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Schweinfurt
Junge Menschen in Schweinfurt dürfen künftig mitbestimmen: Stadt beschließt Kinder- und Jugendparlament
Jugendliche wollen Gesellschaft und Politik mitgestalten. Um das in Schweinfurt zu ermöglichen, schafft die Stadt ihnen ein eigenes Parlament samt Befugnissen und Budget.
Von der Zuschauertribüne in die aktive politische Arbeit: Mithilfe eines Jugendparlaments möchte die Stadt Schweinfurt jungen Menschen mehr Teilhabe an der politischen Gestaltung vor Ort ermöglichen.
Foto: René Ruprecht | Von der Zuschauertribüne in die aktive politische Arbeit: Mithilfe eines Jugendparlaments möchte die Stadt Schweinfurt jungen Menschen mehr Teilhabe an der politischen Gestaltung vor Ort ermöglichen.
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 15:37 Uhr

Junge Menschen fühlen sich von der Politik kaum wahrgenommen. Vor allem in den vergangenen Jahren litten Schüler und Jugendliche besonders unter den Einschränkungen der Pandemie. 
Gleichzeitig bekräftigte die Altersgruppe der U18-Jährigen in Schweinfurt immer wieder auf Podiumsdiskussionen oder den U-18 Wahlen den Willen, politisch in ihrer Heimatstadt mitzuwirken.

Um dem Politikverdruss unter Jugendlichen entgegenzuwirken und deren Stimmen ernster zu nehmen, hatte der Hauptausschuss des Stadtrats die Verwaltung mit der Schaffung eines Jugendparlaments beauftragt. Eingereicht hatte den Antrag die CSU Fraktion am 2. Juli 2023. Der Hauptausschuss stimmte damals mit einer Mehrheit von 13 zu 1 für die Installation eines solchen Gremiums. Nur die AfD war dagegen. Nun, knapp ein Jahr später, hat die Stadt Schweinfurt den Auftrag umgesetzt und einen Beschluss vorgelegt.

Ein Viertel Schweinfurts sind junge Menschen

Dass junge Menschen in Schweinfurt keine Randgruppe sind, zeigt auch ein Blick auf die Zahlen. Nach Informationen der Stadt Schweinfurt lebten zum 31. Dezember 2023 insgesamt 9136 Kinder und Jugendliche zwischen Null und 18 Jahren hier. 4055 davon waren zu diesem Zeitpunkt zwischen 14 und 18 Jahre alt. Das entspricht zirka einem Viertel der unter 27-Jährigen im Stadtgebiet. Allein wegen dieser Zusammensetzung gehe es nach Ansicht des Jugendamts bei der Schaffung eines Jugendparlaments darum, ein möglichst breites Spektrum junger Menschen abzubilden.

Angesichts der Zahlen und der Erfahrungen aus anderen Städten – 2018 hatten 44 Prozent aller deutschen Mittelstädte bis 100.000 Einwohner ein Kinder- und Jugendparlament – sei es daher unstrittig gewesen, solch eine Plattform zu schaffen, erklärte Sozialreferent Jürgen Montag in der vergangenen Sitzung des Hauptausschusses. Seiner Ansicht nach hätten Jugendliche heute "eindeutig mehr Interesse" an der politischen Mitgestaltung. Allerdings, so der Sozialreferent weiter, sei es ein Problem, Menschen in dieser Altersschicht für eine kontinuierliche Arbeit in einem solchen Gremium zu halten.

5000 Euro Etat und Antragsrecht im Schweinfurter Stadtrat

Auch deshalb und damit sich das Jugendparlament nicht als machtloses Feigenblatt entpuppt, wird ihm laut Beschluss je ein Mitglied der verschiedenen Stadtratsfraktionen in beratender Funktion als Ansprechpartner zur Seite gestellt. Im Rahmen einer Patenschaft sollen diese Auskünfte und Hilfestellungen auf politischer Ebene geben. Die Anbindung an die Stadtverwaltung erfolgt über einen Mitarbeitenden des Jugendamts. Er oder sie soll mit bis zu zehn Wochenstunden die Geschäftsführung des Parlaments übernehmen, für Struktur sorgen und bei Aufgaben wie Abrechnungen, Protokollen oder der Einhaltung von Fristen helfen.

Das Kinder- und Jugendparlament verfügt über ein eigenes Budget von bis zu 5000 Euro, über das es frei bestimmen kann. Gemäß seiner Satzung besteht es aus zwei Vertreterinnen und Vertretern jeder weiterführenden Schule, die zwischen zwölf und 18 Jahre alt sind – also insgesamt 26 Delegierten samt Ersatzvertreter, die aus Mittelschulen, Realschulen, Gymnasien und zwei Förderzentren kommen. Die Vertreterinnen und Vertreter können aus der Schülervertretung SMV stammen oder Schüler- und Klassensprecher sein.

Im Markt Oberelsbach im Landkreis Rhön-Grabfeld gibt es ein Kinder- und Jugendparlament. Deutschlandweit haben 600 Städte und Gemeinden ein Jugendparlament.
Foto: Stefanie Schrenk | Im Markt Oberelsbach im Landkreis Rhön-Grabfeld gibt es ein Kinder- und Jugendparlament. Deutschlandweit haben 600 Städte und Gemeinden ein Jugendparlament.

Gewählt werden soll jährlich zu Beginn des jeweiligen Schuljahrs. Die Amtszeit beträgt ein Jahr. Aufgabe der Delegierten ist es, gemäß der Satzung, die Interessen junger Menschen in Schweinfurt zu vertreten und die Verwaltung zu unterstützen. Auch der praktische Einbezug, zum Beispiel bei der Gestaltung öffentlicher Plätze, ist gedacht. Hierfür besitzt das Parlament ein Antragsrecht im Stadtrat und dessen Ausschüssen. Getagt werden soll mindestens viermal pro Schuljahr, tendenziell am Nachmittag, um Schulbefreiungen zu vermeiden. Die Sitzungen des Parlaments sind öffentlich.

Politische Frustration Teil des Geschäfts

Der Beschlussvorschlag der Verwaltung stieß auf große Zustimmung im Hauptausschuss. Die Initialzündung für den Antrag resultierte laut CSU-Stadträtin Theresa Schefbeck aus einem persönlichen Erlebnis mit ihrem Sohn. In der Aussprache erzählte sie, wie sich dieser zu Hause einmal über das Mittagessen in seiner Schule beschwert habe.

An der Stelle sei ihr bewusst geworden, dass sich Kinder in solchen Situationen meist nicht zu helfen wüssten. "Wir hoffen, dass wir so einem kleinen Teil unserer Jugendlichen erklären können, wie Demokratie funktioniert", sagte Schefbeck. Egal wie abwegig eine Idee auf den ersten Eindruck scheinen mag – es sei wichtig, Jugendliche in der politischen Mitgestaltung zu unterstützen.

SPD-Fraktionssprecherin Marietta Eder lobte den Beschluss als "wunderbaren ersten Schritt", um Jugendliche in Zeiten von Social Media an das reale Leben heranzuführen und die Demokratie zu stärken. Hinsichtlich der veranschlagten Arbeitsstunden werde sich zeigen, wie hoch der Aufwand für das Jugendamt am Ende ausfalle und ob Mittel langfristig erhöht werden müssten, merkte Eder an.

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Für Schmunzeln sorgte eine Abschlussbemerkung von Stadtrat Frank Firsching (Die Linke) und Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU). Firsching merkte hinsichtlich des Bearbeitungszeitrums der Anträge des Jugendparlaments durch die Stadt an, ob die versprochenen drei Monate von der Verwaltung für die Bearbeitung denn realistisch umsetzbar seien. Dazu der OB abschließend: "Auch die Frustration gehört zum politischen Geschäft." Der Beschluss wurde einstimmig entschieden. Die erste Wahl und Bildung des Parlaments findet voraussichtlich im Oktober 2024 statt.

 
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