Die Schulden der Stadt Gerolzhofen kennen seit Jahren nur eine Richtung: Sie sinken. Diesen Trend bestätigte Kämmerer René Borchardt dem Stadtrat am Montagabend, als er die Jahresrechnung für das Jahr 2022 bekannt gab. Dieses hat die Stadt mit einem Schuldenstand von 7,1 Millionen Euro abgeschlossen. Ein Jahr zuvor waren es noch 7,7 Millionen Euro, auf dem jüngsten Höhepunkt der Verschuldung, im Jahr 2015, gar 11,1 Millionen Euro.
Und damit der guten Nachrichten nicht genug. Auch in dem sich zu Ende neigenden Jahr 2023 setzte sich die Konsolidierung fort. Aktuell stehe Gerolzhofen mit 6,1 Millionen Euro in der Kreide, ergänzte Borchardt seinen Vortrag.
Doch wie schon in den vorangegangenen Jahren ist der begrüßenswerte Rückgang der Schulden zuvorderst auf einen Umstand zurückzuführen: Die Stadt hat auch im Jahr 2022 viel weniger von den Bauprojekten umgesetzt, die im Haushaltsansatz eingeplant waren. In Zahlen ausgedrückt: Statt 12,9 Millionen Euro wurden 6,8 Millionen ausgegeben. Man könnte auch sagen aufgeschoben, denn Maßnahmen wie der Neubau der Grund- und Mittelschule, die Marktplatzgestaltung oder die Sanierung und der Ausbau der Kläranlage sind damit nicht vom Tisch, sie werden nur später beginnen.
Anders als geplant: Stadt verschiebt Investitionen in Millionen-Höhe
Dies veranlasste Arnulf Koch (CSU) augenzwinkernd zur Aussage, dass der Stadtrat eigentlich froh sein könne, "dass wir nur davon träumen, was im Haushaltsansatz steht". Ein Blick in die Ausgaben-Übersicht zeigt: Allein für Grunderwerb (für Bauland) gab die Stadt im Vorjahr nur 0,6 Millionen statt vorgesehener 2,4 Millionen Euro aus. Im Bereich Tiefbau waren es drei Millionen Euro statt den in den Haushalt eingestellten sieben Millionen.
Trotz geringerer Schulden steht die Stadt im bayernweiten Vergleich mit anderen Kommunen nicht gut da. Die Pro-Kopf-Verschuldung betrug Ende 2022 exakt 1034,91 Euro (Vorjahr: 1115,03 Euro). Würde man den Anteil des Freizeitbades Geomaris an den städtischen Schulden herausrechnen, hätte die Stadt gut 4,4 Millionen Euro Schulden – und läge damit mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 646,42 Euro unter der Quote vergleichbarer Städte ohne Badbetrieb (699 Euro). Bayerische Städte mit Badebetrieb sind allerdings mit durchschnittlich 767 Euro verschuldet, also weit weniger hoch als Gerolzhofen.
Einnahmen aus Gewerbesteuer liegen 25 Prozent über dem Ansatz
Dass die Stadt vergangenes Jahr Schulden abbauen konnte, lag unter anderem daran, dass die Steuereinnahmen kräftig sprudelten. Die Gewerbesteuereinnahmen fielen mit knapp vier Millionen Euro fast eine Million höher aus als veranschlagt. Auch die Einkommens- und Umsatzsteuer lag mit 4,7 Millionen Euro fast 70.000 Euro über dem Ansatz. Die Grundsteuer B brachte 0,99 Millionen Euro ein, knapp 20.000 Euro mehr als geplant. Insbesondere die gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen bestätigen laut Günter Iff (Freie Wähler) den vom Stadtrat verfolgten Kurs, zusätzliche Unternehmen in Gerolzhofen anzusiedeln. "Wir haben hier eine sehr gesunde Mischung", stellte er mit Blick auf die hiesigen Betriebe fest.
Der Zuschussbedarf städtischer Einrichtungen war den Zahlen des Kämmerers zufolge im Jahr 2022 weiter hoch, doch geringfügig geringer als in den beiden Jahren zuvor. Im Vorjahr legte die Stadt zusammengerechnet knapp über 1,9 Millionen drauf, im Jahr 2021 waren es fast zwei Millionen Euro, im Jahr 2020 gut 2,4 Millionen Euro.
Größten Zuschussbedarf hatte weiter das Geomaris, dessen Betriebsdefizit im Jahr 2022 bei fast 0,9 Millionen Euro lag (2021: 1,1 Millionen Euro), was fast exakt dem Defizit von 2019, dem letzten Vor-Corona-Jahr, entspricht. Der Betrieb der Wasserversorgung musste im Vorjahr mit 208.000 Euro (2021: 124.000 Euro) ausgeglichen werden, die Stadtbibliothek erhielt 261.000 Euro Zuschuss (260.000 Euro), die Tourismus-Förderung 165.000 Euro (132.000 Euro) und die Volkshochschule 89.000 Euro (54.000 Euro).