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Schweinfurt
Forschungsprojekt: Schlacke aus dem GKS für die Zementwerke
Am Schlackebunker im Gemeinschaftskraftwerk am Schweinfurter Hafen staubt Asche und Blechdosen scheppern. Aufbereitet soll der Sekundärstoff mit Zement zu Beton werden. 
2000 Kubikmeter fasst der Schlackebunker im Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt.
Foto: Gerd Landgraf | 2000 Kubikmeter fasst der Schlackebunker im Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt.
Gerd Landgraf
Gerd Landgraf
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:11 Uhr

186 000 Tonnen Hausmüll hat das Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt (GKS) im Jahr 2020 verbrannt. Von der Fracht aus 13 000 Müllfahrzeugen verblieben auf den drei Rosten der Müllverbrennung 50 000 Tonnen Schlacke. "Ein Baustoff mit Zukunft", meinen Geschäftsführer Ragnar Warnecke und Organisationsleiter Dominik Reinig.   

Die thermische Verwertung des Hausmülls sorgt für eine Gewichtsreduzierung auf ein Viertel. Wenn die Schlacke von den Rosten in das Wasserbad fällt, um anschließend in den Schlackebunker zu wandern, sind die Metalle noch nicht ausgemustert. Dies passiert erst bei der Aufbereitung am Standort Würzburg der C.C. Gruppe (Entsorgung und Recycling von Müllverbrennungsabfällen). Noch sind es sieben bis acht Prozent Metall, die aus der Schlacke geholt werden. Ein aktuelles Forschungsprojekt will nicht nur die Metallausbeute erhöhen, sondern die restliche Schlacke fit für neue Einsatzgebiete machen.     

Einsatz von Schlacke statt Ausbeute natürlicher Ressourcen 

Bei der mit 1,8 Millionen Euro bezuschussten Forschung sitzen die Zementindustrie, die Uni Duisburg, Entsorger und Aufbereiter mit im Boot. "Den Hut haben wir auf", sagt GKS-Geschäftsführer Ragnar Warnecke. Ausgangsstoff ist die Schlacke aus Schweinfurt, die streng genommen gar keine Schlacke ist, weil Schlacke als geschmolzene Masse erst über dem Erweichungspunkt des Hausmülls entsteht. Diese Temperaturen mit deutlich über 1000 Grad werden im GKS nur bei der Ausgasung des brennbaren Materials und damit oberhalb der Roste erreicht. Auf den Rosten, wo die Schlacke liegt, werden "nur" 800 bis 900 Grad gemessen.   

Was nach der Verbrennung beibt

Die krümelige Masse ist Asche, wird jedoch auch betriebsintern als Schlacke bezeichnet. Sie ist vielfach feinkörnig und nur stellenweise teigig oder zähflüssig. Auch sind beim Transport zur Aufbereitung neben den Metallen noch Fremdstoffe wie Steine, Glas oder etwa Keramik in der Schweinfurter Schlacke – also alles, was in den Haushalten in den Restmüll geworfen und im GKS thermisch nicht verwertet wird.

Sieben bis acht Prozent Metall wird bislang aus der Schlacke geholt.
Foto: Gerd Landgraf | Sieben bis acht Prozent Metall wird bislang aus der Schlacke geholt.

Konkret geht es bei dem Forschungsprojekt um den Einsatz von Schlacke aus der Müllverbrennung in der Zementindustrie. "Da bietet sich ein enormes Einsparpotential an Naturstoffen wie Sand, Kies, Schotter oder etwa Ton an", so Dominik Reinig, der auf jährlich sechs Millionen Tonnen Schlacke aus den deutschen Müllverbrennungen verweist. 

Anvisiert ist der Einsatz der Schlacke bei der Klinkerbildung. Dieser gebrannte Bestandteil des Zements ist zuständig für die Aushärtung unter Beimengung von Wasser. Dafür hat die Schlacke grundsätzlich gute Eigenschaften, aber auch Schwermetalle als Schadstoffbelastung. Die Schlacke aus dem GKS ist schon heute als umweltgerecht zertifiziert und "sehr gut", so Warnecke und Reinig. Sie darf selbst in Grundwasserbereichen eingesetzt werden.

Schlechter Ruf bremst Kreislaufwirtschaft aus

Für die Zurückhaltung beim Einsatz von Schlacke für den Unterbau von Straßen, Wegen und Gebäuden macht Ragnar Warnecke "ein psychotoxisches Problem" verantwortlich – also eine eher psychologische als eine physikalische Ursache. Dass Müllverbrennungsanlagen weit besser als ihr Ruf seien, dass sie Umweltbetriebe sind, habe sich nicht überall und nicht einmal allenthalben bei Gemeinden, Ländern oder dem Bund herumgesprochen. Der Vorrang der Kreislaufwirtschaft werde durch Vorurteile immer noch umgangen, so Warnecke.

Die Betriebsleitung verweist bei diesem Punkt auf permanente Kontrollen im GKS und auch auf solche bei der Aufbereitung der Schlacke. Erst nach einer dreimonatigen Abbindungszeit (Lagerung) werde die Schlacke weitergegeben. Bislang wird die Schlacke aus Schweinfurt vor allem auf dem Abfallwirtschaftszentrum Wirmsthal im Landkreis Bad Kissingen eingesetzt. Schadstoffe wie etwa Asbest werden dort mit Schlacke eingebaut. Die Kosten für die Aufbereitung spielt bislang die Metallausbeute annähernd ein. Dem GKS bleiben jedoch die Transportkosten. Auch die Ablagerung auf der Deponie bei Wirmsthal ist nicht kostenfrei.

 
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