zurück
Schweinfurt
Kein barrierefreier Zugang: Schwebheimerin kämpft vergeblich für einen Badelift am Schweinfurter Baggersee
Seit vier Jahren kämpft Erika Eckert für einen Lift für Schwerbehinderte am Schweinfurter Baggersee. Warum die Stadt den barrierefreien Zugang ablehnt.
Erika Eckert würde gerne im Baggersee baden. Doch für Menschen im Rollstuhl gibt es keinen barrierefreien Zugang zum Wasser. 
Foto: Anand Anders | Erika Eckert würde gerne im Baggersee baden. Doch für Menschen im Rollstuhl gibt es keinen barrierefreien Zugang zum Wasser. 
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 11.08.2024 02:34 Uhr

Erika Eckert schaut traurig aufs Wasser: "Alle kühlen sich ab, nur ich muss zuschauen und schwitzen." Die Schwebheimerin steht mit ihrem Rollstuhl am Ufer des Schweinfurter Baggersees. Sie hat Multiple Sklerose (MS). Ihre Beine sind gelähmt, seit 35 Jahren kann sie nicht mehr laufen. Aber schwimmen, das geht. Nur: Erika Eckert kommt nicht ins Wasser. Der Baggersee hat keinen barrierefreien Zugang.  

Wenn Erika Eckert im Sommer ins kühle Nass will, muss sie deshalb einen weiten Weg in Kauf nehmen und bis in den Landkreis Würzburg fahren. Am Badesee in Erlabrunn können sich Badegäste mit einer Gehbehinderung nämlich per Sessellift in den See hinablassen. So eine Anlage wünscht sich die 60-Jährige auch am Baggersee in Schweinfurt.

"Seit vier Jahren bemühen wir uns, dass der Baggersee mit einem Badelift ausgestattet wird", sagt Ehemann Frieder Sorg-Eckert. Bislang seien alle Anstrengungen aber erfolglos gewesen. Die Stadt lehne den Anbau eines Liftes ab. 

Kein barrierefreier Zugang für Menschen mit Gehbehinderung

Früher habe sich Erika Eckert noch selbst helfen können und sei über eine nasse Isomatte ins Wasser gerutscht, sagt sie. Ihr Ehemann habe sie nach dem Baden dann aus dem Wasser getragen. Das schafft der inzwischen 70-Jährige heute aber nicht mehr. "Es gibt Rutschen für die Boote und Edelstahl-Einstiegshilfen an mehreren Seestellen. Nur für Menschen mit einer Gehbehinderung gibt es keinen barrierefreien Zugang", kritisiert Eckert. 

In Kroatien konnte sich Erika Eckert mit diesem Sessellift ins Meer hinablassen.  
Foto: Frieder Sorg-Eckert | In Kroatien konnte sich Erika Eckert mit diesem Sessellift ins Meer hinablassen.  

Warum das so ist, erklärt auf Nachfrage der Redaktion die Pressesprecherin der Stadt, Kristina Dietz. Bei Badegewässern, wie dem Baggersee am Schwebheimer Kreuz, gebe es zwei Kategorien: Badestellen und Naturbäder. Der Baggersee sei auf Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Badewesen als Badestelle kategorisiert worden. Anders als bei einem Naturbad, das mit bädertypischen Ausbauten wie Sprunganlage oder Wasserrutsche versehen ist und dadurch eine ständige Wasseraufsicht benötigt, sind Badestelle jederzeit frei zugängliche Badegewässer und benötigen keine Wasseraufsicht. Sie dürfen aber nur dort zugelassen werden, wo keine besonderen Gefahren zu erwarten sind. Das heißt: Es darf keine bädertypischen Einbauten geben.

"Da die meisten Anbieter für diese Lifte sich an Betreiber von Schwimmbädern richten, ist das ein Hinweis dafür, dass es sich bei einem Lift um einen bädertypischen Einbau handeln würde", so Dietz. Im Falle eines Unfalls könne das dazu führen, dass ein Gericht den Badebereich des Baggersees dann als Naturbad einstuft, womit die Stadt in der Haftung wäre. "Deshalb müssen wir von einem solchen Lift leider absehen", so Dietz.

Wasser ermöglicht Bewegung ohne Hilfsmittel

Für Erika Eckert bedeutet das, dass sie weiterhin den Baggersee nur anschauen, aber nicht darin baden kann. Schwimmen hat aber gerade für Menschen mit einer Behinderung einen hohen Stellenwert. Denn das Wasser ermöglicht Bewegung ohne Hilfsmittel. Durch das viele Sitzen im Rollstuhl sei es angenehm, sich mal in die Bauch- oder Rückenlage legen zu können, sagt Erika Eckert. Bei ihrem kürzlichen Urlaub in Kroatien habe sie das genießen können, denn am Strand in ihrem Urlaubsort gab es einen Badelift ins Meer.

Der Lift funktioniert mit Wasserdruck aus einer Hochdruckleitung. Der Benutzer oder die Benutzerin setzt sich auf eine Sitzschale und zieht den Hebel. Automatisch dreht sich der Sessel vom Steg weg über den See und senkt sich langsam ins Wasser hinab. Das Hochfahren erfolgt auf die gleiche Weise.

Das Ehepaar Sorg-Eckert hatte sein Anliegen auch an den Behindertenbeauftragten des Landkreises Schweinfurt, Ralf Herre, herangetragen. Das Thema sei auf Fachebene besprochen worden, teilt das Landratsamt mit. Der Landkreis Schweinfurt habe aber keinerlei Handhabe, weil die Zuständigkeit für den Baggersee bei der Stadt Schweinfurt liegt. Der Behindertenbeauftragte begrüße allerdings generell bedarfsgerechte Maßnahmen, die die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in allen Bereichen des Lebens ermöglichen.

Auch die Stadt verfolge das Ziel der Inklusion, versichert das städtische Presseamt, was im Kommunalen Aktionsplan auch dargelegt sei. Leider sei das aber nicht immer so einfach umsetzbar.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Irene Spiegel
Baggerseen
Behindertenbeauftragte
Instagram-Inhalte
Landratsamt Schweinfurt
Ralf Herre
Rollstühle
Schwerbehinderte
Stadt Schweinfurt
Wasser
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Hans-Martin Hoffmann
    Dürfte so ähnlich sein wie mit der Love-Parade in Duisburg

    wäre alles gut gegangen, wäre der Bürgermeister, der das gegen alle Widerstände und Bedenken durchgesetzt hat, der Held im Kampf gegen die Bürokratie (etc.) gewesen.

    Ging aber nicht gut (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Ungl%C3%BCck_bei_der_Loveparade_2010).

    Und deswegen wurde der Bürgermeister nicht zum Retter der Love-Parade, sondern zum Buhmann der Nation.

    Ich kann verstehen, dass seitens der Stadt SW niemand Lust hat, sich (mehr oder weniger) in die gleiche Kategorie zählen zu lassen, wenn z. B. der Lift beim Versuch, den Baggersee zu verlassen streikt und die betroffene Person an Unterkühlung stirbt, weil niemand da ist, um zu helfen.

    Wäre schon schön, wenn genug Geld da wäre, die Badestelle zu betreuen, oder geeignete "Ehrenamtliche" dafür bereitstünden (wobei sich noch die Frage nach deren Kompetenzen und Haftpflicht im Ernstfall stellen würde). Weil das aber offenbar nicht der Fall ist...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Georg Wohlfart-Mitznegg
    Wie hier mit der 'städtischen Haftung' argumentiert wird, das entspricht sowohl dem Inklusionsgedanken als auch der angestrebten Gleichstellung leider überhaupt nicht.
    In Schweinfurt etwa steht völlig sinnfrei ein Drehkrahn der Firma Noell am Main rum, dort könnte auch jemand draufklettern und runterfallen.
    Aber da, wo so eine ähnliche Konstruktion sinnvoll wäre, trägt man Bedenken als Schutzschild und Begründung fürs Untätig Sein vor sich her.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hans-Joachim Krämer
    Dann ab zur DLRG oder Wasserwacht. Mitglied werden und die Badeaufsicht durchführen. Oder wollen Sie einen hauptamtlichen Bademeister bezahlen und im schlimmsten Fall den See einzäunen damit niemand unbeaufsichtigt da rein kann?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Georg Wohlfart-Mitznegg
    Sonst noch irgendwelche Bedenken?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Erich Spiegel
    Die Idee mit der Wasserwacht und DLRG ist doch super.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Erna Müller
    Am ganzen Dilemma sind Verordnungen und auslegbare Rechtssprechnungen oft schuld. Alleine der Datenschutz verhindert schon vieles im Keim, weil viele Behörden Angst haben gegen irgenwas zu verstoßen wird es erst gar nicht angegangen. Während in anderen Ländern alles weitgehend großzügig ausgelegt wird muss man hierzulande mit peniblen Prüfern rechnen, der Ziel es ist, ihren eigenen Ego möglichst genau zu befriedigen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Michael Riedner
    Ist der Baggersee in Grafenrheinfeld nicht abgesperrt und hat einen Bademeister?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Helga Scherendorn
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Kriebel
    Der Kommentar, auf den Sie sich beziehen, wurde nachträglich entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Helga Scherendorn
    Der Kommentar, auf den Sie sich beziehen, wurde nachträglich entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Herbert Zorn
    Der Kommentar, auf den Sie sich beziehen, wurde nachträglich entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Kriebel
    Der Kommentar, auf den Sie sich beziehen, wurde nachträglich entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Christine Joachim
    Ihre Kommentare sind einfach nur peinlich.......
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Monika Diehl
    Der Kommentar, auf den Sie sich beziehen, wurde nachträglich entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Reiner Kortmann
    Der Kommentar, auf den Sie sich beziehen, wurde nachträglich entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Thomas Diener
    Da sieht man wieder , wie kompliziert man in Deutschland alles hält und das einfach nur noch Bürokraten das Sagen haben. Man kann da echt nur mit dem Kopfschütteln, wie wenig Verständnis die Behörden , aber auch alle Verwaltungen für die Bedürnisse der Menschen besitzen . In Östereich und Südtirol ist dieser Lift sehr oft zu finden und ich fand es beieindruckend, wie man hier mit behinderten Menschen umgegangen ist . Da war nirgendwo
    ein Schild von Naturbad oder badtypischer Einrichtung zu sehen !
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Jürgen Huller
    Da gebe ich Ihnen vollkommen recht.

    Gesetze sollten eigentlich FÜR die Menschen gemacht werden, stattdessen dienen sie häufig nur noch dazu, eine Norm oder einen Rahmen fest zu legen, bei deren Einhaltung man im Fall eines Unglücks nicht verklagt werden kann.

    Anders gesagt: nicht die Prävention eines Ereignisses, sondern die Prävention der Klage nach dem Ereignis steht im Mittelpunkt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Manfred Englert
    Baut die Stadt so einen Lift, wird er benutzt.

    Passiert jetzt Frau Eckert während des Schwimmens etwas, im schlimmsten Fall mit tödlichem Ausgang, wird hier im Forum diskutiert, weshalb dort kein Bademeister eingesetzt war.
    Und der Verantwortliche der Stadt wird vor ein Gericht gezerrt werden.
    Da würde ein Schild "Benutzung auf eigene Gefahr" vermutlich auch nichts nützen.
    Die Stadt hat bestimmt triftige Gründe gegen diesen Lift.
    Und diese Gründe, die in bestimmten Gesetzen/Verordnungen zu finden sind, liegen garantiert auch dem Landratsamt vor, weswegen ich dieses Heraushalten des LRA (liegt im Aufgabenbereich der Stadt) nicht nachvollziehen kann.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hans-Joachim Krämer
    Das Problem ist das die Stadt auch verklagt werden kann wenn jedem anderen was passiert.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Dieter Hartwig
    Gibrt es nicht im Silvana Schwiimbad in Schweinfurt eine Möglichkeit für Menschen mit beeinträchttigung zum schwimmen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten