Jubel und Freude: Mit einem lautstarken "Prost auf den Acker" stießen am Montagnachmittag Anette Klotzek, Ulrike Schneider und Kathrin May mit vielen Mitstreiterinnen und Mitstreitern vor dem Rückert-Denkmal auf dem Marktplatz auf den gewonnenen Bürgerentscheid "Natur statt Beton" an. "Die Schweinfurter haben sich für die Natur entschieden und gegen das Profitstreben der Investoren. Das macht uns stolz auf unsere Stadt", sagte Ulrike Schneider.
Es war eine deutliche Entscheidung: 74,8 Prozent der Wählerinnen und Wähler hatten am Wahlsonntag für den Bürgerentscheid und damit gegen das auf einer Ackerfläche am Ortsrand von Oberndorf geplante Einkaufszentrum gestimmt. Den 13.609 Ja-Stimmen standen 4574 Nein-Stimmen entgegen. "Damit können wir im Rathaus Druck machen", freuen sich die Aktivistinnen. Die Wahlbeteiligung lag bei 47,7 Prozent.
Die Auriga Handels- und Gewerbebauträger GmbH aus Bayreuth wollte auf der rund zweieinhalb Hektar großen Ackerfläche am Ortsrand von Oberndorf einen 1600 Quadratmeter großen Rewe-Markt, einen 1400 Quadratmeter großen Lidl-Discountmarkt und einen 750 Quadratmeter großen Drogeriemarkt sowie einen Parkplatz mit rund 150 Stellflächen errichten. Als Ausgleich für die Versiegelung waren ein 3000 Quadratmeter großes Biotop, eine 4500 Quadratmeter große Grünfläche und ein Spielplatz sowie die Begrünung der zum Teil mit PV-Anlagen versehenen Gebäudedächer geplant.
Die drei Schweinfurterinnen Anette Klotzek, Ulrike Schneider und Kathrin May hatten nach Bekanntwerden dieser Pläne im Sommer die Bürgerinitiative "Natur statt Beton" gegründet und im gesamten Stadtgebiet 4261 Unterschriften gegen das Vorhaben gesammelt. Mehr als doppelt so viele, wie für die Zulassung des Bürgerentscheids erforderlich waren, dem nun die große Mehrheit der Schweinfurter Wählerinnen und Wähler zugestimmt hat.
Investor bedauert Ausgang des Bürgerentscheids
"Der Investor akzeptiert den Bürgerwillen und lässt das Vorhaben fallen", heißt es nun in einer Pressemitteilung der Auriga Handels- und Gewerbebauträger GmbH. Der bereits abgeschlossene Kaufvertrag für das Grundstück soll laut Unternehmenssprecher Winfried Schwatlo rückabgewickelt werden.
Geschäftsführer Michael Krause bedauert laut Presseinformation die Entscheidung: "Sehr gerne hätten wir das Projekt umgesetzt und den Bürgern gezeigt, dass die geplante Bebauung durchaus nachhaltig gestaltbar ist und umweltschonend umgesetzt werden kann." Oberndorf wäre um ein Vorzeigprojekt bereichert worden, meint Krause.
Was nun weiter geschieht, darüber informierte Stadträtin Ulrike Schneider bei der Siegesfeier auf dem Marktplatz. Um die 2,5 Hektar Ackerfläche auf Dauer für die Landwirtschaft zu erhalten, habe sie bereits einen Antrag bei der Stadt eingereicht, den Flächennutzungsplan zu ändern und die Gewerbefläche als Ackerland auszuweisen.
Darüber hinaus habe sie beantragt, dass die Oberndorfer für ihre Busfahrten künftig nur ein Ticket der Zone 1 lösen müssen, um auf der benachbarten Bergrheinfelder Gemarkung einkaufen zu können. Bislang müsse ein Zwei-Zonen-Ticket gekauft werden. Zudem lasse sie prüfen, ob die Busverbindung von Oberndorf zum Schweinfurter Hauptbahnhof über den Edeka-Markt am Bergl geführt werden kann, wo es ebenfalls mehrere Einkaufsmärkte gibt.
Dorfladen als Alternative
Auch der Dorfladen für Oberndorf sei immer noch eine denkbare Option, sagt Schneider. Unter der Regie von Roland Merz und Erich Ruppert vom Agenda-2030-Arbeitskreis sei ein Dorfladen mit sozialem Treffpunkt und Bürgerbeteiligung als GmbH in Planung. "Es sieht nicht schlecht aus", so Schneider, die Gespräche seien weit gediehen. Mit der Absage an das Einkaufszentrum könne nun mit erhöhtem Druck an einer solchen Lösung gearbeitet werden. Ganz aktuell habe sich zudem noch ein zweiter Anbieter für eine Nahversorgung in Oberndorf gemeldet.
Im Fokus für einen Dorfladen hat die Bürgerinitiative die ehemalige Norma-Filiale in der Dorfmitte. Mit rund 500 Quadratmetern Fläche und 20 Parkplätzen komme sie dem Bedarf in Oberndorf wesentlich näher als das Einkaufszentrum, meint Schneider.
Den positiven Ausgang des Bürgerentscheids will Schneider auch als eine Lektion für den Schweinfurter Stadtrat verstanden wissen. Dieser hatte im September 2022 mit 27:12 Stimmen den Weg für das geplante Großprojekt frei gemacht. Für den Verdrängungswettbewerb zwischen den Einzelhandelsketten dürfe künftig keine Fläche und kein fränkisches Landschaftsbild mehr zerstört werden, so die Forderung der Bürgerinitiative an Stadt und Landkreisgemeinden.
Ihre Hoffnung: Der Ausgang des Bürgerentscheids möge Signalwirkung weit über Schweinfurts Grenzen hinaus haben, um überall mehr Widerstand gegen den Flächenverbrauch auszulösen.
AFD Hochburg und solche Bürgerinitiativen.
Da macht jeder Investor gern einen Bogen um Schweinfurt.
Siehe Stadtgalerie.