Als Klaus Ernst am Montagmorgen seinen Austritt aus der Partei "Die Linke" erklärt, ist das keine Überraschung mehr. Schon lange gilt der 68-Jährige als politischer Weggefährte von Sahra Wagenknecht, die nun mit einer neuen Partei die politische Landschaft verändern möchte.
Ernst war IG-Metall-Bevollmächtigter in Schweinfurt und SPD-Mitglied, als er 2004 aus Protest gegen die Hartz-IV-Reformen der rot-grünen Bundesregierung die WASG, die "Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit", mitgründete. Die SPD schloss ihn daraufhin aus. Ernst machte ab 2005 als Bundestagsabgeordneter politische Karriere, 2007 führte er die WASG in die Linke über. Von 2010 bis 2012 war er sogar Bundesvorsitzender der Partei.
Klaus Ernst: So ist es. Ich habe am Montagmorgen meinen Austritt aus der Linken erklärt. Eine Entscheidung, die ich mir nie hätte vorstellen können, als wir vor knapp zwei Jahrzehnten nicht zuletzt von Schweinfurt aus erst die WASG und später dann die Linke gegründet haben.
Ernst: Die Köpfe, die lange Zeit vornedran standen in der Linken - ich nehme mich da nicht aus – haben sich mehr um die praktische Politik gekümmert, und nicht so sehr um die Entwicklung der Partei. Bei aller Freude über die Beitritte zahlreicher junger Leute, haben wir übersehen, dass die große Mehrheit kaum einen Bezug zu der Klientel hat, die wir mit der Linken ansprechen wollten, nämlich die abhängig Beschäftigten, die Auszubildenden, die Rentnerinnen und Rentner, eben die normalen Leute.
Ernst: Ja, durchaus. Jedenfalls haben sich die Schwerpunkte in der Partei verschoben: Bei vielen, die heute das Sagen haben, ist der einzige Kontakt zur Arbeiterbewegung, dass sie im Studium mal ein Regal bei Aldi eingeräumt haben. Das ist mir zu wenig. So passiert es, dass die Leute uns mit ganz anderen Dingen wahrnehmen.
Ernst: Die bayerische Landesvorsitzende der Linken hat dieser Tage gesagt, die Polizei sei rassistisch, weil sie in Niederbayern das Fahrzeug eines Schleusers mit Flüchtlingen verfolgt hat, das dann tragischerweise verunglückt ist. Die Polizei sei also schuld an den Unfalltoten. Tut mir leid, dafür habe ich kein Verständnis. Und das verstehen auch die Menschen nicht. Auch beim Umwelt- und Klimaschutz waren wir weit weg von den Nöten der abhängig Beschäftigten. Wir kamen da zeitweise grüner noch als die Grünen daher. Den Schweinfurter, der in der Industrie Kupplungen zusammenschraubt, erreicht man so nicht.
Ernst: Das stimmt. Aber die Begründungen waren unterschiedlich. Viele Linke wollten eher noch mehr Auflagen und mehr Fördergeld, um den Klimaschutz voranzubringen. Meine Kritik war grundsätzlicher: Das Gesetz ist reines Placebo, es geht an der Realität vorbei. Die Anforderungen sind in der Praxis nicht umsetzbar, weil es an Handwerkern fehlt und weil die Stromnetze nicht hinreichend ausgebaut sind.
Ernst: Wir wollen eine Politik der wirtschaftlichen Vernunft, die zum Erhalt der industriellen Kerne und des Mittelstands beiträgt. Die Energiepreise in Deutschland sind deutlich höher als im übrigen Europa oder den USA. Dabei könnten wir weiter über die intakte Nord-Stream-2-Röhre Erdgas aus Russland beziehen. Andere EU-Länder wie Österreich importieren weiterhin russisches Erdgas.
Ernst: Wir wollen die Freiheiten der Menschen in den Mittelpunkt stellen. Es braucht weniger Anweisungen, wie man reden soll, wie man heizen oder fahren soll. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Sozialpolitik, etwa Fragen der Rente. Warum hat der Durchschnittsrentner in Österreich fast 1000 Euro Rente mehr als bei uns? Da braucht es Antworten.
Ernst: Mit der AfD haben wir gar nichts am Hut. Ganz generell sagen wir aber auch: Man sollte weniger draufschauen, wer etwas sagt, sondern was er sagt. Wir haben als Linke oft erlebt, dass unsere Vorschläge zunächst abgelehnt wurden, dann aber eine Mehrheit bekamen, als sie von anderen Parteien eingebracht wurden. Ich erinnere an die Abschaffung der Praxisgebühr.
Ernst: Wir werden Migration regeln müssen. Es kann keine offenen Grenzen geben, sodass jeder und jede zu uns kommen kann. Da braucht es Regelungen – auch Abschiebungen. Wir stehen aber zum Asylrecht.
Ernst: Es geht um einen geordneten Übergang. Die Fraktion muss sich entscheiden: Wenn die Mehrheit sagt, dass wir gehen müssen, dann beschließt die Fraktion ihre sofortige Auflösung. Ansonsten wird die Fraktion erst dann abgewickelt, wenn die neue Partei steht.
Ernst: Das ist aktuell für mich keine Frage.
Ernst: Da will ich keine Namen öffentlich nennen. Jeder muss selbst wissen, ob und wann er sich äußert.
Ernst: Ja, das ist unser Ziel.
Ernst: Natürlich. Die WASG war nicht zuletzt meine Idee, wir haben die Gründung mit viel Herzblut vorangetrieben. 2007 haben wir WASG und PDS zur Linken vereinigt. Bei der Wahl 2009 haben wir bundesweit fast zwölf Prozent bekommen. Das war eine Erfolgsgeschichte. Dass der eigene Laden zuletzt so in den Sand gesetzt wurde, tut weh.
BTW: Sarah Wagenknecht ist mittlerweile eine der Bundestagsabgeordneten, die höchsten Nebeneinkünfte aus Vorträgen, Büchern etc. hat.
Ernst-haft verwundert bin ich aber über die Tatsache, dass jemand mit völlig überzogener Selbstwahrnehmung, wie es bei einem ehemaligen Schweiferter Gewerkschaftsfunktionär der Fall ist, sich in einem Verein engagiert, welcher sich Bündnis Sahra Wagenknecht nennt.
Irgendwas mit Klaus oder Ernst sollte im Vereinsnamen schon auftauchen, so ist das doch so ähnlich wie lediglich die halbe Rente.
Herr MdB, Sie verkaufen sich unter Wert!
MfG
Hans Schwinger, Schwebheim.
Den Hitler-Stalin-Pakt sollten Sie in diesem Zusammenhang der Vollständigkeit halber schon auch erwähnen!
Von der Männerfreundschaft zwischen Gas-Gerd und dem lupenreinen Demokraten will ich gar nicht erst reden.
Und in all diesen Partnerschaften hatte sich Putin ja stets als vertrauenswürdiger und zuverlässiger Partner gezeigt! (sorry, schlechter Witz!).
Ich will ja die Jahrhunderte lange gemeinsame deutsch- russische Geschichte gar nicht negativ betrachten, aber Geschäfte mit einem Diktator und mutmaßlichen Kriegsverbrecher zu machen, das verbietet der Anstand. Und genauso wenig treibt man sich als anständiger MdB heutzutage bei Feierlichkeiten in der russischen Botschaft rum, gell, Herr Ernst!
So ein Land brauchen wir doch nicht als Partner.
Hans Schwinger
Wie wenig Selbstwahrnehmung kann ein Mensch besitzen.
Ich bin mal gespannt auf dieses Konstrukt.
Wagenknecht spricht mutig unsere Probleme an, welche sie angehen will, und: Sie steht zu dem, was sie sagt!!
Zum Bilden künftiger Regierungen tun sich jedoch noch größere Schwierigkeiten auf als jetzt schon vorhanden sind.
jetzt betreibt er dasselbe Parteienhopping wie Graupner...
wir haben zuviele Extremismusvertreter in Schweinfurt. traurig...
hoffe nur der Dritte Weg bleibt klein. be Zange mit 2 langen Backen ist genug... da braucht es die nicht auch noch
Man kann natürlich den Klimaschutz ganz abschreiben, wieder russisches Öl beziehen und alle Migranten außen vor lassen. Andere, wie die Briten und die Chinesen sind schlauer: Wärmepumpen kosten in England 8000 € und in China können sich auch Kleinverdiener einen Elektro-Kleinwagen leisten - weil es kein 300PS-Bolide von BMW oder Porsche ist.
Und wer soll einmal unsere Renten bezahlen, wenn wir uns auf den dürftigen Nachwuchs unserer Biodeutschen verlassen?
Wahrheit fängt an wo moralische Gründe versagen und monetäre Begehrlichkeiten zum Vorschein kommen.
Etwas schwierig finde ich es, dass die neue Partei anscheinend im wesentlichen den Namen von Frau Wagenknecht führen soll. Personenkult ist wichtiger als eine klare, themenbezogene Linie? Man darf gespannt sein.