"Es wird Zeit, dass wieder Leben am Plan ist, die Leute warten auf die Kärm." Was Hans-Jürgen Schwartling als Vorsitzender des Plantanzvereins ausdrückt, ist die allgemeine Vorfreude darauf, dass nach zwei Corona-Jahren endlich wieder Kirchweih vom 3. bis 11. September gefeiert werden kann: eine besondere Traditions-Kirchweih mit der Aufführung des historischen Plantanzes. Aber die Angst vor Corona-bedingten Ausfällen schwingt mit.
Die Abläufe der "Gochsumer Kärm" werden wie immer sein. Fast so wie seit dem ersten Friedensfest 1649 nach dem Dreißigjährigen Krieg, als Gochsheim und Sennfeld ihre Rechte als reichsfreie Dörfer und auf freie Ausübung ihres protestantischen Glaubens zurück erhielten. Was seitdem jedes Jahr in beiden Orten gefeiert wird und was 2016 mit der Aufnahme in das Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes honoriert wurde. Aber trotzdem "starten wir bei Null", meint Schwartling.
Will heißen, dass viele Vorbereitungen etwas zäher laufen, dass manche Helfer in den zwei Corona-Jahren aufgehört haben, mancher Schausteller nicht mehr kommen wird, mancher Stand kein Personal mehr findet. Glücklicherweise ist Jonas Räth als Planältester bei der Stange geblieben, freut sich Schwartling. Denn nach wie vor organisieren die Planburschen das Fest traditionell am ersten September-Wochenende sowie die Nachkirchweih am Wochenende darauf. Der Plantanzverein hilft vor allem als rechtlicher Beistand und bei der Abrechnung.
Sogar ein junger Sennfelder tanzt bei den zehn Planpaaren in Gochsheim mit
Organisieren heißt, ab April wöchentliche Treffen der Planpaare zur Tanzprobe, dann Weinproben für die Auswahl des Kirchweihweines. Essen und Getränke müssen bestellt, die Musik gebucht werden. "Wir haben das Glück, dass seit 39 Jahren die Mönchstockheimer aufspielen", freut sich Jonas Räth, der extra drei Wochen Urlaub für die Kirchweih genommen hat. Die Pferde für den Planbaum müssen nachgefragt werden, zuletzt die Tische und Bänke aufgestellt werden. "Manches ist nach der Corona-Pause nicht mehr so präsent, wie alles gelaufen ist", so Räth.
Entgegen erster Befürchtungen haben sich sogar zehn Planpaare zusammengefunden. Auch manches Liebespaar ist darunter. Selbst ein junger Sennfelder tanzt mit, "weil er halt ein Gochsheimer Mädle hat", wie Schwartling weiß.
Warum Gochsheims Planburschen bunt geschmückte Zylinder tragen
Auffällig für die vielen Besucher der Kärm sind die mit Bändern geschmückten Zylinder der Burschen, die jedes Jahr aufgefrischt werden müssen. "Je mehr Liebesbänder am Hut, desto mehr Mädchen hat er beworben", weiß Schwartling von den ehemals reichen evangelischen Bauernsöhnen, die Planburschen werden durften.
Um die jährliche Auffrischung der Zylinder hat sich jahrzehntelang Lisbeth Wenzel gekümmert, jetzt ist es ihr zuviel geworden, sagt Schwartling. Seine Frau Renate und ein paar andere Frauen erneuern jetzt die Eibenzweige und manche Bänder. "Da läuft so viel Arbeit im Hintergrund, das sieht man gar nicht".
Die außerordentliche Trockenheit dieses Jahres ist Grund dafür, dass erstmals das Podium am Plan, dem Dorfplatz, nicht mit Wedeln aus dem Wald geschmückt wird. "Wir sind froh, wenn wir ein paar Fichtli bekommen", die von den Fichtenburschen an den Wirtschaften aufgestellt werden. Jetzt werden eben Grasmatten, wie beim Schmuck der Erntedankwagen, das Podium verzieren, sagt der Vorsitzende des Heimat- und Volkstrachtenvereins.
Der Planbaum ist übrigens ebenfalls eine Fichte. "Die wird so wie gewachsen aufgestellt, zwölf bis 15 Meter hoch", erklärt Schwartling. Im Nachbarort Sennfeld dagegen wird die Spitze traditionell an den Stamm angeschraubt.
Was die Kleidung der Planmädchen anbelangt, so tragen diese schon seit vielen Jahrzehnten keine Tracht mehr, sondern der Mode entsprechende Sommerkleider beziehungsweise seit einiger Zeit knöchellange Dirndl. "In den 70er Jahren haben sie mit Mini-Dirndl getanzt", erinnert sich der Vereinsvorsitzende. "Da sind die alten Frauen aber losgegangen." Für das bevorstehende Hochfest wirft sich Gochsheim in Schale. "Da werden die Straßen gekehrt und Hoftore gestrichen", weiß Schwartling. Er freut sich auf die Kärm und hofft nur, dass sie kein Corona-Hotspot wird.