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Region Gerolzhofen
Große Schäden bei Wein und Raps: Schnee und Nachtfrost treffen Landwirte zwischen Main und Steigerwald hart
Schnee und Frost im April sind nichts Außergewöhnliches. Dass Ackerbauern und Winzer dieses Mal so große Schäden verzeichnen, liegt am sonnigen und warmen März.
Winzer Lukas Pfister begutachtet am Dienstag die Frostschäden in seinem Weinberg bei Kammerforst. Fast alle Triebe der Rebsorte Blauer Zweigelt dort sind nach seiner Einschätzung erfroren.
Foto: Stefan Pfister | Winzer Lukas Pfister begutachtet am Dienstag die Frostschäden in seinem Weinberg bei Kammerforst. Fast alle Triebe der Rebsorte Blauer Zweigelt dort sind nach seiner Einschätzung erfroren.
Michael Mößlein
 und  Stefan Pfister
 |  aktualisiert: 27.04.2024 02:44 Uhr

Erst nasser, schwerer Schnee am Sonntag, dann Frost, vor allem in der Nacht auf Dienstag: Landwirte und Winzer in der Region Gerolzhofen klagen über teils massive Schäden bei ihren Kulturen. Neben dem Wein hat es den Raps am heftigsten erwischt, besonders im Steigerwaldvorland, wo es am meisten geschneit hat.

Das Urteil von Norbert Sahlmüller zur Rückkehr des Winters Ende April fällt eindeutig aus: "ziemlich verheerend". Der Landwirt aus Schallfeld kommt als Raps-Berater einer Agrarfirma eigenen Angaben nach viel herum. Er sagt: Den Bereich zwischen Donnersdorf und Bischwind habe es "absolut am schlimmsten getroffen". Dort sei mit 70 bis 80 Prozent Ernteausfällen beim Raps zu rechnen.

Dabei durften Landwirte bis zum Wochenende noch mit einer überdurchschnittlich guten Ernte rechnen. Der Raps stand über zwei Meter hoch und "sehr gut" auf dem Feld, berichtet der Donnersdorfer Landwirt Felix Schorr. Der ungewöhnlich warme März hatte dafür gesorgt, dass die Hauptblüte des Rapses schon vorüber ist, was normalerweise Anfang Mai der Fall ist, sagt Sahlmüller.

Geknickte Pflanzen gehen ein

Der Reifevorsprung wurde den gelb blühenden Pflanzen zum Verhängnis: Der nasse Schnee sorgte dafür, dass die ohnehin kopflastigen Pflanzen auf den Feldern großflächig umknickten. Die Saftbahn ist damit unterbrochen. Die Rapspflanzen werden nicht mehr mit Nährstoffen versorgt und gehen ein. Der Nachtfrost ließ die Stängel zusätzlich aufplatzen, erklärt Schorr. Dies bereite Krankheitserregern, etwa Pilzen, jetzt den Weg.

Landwirt Anton Schmitt aus Kleinrheinfeld hat bei sich beobachtet, dass manche Rapssorten standfester als andere sind und mit dem Schnee besser zurechtkamen. Wie hoch der Ernteausfall tatsächlich wird, hängt auch davon ab, inwieweit der Raps, den der schwere Schnee auf Schorrs Feldern auf 15 bis 20 Zentimeter über dem Boden herabgedrückt hat, überhaupt noch zu dreschen ist. Sinkt er weiter zu Boden, dürfte eine Ernte kaum noch möglich sein.

Schorr rechnet bestenfalls noch mit einem Ergebnis von 20 Doppelzentnern pro Hektar – etwa die Hälfte der erwarteten sehr guten Ernte. Auf seine 40 Hektar hochgerechnet, die er mit Raps angesät hat, bedeutet das für ihn bis zu 40.000 Euro Schaden, der nicht versichert ist.

Zwischen zehn und 20 Zentimeter Schnee fiel im Raum Donnersdorf am Sonntagvormittag. Der schwere Pappschnee drückte Rapspflanzen zu Boden und knickte deren Stängel.
Foto: Markus Weissenseel | Zwischen zehn und 20 Zentimeter Schnee fiel im Raum Donnersdorf am Sonntagvormittag. Der schwere Pappschnee drückte Rapspflanzen zu Boden und knickte deren Stängel.

Mehrgefahrenversicherungen, die auch Frost- und Schneeschäden abdecken, haben laut Raps-Berater Sahlmüller nur einzelne Landwirte. Die Gebühren seien hoch. Deshalb dürften die allermeisten, jetzt betroffenen Berufskollegen auf den Schäden sitzenbleiben.

Bis hin zum Totalverlust

Die Winzer im Raum Gerolzhofen und Kolitzheim verzeichnen nach den beiden Frostnächten zum Teil erhebliche Schäden an ihren Rebstöcken – die größten seit den Mai-Frösten vor vier Jahren. In manchen Lagen, so hat eine Umfrage ergeben, wird sogar mit einem Totalverlust gerechnet. Scheinbar waren aber nicht überall die zarten Triebe vom Frost betroffen, auch wenn nach Auskunft der befragten Weingüter viele braune Stellen und vertrocknete, welke Blätter zu entdecken sind.

Johannes Pfister vom gleichnamigen Weingut im Oberschwarzacher Marktgemeindeteil Kammerforst spricht von 20 bis 100 Prozent geschädigten Trieben. Steilere, nach Süden gerichtete Hochlagen haben den Kälteeinbruch einigermaßen gut überstanden. Außergewöhnlich ist für ihn jedoch ein neues Phänomen. Diesmal hat die Kälte nicht nur jenen Lagen geschadet, die auch sonst frostgefährdet sind, sondern auch andere, "die es sonst nicht erwischt", so Pfister.

Große Schäden bei Wein und Raps: Schnee und Nachtfrost treffen Landwirte zwischen Main und Steigerwald hart
Foto: Stefan Pfister

Schwierig ist die Situation besonders in seinen westlichen Steigerwald-Lagen in Richtung Ebrach. Teilweise, so seine erste Einschätzung am Dienstag, wird er dort auch Totalausfälle erleiden. Für den Sauvignon Blanc und Blauen Zweigelt in der Lage Kammerforster Teufel befürchtet er schlimmstes, bei seinem Silvaner ist er noch guter Hoffnung. Wobei, wie er betont, nicht die Sorte, sondern eben die Lage entscheidend gewesen sei, wo es Schäden gegeben hat. 

Zu früh für endgültige Schadensbilanz

Markus Weissenseel aus Traustadt spricht von Schäden auf bis zu 80 Prozent seiner Rebflächen am Steigerwald und bei Gerolzhofen. Richtung Main, wo er ebenfalls Weinberge hat, seien es 30 bis 40 Prozent. Wie Pfister wollen er und andere Winzer mit einer endgültigen Bilanz der Frostnächte noch abwarten. Auch deshalb, weil es noch nicht vorbei ist mit den Minusgraden.

Martin Pfrang von der gleichnamigen Weinmanufaktur in Michelau hat ebenfalls Schäden ausgemacht, nach zwei Nächten mit um die minus drei Grad Celsius. Gut für ihn: Seine Weinberge befinden sich in Richtung Prüßberg, in voller Südlage und weiter oben. Sie sind also gut geschützt vor Kältestauungen, die eher in Talsenken auftreten und gefährlich für Reben, Triebe und Trauben sind.

Problematisch ist aus seiner Sicht auch, dass der Austrieb heuer früher dran ist, um die zwei bis drei Wochen. Temperaturen kürzlich von bis zu 28 Grad hätten das Wachstum erheblich beschleunigt. Trotz mehrerer brauner Stellen am Geschein, dem jungen Blütenstand an der Weinrebe, ist er noch guten Mutes, dass die Kälteperiode nicht allzu schlimm für seinen Wein-Jahrgang ausgeht.

Frostversicherung hilft über die Runden

"In den Weinbergen in Krautheim ist alles erfroren, in Zeilitzheim einiges und auch in Stammheim", lautet die erste Bilanz vom Zeilitzheimer Weingut Mößlein zum Kälteeinbruch, die Martin Mößlein auf Anfrage zieht. In der Lage am Heiligenberg verzeichnet er größere Schäden bei der Rebsorte Domina, die erst in der zweiten Frostnacht, also auf Dienstag, entstanden sind.

Winzer Martin Mößlein kontrolliert am Dienstag eine seiner Rebflächen auf Frostschäden. Er geht nach den zwei sehr kalten Nächten von Ausfällen von um die 60 Prozent aus.
Foto: Stefan Pfister | Winzer Martin Mößlein kontrolliert am Dienstag eine seiner Rebflächen auf Frostschäden. Er geht nach den zwei sehr kalten Nächten von Ausfällen von um die 60 Prozent aus.

Die Entwicklung der Austriebe ist auch in seinen Weinbergen weit fortgeschritten gewesen; drei bis vier Wochen sind die Pflanzen früher dran als sonst. Er rechnet mit Ausfällen von um die 60 Prozent in diesem Jahr. Ein Glück für ihn ist, dass er eine Frostversicherung abgeschlossen hat, nachdem der letzte Frost im Jahr 2020 für Verluste gesorgt hatte. "Das hilft jetzt über die Runden", sagt Mößlein, der dennoch nicht zu sehr hadern möchte. "Wir sind bislang mit einem blauen Auge davongekommen."

Pflanzen stehen zum Teil im Wasser

Schnee und Frost haben alle Frühjahrskulturen leiden lassen, etwa Zuckerrüben, die laut Landwirt Schorr aus Donnersdorf mit ein, zwei Minusgraden besser zurechtkommen als der angeknackste Raps. Zu schaffen macht den Pflanzen auch das Wasser, das nach den örtlich über 50 Litern Niederschlag in den vergangenen Tagen auf Äckern im Wasser steht. "Die Rüben ersaufen", sagt Schorr, und ausgesäte Sonnenblumen drohten zu verschimmeln.

Auch zwei Tage nachdem die Schneelast die Rapsfelder getroffen hat, ist der Schaden deutlich sichtbar. Inwieweit der niedergedrückte Raps weiterwächst und sich später dreschen lässt, muss sich zeigen.
Foto: Felix Schorr | Auch zwei Tage nachdem die Schneelast die Rapsfelder getroffen hat, ist der Schaden deutlich sichtbar. Inwieweit der niedergedrückte Raps weiterwächst und sich später dreschen lässt, muss sich zeigen.

Am besten wäre es, es würde rasch trocken und warm werden, meint Sahlmüller aus Schallfeld. Mit Temperaturen, die nachts nicht unter fünf Grad sinken, am besten aber zweistellig blieben. Dann könnten die Pflanzen durchwachsen. Doch bis Ende der Woche können in der Region laut Prognose weiter Nachtfröste auftreten.

Im Vergleich zu anderen Landwirten und Winzern sei er mit seinem Spargel-Anbau mit einem "blauen Auge" davongekommen, sagt Christian Pretscher aus Unterspiesheim. Zwar habe es Richtung Main in der Nacht auf Dienstag bis zu minus viereinhalb Grad gegeben. Doch es seien bei ihm nicht alle Anbauflächen betroffen. Dort, wo der Frost bis unter die Folien gekommen ist, habe es den austreibenden Spargel erwischt. Doch nach zwei, drei Tagen Ernteausfall, wachsen wieder brauchbarer Stangen nach, beruhigt Pretscher.

 
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  • Jürgen Werner
    Ich persönlich habe noch keinen Raps in dieser Größe gesehen. Wurde hier vielleicht ein Teil der Wurzel mit gemessen? Was ich gefunden habe sind Informationen über eine Größe bis zu 150 cm. Man konnte ja schon in den letzten Tagen lesen, welchen Vorsprung die Vegetation hat. Maiglöckchen z.B. blühen auch bereits seit einer Woche.
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  • Andreas Gerner
    Wo der Raps dieses JAhr gut in die Gänge kam (ohne Staunässe), ist er verhältnismäßig hoch. Schon beim Öffnen der ersten Blüten war der ein oder andere Bestand (Je nach Standort, Sorte, Führung) höher als 160cm. Der Haupttrieb streckt sich dann noch um die 60 cm aus.

    Wenn alles zusammen kommt, und der Raps schon recht weit war (Haupttrieb beinahe abgeblüht, also ziemlich voll gestreckt), sind über 2m durchaus drin.

    Alles schon gehabt
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  • Thomas Pfister
    Das Jammern der Bauern auf hohem Niveau geht schon wieder los. Man könnte fast schon Mitleid haben.
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  • Andreas Gerner
    Wenn die Zeitung bei Landwirten und Winzern anruft, um sich zu erkundigen, wie groß die Schäden sind, und die Betroffenen einfach nur die Schadenquote benennen, ist das also in Ihren Augen schon "Jammern auf hohem Niveau"?

    Ihre offensichtliche Schadenfreude und das Diskreditieren der Betroffenen, wenn diese das Ganze Jahr über die Bestände auf Feldern und in den Weinbergen pflegen, dann aber über Nacht die ganze Arbeit für die Katz ist, zeigt dagegen eindrucksvoll, wie bescheiden es um Ihr menschliches Niveau bestellt ist.

    PS:
    Haben Sie auch daran gedacht, dass die nun fehlende Erntemenge an Raps für die Erzeugung von Biodiesel fehlen wird und durch mehr fossilen Diesel ersetzt werden wird ?

    Und dass das in den Trögen fehlende eiweißreiche Rapsschrot durch importiertes Sojaschrot ersetzt werden wird und dafür mitunter Regenwald gerodet wird ?

    Haben Sie bedacht, dass Raps die Nahrungsquelle Nr.1 für die Bienen ist und diese aktuell (kalt) kaum fliegen (=Honig sammeln) können ?
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  • Andreas Neinhardt
    Wo wird hier bitte gejammert?
    Ich lese nichts davon.Die betroffenen berichten über die Schäden und Fakt ist es sind enorme Schäden beim Raps aufgetreten wobei wir hier in der Region noch einigermaßen gut weggekommen sind.Laut eines Landwirtes aus Fulda muss es dort noch viel schlimmer sein.Und wenn Sie das als jammern betrachteten dann "jammern" Sie bitte nicht wenn das Rapsöl beim Supi um die Ecke nächstes Jahr zwei Euro mehr kostet.
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  • Silke Müller
    In welchem Verhältnis steht der Redakteur Michael Mößlein zum Winzer Martin Mößlein?
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  • Michael Mößlein
    Sehr geehrte Frau Müller,

    Martin Mößlein und ich tragen den gleichen Nachnamen, sind jedoch nur sehr weitläufig miteinander verwandt. Dies spielt in diesem Fall aber auch keine Rolle, denn den Part mit Martin Mößlein in diesem Artikel hat mein Kollege Stefan Pfister recherchiert und geschrieben - der übrigens in keiner Weise mit dem im Artikel vorkommenden Winzer Lukas Pfister verwandt ist.

    Mit besten Grüßen

    Michael Mößlein
    Redakteur
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  • Matthias Braun
    In welchem Verhältnis steht ihr Nachname zur bekannten Weinsorte mit dem selben Namen ? ..... sie wollen doch nicht ernsthaft mit ihrer Frage leicht der MP unterstellen dass die MP hier Personen im Artikel bevorzugt. Oder war ihre Frage für einen guten Freund.
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  • Georg Ries
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  • Gertraud Behringer
    Frau Müller hätte lieber Herrn Thurgau als Interview-Partner gehabt.
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  • Matthias Braun
    Die MP hat doch kürzlich erst über Nachnamen in der Region und ihre Häufigkeit berichtet. Es ist doch daher logisch dass Menschen den gleichen Nachnamen haben. Wenn man in jedem MP Artikel recherchieren und hintetfragen möchte ob der Autor namendlich eine Verbindung zu den Personen im Artikel hat muss man entweder sehr misstrauisch sein oder sehr viel Zeit haben.
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