
Dieter Manske hat Angst. Seit über 20 Jahren arbeitet der Ingenieur beim Automobilzulieferer ZF in Schweinfurt. Jetzt fürchtet er um seinen Arbeitsplatz. ZF will deutschlandweit 14.000 Stellen abbauen. Vergangene Woche hat sein Arbeitgeber aufgrund von "unerwartet schwacher Konjunktur" am Standort Schweinfurt eine massive Absenkung der Arbeitszeit für die rund 9800 Beschäftigten angekündigt. Das Werk verliert Arbeitsleistung im Umfang von 650 Vollzeitstellen.
"Man weiß nicht, wie es weitergeht", sagt Manske bei "jetzt red i" in Schweinfurt. Der Familienvater hat zwei Töchter in der Ausbildung. Er sei davon ausgegangen, dass er mit seinem Beruf bei ZF in Rente gehe. Jetzt habe er "einfach nur Angst".
Die Krise in der Automobilindustrie war Thema der Sendung "jetzt red i" im BR-Fernsehen live in Schweinfurt. Bürgerinnen und Bürger diskutierten darüber in der Stadthalle mit Kerstin Schreyer, wirtschaftspolitische Sprecherin der CSU im Landtag, und Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall. Moderiert wurde der Abend von Tilmann Schöberl und Franziska Eder.

Die Angst geht bei allen Beschäftigten in der Schweinfurt Industrie um: Bosch Rexroth will mehr als 200 Stellen abbauen, Schaeffler hat Kurzarbeit für 1000 Beschäftigte angekündigt. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fürchten um ihren Arbeitsplatz. Die Stimmung schwankt zwischen Verunsicherung und Wut, in den vergangenen Wochen gingen Tausende auf die Straße, um für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze zu kämpfen.
Die Menschen vermissen Zukunftsperspektiven für die Region
Klaus Mertens sieht die Politik in der Verantwortung: "Wir brauchen eine regionalisierte Standortpolitik." Er fordert mehr Unterstützung für Start-ups und mehr Kreativität bei der Ansiedlung neuer Industrien. Auch Michael Henkelmann vermisst Zukunftsperspektiven für die Region. Viele seiner Freunde und Bekannten wüssten nicht, ob sie sich hier ein Eigenheim bauen sollten oder nicht, weil unklar sei, ob sie in Zukunft in der Region überhaupt Arbeit fänden, so der ZF-Beschäftigte.
Kerstin Schreyer, die wirtschaftspolitische Sprecherin der CSU im Landtag, sieht die Versäumnisse bei der Bundespolitik. "Wir brauchen mehr zuverlässige Politik und Stabilität bei den Energiekosten", unterstrich sie die Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) nach einem "Auto-Marshallplan", eine Neuausrichtung der deutschen Wirtschaftspolitik. "Autobauer und Zulieferer brauchen pragmatische Ansätze und keine ideologisch vorgeprägten Entscheidungen, um wettbewerbsfähig zu sein."

Schreyer wünscht sich einen Autogipfel zwischen Bund und Ländern, bei dem auch Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter sowie alle betroffenen Ministerien vertreten sind. "Wir müssen jetzt an einem Strang ziehen, um unsere heimische Industrie und Arbeitsplätze in Bayern zu sichern."
Ungeachtet der Krisensituation fordert die IG Metall bei den aktuellen Tarifverhandlungen, die Löhne der Beschäftigten zu erhöhen, um 7 Prozent. Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall, verteidigte das: Diese Forderung sei trotz drohendem Stellenabbau in der Branche gerechtfertigt, denn "Lohnverzicht schafft keine Arbeitsplätze", so Benner.

Es helfe auch nicht, immer nur mit dem Finger auf die Politik zu zeigen. "Wir müssen hier in der Region Schweinfurt ansetzen", nimmt sie die Unternehmen in die Pflicht, gemeinsam mit den Beschäftigten neue Ideen und Themen für den Standort zu entwickeln. Moderne Industriepolitik und beherzte Investitionen seien das Gebot der Stunde. "Das industrielle Rückgrat in Region und Land darf nicht brechen!"
Simon Schütz, Pressesprecher vom Verband der Automobilindustrie, sieht nicht die deutsche Autoindustrie in der Krise, sondern den Standort Deutschland. Er beklagt die hohen Energiekosten, den fehlenden Zugang zu Rohstoffen und die ausufernde Bürokratie. "Wenn wir weltweit erfolgreich sein wollen, müssen wir effizienter produzieren", forderte er die Politik auf, "endlich die Standortprobleme anzugehen."
Es gibt keine erschwinglichen kleinen E-Autos
Auch online hatten Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit, ihre Meinung zu sagen. Es sei zu wenig in neue Technologien investiert worden, kritisierte ein Teilnehmer. Ein anderer monierte die hohen Kosten für E-Autos. IG-Metall-Chefin Benner sah hier ein "klares Versäumnis" der deutschen Autobauer: "Es gibt keine erschwinglichen kleinen E-Modelle, da haben die Chinesen uns den Rang abgelaufen." Nun gelte es dafür zu sorgen, dass die Strukturen nicht wegbrechen. "Wenn die Zulieferer dicht machen, geht's der Autoindustrie schlecht", prognostizierte Benner.

"Die günstigen E-Autos werden kommen", versprach VDA-Sprecher Schütz. Allerdings müsse auch die Politik ihre Hausaufgaben machen und sowohl die Stromnetze als auch Ladesäulenstruktur ausbauen. Seitens der IG Metall ging der klare Appell an die Autoindustrie, keine Arbeitsplätze abzubauen. "Dableiben, nicht weggehen, sondern verdammt noch mal durchhalten", forderte Benner die Branche auf.
Katja Herkert sagte: "Ich wünsche mir eine Zukunftsvision für Deutschland und dass wir alle mal wieder mit Zuversicht in die Zukunft blicken können."
Daß ihre Partei seit Jahrzehnten hundsmiserable Bundesverkehrspolitik verantwortet hat und die Weichen zum Ist-Zustand gelegt hat wird scheinbar ausgeblendet.
Alleine, überhaupt noch über Verbrenner ja/nein/vielleicht zu diskutieren zeigt doch sehr deutlich, vieviele Lichtjahre die bayerische Staatspartei von der Zukunft der Automobilindustrie entfernt ist.
Und all die besorgten Jetzt-red-I-Expert*inn*en kommen plötzlich und unerwartet aus der Deckung, nachdem man bisher stets darauf vertraut hat, daß in Bayern Wohlstand gottgegebenes und csu-garantiertes Bayernmenschenrecht sei.
Diese Veranstaltung war ein peinlicher Versuch, das Rad der Zeit zurück zu drehen.
Ihr CSU Bashing in Ehren ist unangebracht, denn gerade Frau Schreyer zeigte sich am offensten gegenüber der Gewerkschaftlerin, die nur alte Phrasen drosch.
Der VDA-Mann sagt nur die halbe Wahrheit: es ist für die deutschen Autobauer eine existenzielle Krise. Die Chinesen haben ein Segment besetzt, in dem es vorher niemand gab. Und setzen hier nun die Bedingungen. D muss sich also hier seinen Platz erkämpfen!
Selbst wenn irgendwann mal ein deutsches E-Auto unter 25K kommt, dann bauen die Chinesen bis dahin die Sachen bereits massenweise. Und jede Wette, selbst die deutsche Antwort wird einen Motor als auch Batterie Made in China haben.
Übrigens weil der VDA meinte, man bräuchte die Gewinne für Investition: Dieselgate hat ja "nur" 35 Mrd. Euro gekostet. Hätte die Industrie hier nicht betrogen, müsste er da nicht jammern.