrat auf grundsätzlich positive Resonanz.
Nachdem die US-amerikanischen Soldaten 2014 aus Schweinfurt abgezogen sind, gibt es 70 Hektar so genannte Konversionsfläche. Während in Bellevue, einstmals Askren Manor, für die geplanten 650 Wohneinheiten dort bereits seit langem kräftig gebuddelt, gehämmert und gebohrt wird, steht die Entwicklung im Kessler Field erst bevor. Lediglich in Yorktown-Village, direkt im Anschluss an das Kessler Field, zog neues Leben ein, die 64 Doppelhaushälften wurden im Sommer 2016 verlost, über 900 Bürger hatten sich beworben. Für das Kessler Field selbst im Süden wird nun ein Bebauungsplan entwickelt, der so schnell wie möglich Baurecht schaffen soll. Bis 2026, dem Jahr der Landesgartenschau, soll der neue Stadtteil nämlich schon fast fertig sein.
Das Gebiet ist rund zehn Hektar groß, entstehen sollen im Endausbau 230 Wohneinheiten sowie 25 Gewerbeeinheiten für rund 700 Einwohner. Begrenzt wird das Kessler Field im Norden durch Yorktown, im Süden durch die Willi-Kaidel-Straße sowie zwei große Gewerbebetriebe in der ehemaligen Turnhalle und der früheren Bowlingbahn. Im Osten liegt die Heeresstraße, im Westen das Gelände des Reitvereins sowie die International School of Mainfranken.
In einem ersten Schritt wird nun das Bebauungsplan-Verfahren für den Bau von 60 Einfamilienhäusern als Reihenhäuser, frei stehende Häuser oder Doppelhäuser im Anschluss an Yorktown Village auf dem jetzigen Baseballfeld in die Wege geleitet. Die Baseballer der DJK Schweinfurt Giants bekommen eine neue Heimstatt, wie Sportreferent Jürgen Montag auf Nachfrage von Grünen-Stadtrat Thomas Schmitt bestätigte.
Aus Sicht der Stadtwerke soll Kessler Field im Klimaschutz Maßstäbe setzen
Aus Sicht von Stadtwerke-Chef Thomas Kästner wird Kessler Field "ein Klimaleuchtturm", der Maßstäbe für die Stadt setze und wie man zukünftig Baugebiete plane und umsetze. Die Stadtwerke engagieren sich dafür, den ersten Stadtteil Schweinfurts zu schaffen, der klimaneutral ist und in Sachen Digitalisierung, Mobilität, Energieversorgung und Energiegewinnung in Schweinfurt neue Maßstäbe setzt.
Baureferent Ralf Brettin erläuterte die Pläne, beschrieb auch die noch zu lösenden Probleme. Das eine Thema ist die Bebauung bis zur Landesgartenschau, entstehen soll ein Mix aus Einfamilienhäusern bis zu Mehrfamilienhäusern mit Wohnungen in verschiedenen Größen sowie Geschäftshäuser. Gerade für einen kleinen dauerhaften Park im Wohngebiet "ist die Landesgartenschau ein Umsetzungsbeschleuniger", wie es Brettin nennt. Dazu kommt die Verbindung zwischen der Landesgartenschau-Nutzung mit Ausstellungspavillons, Gärtnermarkt und Einbindung der Halle der Dancefloor Destruction Crew mit der Wohnbebauung.
Laut Brettin wird das Kessler Field natürlich ein wichtiger Teil in der Ausschreibung für die Detailplanung zur Landesgartenschau sein, die dieses Jahr in Angriff genommen wird. Wichtig ist auch der Lärmschutz, denn angrenzend an das neue Wohngebiet sind das Gewerbegebiet Hainig, die Schützengesellschaft und das Willy-Sachs-Stadion.
Eine Idee ist es, einen Geländesprung für eine Quartiersgarage zu nutzen, um das neue Wohngebiet möglichst autofrei zu haben, was CSU-Stadtrat Rüdiger Köhler als "besonderen Kick" des Gebietes empfindet, das "Lust auf mehr" mache.
Ein Thema von Interesse für die Nachbargemeinden Dittelbrunn und Üchtelhausen ist die strategische Entscheidung, was mit der Heeresstraße passieren soll. Im Moment läuft sie parallel zur Floridastraße, die Yorktown erschließt. Die Tendenz geht dahin, die Heeresstraße als zentrale Erschließungsstraße zu nehmen, sowohl für Kessler Field/Yorktown als auch in Hinblick auf eine in vielen Jahren mögliche Erschließung der Pfannäcker und der Mönchskutte.
SPD und Linke fordern mindestens ein Drittel Sozialwohnungen
In der Diskussion legten Frank Firsching (Linke) und Marietta Eder (SPD) Wert darauf, dass der soziale Wohnungsbau in Kessler Field nicht vernachlässigt wird, der aus Sicht von Firsching in Bellevue trotz anderer Aussagen im Vorfeld mit 74 von der SWG gebauten Sozialwohnungen nicht das eigentlich vorgesehene Niveau von 200 erreicht. "Damit die Seifenblase nicht wieder wie in Bellevue platzt", so Eder, forderte sie, ein Drittel Sozialwohnungen im Bebauungsplan festzuschreiben.
Ulrike Schneider (Schweinfurter Liste/Freie Wähler) kritisierte das Wort "Modellcharakter" für das Kessler Field. Den von Thomas Kästner beschriebenen klimaschützenden energetischen Standard hätte man schon jetzt in Bellevue umsetzen müssen, nicht erst bis 2026, wie nun für Kessler Field geplant.
In der Abstimmung gab es ein 41:1 für die Pläne der Stadt. Marietta Eder stimmte dagegen, da sie zuvor mit einer Antwort des Baureferenten auf eine Nachfrage, wann ein vom früheren SPD-Stadtrat Thomas End vor einem Jahr gestellter Antrag zum Thema Kessler Field von der Verwaltung beantwortet wird, unzufrieden war.
Mobilität: heißt das Stadtbusanschluss? Die naheliegende Verlängerung der Linie "Mozartstraße" wurde durch Bäume auf der Carus-Allee verbarrikadiert. Ansonsten wäre der "Klimaleuchtturm" zumindest beim ÖPNV wieder einer der üblichen ökologischen Floskeln, mit denen sich jetzt auch die CSU im Wahlkampf anbiedern will.
"...Quartiersgarage zu nutzen, um das neue Wohngebiet möglichst autofrei zu haben, was CSU-Stadtrat Rüdiger Köhler als "besonderen Kick" des Gebietes empfindet".
Wieder die üblichen Floskeln. Was, wenn seine Frau mal nachts heimfährt und allein durch diese Katakomben laufen muss? Zudem ist ein autofreies Quartier nicht urban, sondern trist & öde und die geplanten Geschäftshäuser werden zur Pleite: siehe Marktplatz Deutschhof oder Bergl-Wohnscheibe! Nicht durchdachte Schlagworte sind der größte Feind der Stadtplanung!
Vielleicht redet man auch aneinander vorbei.
Deshalb Bitte an die MP: könnten Sie einen Plan von diesem Quartier veröffentlichen. Es fällt auf, das bisher nie ein Plan gezeigt wurde!
Es wurde von vielen Bürgern (auch in einem MP-Leserbrief) ein (Express)Radweg vorgschlagen: Spitalseeplatz>Schelmsrasen>Theodor-Fischer-Platz>Carus Allee>Willi-Kaidel-Str.>Niederwerrn. Der (Express)Radweg würde sehr viel Sinn machen und die City mit i-Campus, Landesgartenschau, Stadion und Kessler Field verbinden!
Man kann nur noch hoffen, dass sich die Machtverhältnisse im Rathaus bei der Wahl komplett ändern und die Nachfolger die Landesgartenschau sofort absagen. Damit sich SW nicht mit total unausgegorenen LGS-Planungen in ganz Bayern blamiert. "Nebenbei" bemerkt geht es auch um viele Mio. Euro Steuergelder!