Seit 1649 wird in Sennfeld und in Gochsheim jedes Jahr das Friedensfest gefeiert, aus Freude über die Wiedererlangung der Reichs- und Religionsfreiheit. Nur in Kriegszeiten musste die Tradition unterbrochen werden. Jetzt aber verhindert die Corona-Pandemie zum zweiten Mal, dass die beiden Orte ihr traditionelles Hochfest, das als Immaterielles Weltkulturerbe eingetragen ist, feiern können: Beide Nachbargemeinden haben ihre Kirchweih am ersten Septemberwochenende abgesagt.
Die beiden Bürgermeister Oliver Schulze (Sennfeld) und Manuel Kneuer (Gochsheim) fassten gemeinsam diesen Entschluss, in Absprache mit den ausrichtenden Vereinen, dem Trachtenverein "Die Semfleder" und dem Gochsheimer Plantanzverein sowie dem dortigen Planältesten Jonas Räth. Mit der "Kirm" oder "Kerm" vom 4. bis 6. September müssen auch das Grenzsteinfest an der Gemarkungsgrenze beider Orte sowie die Nachkirchweih am darauffolgenden Wochenende ausfallen, bedauern die Verantwortlichen.
Söder hat nahegelegt, auf volksfestartige Veranstaltungen komplett zu verzichten
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte den Gemeinden nahegelegt, auf volksfestartige Veranstaltungen komplett zu verzichten, erläutert der Gochsheimer Bürgermeister auf Nachfrage der Redaktion. Solche Großveranstaltungen seien im Sinne des Schutzes der Bevölkerung nicht verantwortbar.
Dass es Corona-bedingt auch heuer keine Kirchweih geben wird, lag nahe, sagt Helmut Büschel, in Sennfeld Vorsitzender des Trachtenvereins, der seit 1948 das Fest ausrichtet. Eine Kontrolle der mehreren tausend Besucher wäre schlichtweg nicht möglich. Denn der Plan, der Veranstaltungsplatz vor dem Rathaus, habe viele Zugangswege, die man nicht überwachen könne.
Zudem müssten die Besucher weiterhin Abstand einhalten und Maske tragen. Aber ein Plantanz mit Maske oder ein Aufstellen des Planbaumes mit Maske und Abstand, ein Feiern überhaupt sei für ihn nicht vorstellbar. Wenn die Gäste tanzen würden, und nicht immer mit dem gleichen Partner, könne das nicht kontrolliert werden.
Büschel: "Wenn wir weiter abwarten, finden wir keine Planpaare mehr"
"Das Problem ist, wenn wir weiter abwarten, finden wir keine Planpaare mehr", erklärt Büschel. Die Planpaare müssten nämlich noch ausgebildet werden, müssten die fränkischen Rundtänze lernen und in die Tracht eingekleidet werden. Diese Kleidung müsse je nach Figur umgeändert werden. "Da reicht sonst die Zeit nicht mehr dafür". Die Entscheidung musste also jetzt gefällt werden, folgert er.
Auch für Sennfelds Bürgermeister Oliver Schulze ist diese Entscheidung bitter, aber notwendig. "Wir mussten das jetzt beschließen, denn die Lieferanten der Kirchweih wie Metzger oder Bäcker brauchen Vorlauf und müssen ihre Bestellungen machen", weiß er. Und auch die Ständebetreiber müssten rechtzeitig planen.
Eine "abgespeckte Form" des höchsten Traditionsfestes ist weder für Schulze noch für Kneuer vorstellbar. Denn auch dann bestünde die Gefahr, dass viele Menschen zusammentreffen. Und keinesfalls wollten die Gemeinden zu einem Corona-Hotspot werden.
In der Allianz Schweinfurter Mainbogen feiert traditionell auch die Gemeinde Schwebheim ihre Kirchweih, allerdings zwei Wochen später, am dritten und vierten September-Wochenende. Der Ausrichter, der TSV Schwebheim, habe die Gemeinde gebeten, eine Absage des Festes noch abzuwarten, erklärt Bürgermeister Volker Karb. Man wolle die Inzidenz beobachten und vor allem auf die neue Infektionsschutzverordnung der Staatsregierung am 4. Juli warten, so der Wunsch. "Wenn da wieder drinsteht, dass auf volksfestartige Feiern verzichtet werden soll, dann müssen wir aber auch absagen", so Karb.