
Erika Eckert schaut traurig aufs Wasser: "Alle kühlen sich ab, nur ich muss zuschauen und schwitzen." Die Schwebheimerin steht mit ihrem Rollstuhl am Ufer des Schweinfurter Baggersees. Sie hat Multiple Sklerose (MS). Ihre Beine sind gelähmt, seit 35 Jahren kann sie nicht mehr laufen. Aber schwimmen, das geht. Nur: Erika Eckert kommt nicht ins Wasser. Der Baggersee hat keinen barrierefreien Zugang.
Wenn Erika Eckert im Sommer ins kühle Nass will, muss sie deshalb einen weiten Weg in Kauf nehmen und bis in den Landkreis Würzburg fahren. Am Badesee in Erlabrunn können sich Badegäste mit einer Gehbehinderung nämlich per Sessellift in den See hinablassen. So eine Anlage wünscht sich die 60-Jährige auch am Baggersee in Schweinfurt.
"Seit vier Jahren bemühen wir uns, dass der Baggersee mit einem Badelift ausgestattet wird", sagt Ehemann Frieder Sorg-Eckert. Bislang seien alle Anstrengungen aber erfolglos gewesen. Die Stadt lehne den Anbau eines Liftes ab.
Kein barrierefreier Zugang für Menschen mit Gehbehinderung
Früher habe sich Erika Eckert noch selbst helfen können und sei über eine nasse Isomatte ins Wasser gerutscht, sagt sie. Ihr Ehemann habe sie nach dem Baden dann aus dem Wasser getragen. Das schafft der inzwischen 70-Jährige heute aber nicht mehr. "Es gibt Rutschen für die Boote und Edelstahl-Einstiegshilfen an mehreren Seestellen. Nur für Menschen mit einer Gehbehinderung gibt es keinen barrierefreien Zugang", kritisiert Eckert.

Warum das so ist, erklärt auf Nachfrage der Redaktion die Pressesprecherin der Stadt, Kristina Dietz. Bei Badegewässern, wie dem Baggersee am Schwebheimer Kreuz, gebe es zwei Kategorien: Badestellen und Naturbäder. Der Baggersee sei auf Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Badewesen als Badestelle kategorisiert worden. Anders als bei einem Naturbad, das mit bädertypischen Ausbauten wie Sprunganlage oder Wasserrutsche versehen ist und dadurch eine ständige Wasseraufsicht benötigt, sind Badestelle jederzeit frei zugängliche Badegewässer und benötigen keine Wasseraufsicht. Sie dürfen aber nur dort zugelassen werden, wo keine besonderen Gefahren zu erwarten sind. Das heißt: Es darf keine bädertypischen Einbauten geben.
"Da die meisten Anbieter für diese Lifte sich an Betreiber von Schwimmbädern richten, ist das ein Hinweis dafür, dass es sich bei einem Lift um einen bädertypischen Einbau handeln würde", so Dietz. Im Falle eines Unfalls könne das dazu führen, dass ein Gericht den Badebereich des Baggersees dann als Naturbad einstuft, womit die Stadt in der Haftung wäre. "Deshalb müssen wir von einem solchen Lift leider absehen", so Dietz.
Wasser ermöglicht Bewegung ohne Hilfsmittel
Für Erika Eckert bedeutet das, dass sie weiterhin den Baggersee nur anschauen, aber nicht darin baden kann. Schwimmen hat aber gerade für Menschen mit einer Behinderung einen hohen Stellenwert. Denn das Wasser ermöglicht Bewegung ohne Hilfsmittel. Durch das viele Sitzen im Rollstuhl sei es angenehm, sich mal in die Bauch- oder Rückenlage legen zu können, sagt Erika Eckert. Bei ihrem kürzlichen Urlaub in Kroatien habe sie das genießen können, denn am Strand in ihrem Urlaubsort gab es einen Badelift ins Meer.
Der Lift funktioniert mit Wasserdruck aus einer Hochdruckleitung. Der Benutzer oder die Benutzerin setzt sich auf eine Sitzschale und zieht den Hebel. Automatisch dreht sich der Sessel vom Steg weg über den See und senkt sich langsam ins Wasser hinab. Das Hochfahren erfolgt auf die gleiche Weise.
Das Ehepaar Sorg-Eckert hatte sein Anliegen auch an den Behindertenbeauftragten des Landkreises Schweinfurt, Ralf Herre, herangetragen. Das Thema sei auf Fachebene besprochen worden, teilt das Landratsamt mit. Der Landkreis Schweinfurt habe aber keinerlei Handhabe, weil die Zuständigkeit für den Baggersee bei der Stadt Schweinfurt liegt. Der Behindertenbeauftragte begrüße allerdings generell bedarfsgerechte Maßnahmen, die die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in allen Bereichen des Lebens ermöglichen.
Auch die Stadt verfolge das Ziel der Inklusion, versichert das städtische Presseamt, was im Kommunalen Aktionsplan auch dargelegt sei. Leider sei das aber nicht immer so einfach umsetzbar.
wäre alles gut gegangen, wäre der Bürgermeister, der das gegen alle Widerstände und Bedenken durchgesetzt hat, der Held im Kampf gegen die Bürokratie (etc.) gewesen.
Ging aber nicht gut (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Ungl%C3%BCck_bei_der_Loveparade_2010).
Und deswegen wurde der Bürgermeister nicht zum Retter der Love-Parade, sondern zum Buhmann der Nation.
Ich kann verstehen, dass seitens der Stadt SW niemand Lust hat, sich (mehr oder weniger) in die gleiche Kategorie zählen zu lassen, wenn z. B. der Lift beim Versuch, den Baggersee zu verlassen streikt und die betroffene Person an Unterkühlung stirbt, weil niemand da ist, um zu helfen.
Wäre schon schön, wenn genug Geld da wäre, die Badestelle zu betreuen, oder geeignete "Ehrenamtliche" dafür bereitstünden (wobei sich noch die Frage nach deren Kompetenzen und Haftpflicht im Ernstfall stellen würde). Weil das aber offenbar nicht der Fall ist...
In Schweinfurt etwa steht völlig sinnfrei ein Drehkrahn der Firma Noell am Main rum, dort könnte auch jemand draufklettern und runterfallen.
Aber da, wo so eine ähnliche Konstruktion sinnvoll wäre, trägt man Bedenken als Schutzschild und Begründung fürs Untätig Sein vor sich her.
ein Schild von Naturbad oder badtypischer Einrichtung zu sehen !
Gesetze sollten eigentlich FÜR die Menschen gemacht werden, stattdessen dienen sie häufig nur noch dazu, eine Norm oder einen Rahmen fest zu legen, bei deren Einhaltung man im Fall eines Unglücks nicht verklagt werden kann.
Anders gesagt: nicht die Prävention eines Ereignisses, sondern die Prävention der Klage nach dem Ereignis steht im Mittelpunkt.
Passiert jetzt Frau Eckert während des Schwimmens etwas, im schlimmsten Fall mit tödlichem Ausgang, wird hier im Forum diskutiert, weshalb dort kein Bademeister eingesetzt war.
Und der Verantwortliche der Stadt wird vor ein Gericht gezerrt werden.
Da würde ein Schild "Benutzung auf eigene Gefahr" vermutlich auch nichts nützen.
Die Stadt hat bestimmt triftige Gründe gegen diesen Lift.
Und diese Gründe, die in bestimmten Gesetzen/Verordnungen zu finden sind, liegen garantiert auch dem Landratsamt vor, weswegen ich dieses Heraushalten des LRA (liegt im Aufgabenbereich der Stadt) nicht nachvollziehen kann.