In gefühlt jedem zweiten Beitrag, der sich derzeit mit der Bewältigung der 4. Corona-Welle beschäftigt, wird das Mantra vom "Impfen, Impfen, Impfen" wiederholt. Jede Spritze zählt, um irgendwie nicht nur vor die aktuelle Welle zu kommen, sondern auch der nächsten mit Namen Omikron, das Wasser abzugraben, ist immer wieder zu hören.
Um viele Impfungen zu bekommen, braucht es viele geschulte Hände, die das tun – könnte man meinen. Doch das stimmt offensichtlich nur bedingt und recht eingeschränkt, wenn es zum Beispiel um den Einsatz von Ärztinnen und Ärzten im Ruhestand geht, die teils ehrenamtlich mithelfen würden.
Mehr als 1000 Ruhestandsärzte in Bayern würden helfen und stehen auf einer Warteliste, so Axel Heise, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern. Doch zum Einsatz kommt kaum einer, weil die Dienstpläne der Impfzentren voll seien. Und tatsächlich haben Umfragen dieser Zeitung in unterfränkischen Impfzentren gezeigt, dass es weniger an Ärzten, dafür vielmehr an Fachangestellten und Organisationskräften mangelt.
Auch deshalb bleiben Ruhestandsärzte weiter in der Warteschleife. So wie Dr. Christof Bretscher, Facharzt für innere Medizin in Schweinfurt, und mittlerweile 71 Jahre alt. Der in Hambach lebende Arzt hat schon im Dezember 2020 dem Schweinfurter Impfzentrum seine ehrenamtliche Hilfe angeboten – und darauf keine Antwort erhalten.
Zweimal Mitarbeit angeboten, aber keine Antwort erhalten
Als im Herbst in Erwartung der vierten Welle auch im Schweinfurter Impfzentrum die Kapazitäten wieder deutlich nach oben gefahren und Helferinnen und Helfer gesucht wurden, hat er sich mit Schreiben vom 29. November erneut zur Unterstützung der Impfkampagne beworben – wieder ohne Reaktion. "Kein Problem für mich, ich bin sowieso ehrenamtlich ärztlich und auch anderweitig gut beschäftigt", so der 71-Jährige, der sich aber wenigstens eine Antwort auf sein Angebot erhofft hätte.
In einer Zeit, in der nicht nur Hausärzte, sondern auch Zahnärzte und Tierärzte, ja sogar Apotheken beim Impfen helfen sollen, ist es für ihn dennoch unverständlich, dass die vielen Ruhestandsmediziner außen vor bleiben. Wie auch die Kassenärztliche Vereinigung sieht er keine Probleme bei Abrechnungsmodalitäten oder der Frage der Haftpflicht. Schließlich haben Ruhestandsärzte weiter ihre Approbation, Abrechnungen entfallen, wenn Ärzte im Ruhestand wie Bretscher, ehrenamtlich aktiv sind. Ehrenamtlich impfen, das kann sich Bretscher übrigens nicht nur im Impfzentrum vorstellen, sondern zum Beispiel auch in einer Apotheke, um dem dort arbeitenden Personal den Rücken für ihre anderen Aufgaben freizuhalten.
Das Corona Schnelltestzentrum im Marienbachzentrum hätte sich Willi Warmuth, seines Zeichens Bürgermeister von Dittelbrunn, auch gut als Ort vorstellen können, in dem gegen das Coronavirus geimpft wird. Mit Rosemarie Klingele hat er auch schon eine rührige Ruhestandsärztin gefunden, die dort impfen würde. Klingele, inzwischen 84, hat vier Jahre die Bewohner der Flüchtlingsunterkunft in den Conn Barracks ehrenamtlich medizinisch betreut. Seit die Einrichtung zum Ankerzentrum umgewandelt wurde, ist dies nicht mehr möglich. Dennoch ist sie nach dem Motto "Einmal Medizinerin, immer Medizinerin" immer noch aktiv, zum Beispiel als Ärztin für Menschen in benachteiligten Verhältnissen, die mitunter keine Krankenversicherung haben.
Impfen im Marienbachzentrum mit Rosemarie Klingele – das scheitert in diesem Fall daran, dass sie keine niedergelassene Ärztin mehr ist und deshalb keine Möglichkeit hat, Impfstoff zu bestellen, so Willi Warmuth.
Grundsätzlich wird im Impfzentrum immer wieder Personal gebraucht
"Anfragen und Angebote, das Impfen personell zu unterstützen, werden von uns direkt an 21DX, den Betreiber des Impfzentrums weitergeleitet. Wir selbst beschäftigen ja keine Ärzte oder entsprechendes Fachpersonal", teilt Kristina Dietz, Pressesprecherin der Stadt Schweinfurt, auf Anfrage zu diesem Thema mit. "Sollte in Einzelfällen von dort einmal keine Rückmeldung erfolgt sein, tut uns das leid, so soll das natürlich nicht sein", ergänzt sie im Hinblick auf eine fehlende Rückmeldung. Es gelte aber auch zu berücksichtigen, dass die Mitarbeitenden im Impfzentrum stark eingebunden seien und es auch einmal vorkommen könne, dass etwas untergeht.
Grundsätzlich werde aber immer wieder Personal für das Impfzentrum gesucht, wenn auch nicht von der Stadt selbst. So wurden zum Beispiel für die Impfaktion des Leopoldina-Krankenhauses unter anderem Ärzte gesucht und problemlos gefunden, unter ihnen waren auch Ruheständler, so Kristina Dietz.
"Sollten Apotheken ein ergänzendes Impfangebot machen wollen, können sie sich gern an uns wenden und uns in die Planungen einbeziehen. Wir reichen Personalangebote gern auch an die Apotheken weiter", so Dietz abschließend.