Kirchweih oder "Kirm" in Sennfeld ist mehr als Weihnachten und Ostern zusammen. Erst recht in diesem Jahr, nachdem das Fest aller Feste Corona-bedingt zweimal ausfallen musste. Vom 3. bis 5. September sowie an der Nachkirchweih am 11. September wird nun wieder auf dem Plan getanzt, die Planburschen lassen ihr "Vivat" ertönen und das Friedens- und Freudenfest wird fast so gefeiert wie seit 1649.
"Ein paar Neuerungen gibt es in diesem Jahr schon", erklärt Helmut Büschel, Vorsitzender des Volkstrachten-Erhaltungsvereins "Die Semflder". Dieser richtet seit 1949 kontinuierlich und gemeinsam mit der Gemeinde die "Kirm" aus. Und er richtet sich natürlich auch nach den Jahrhunderte alten Bräuchen, die das Fest begleiten.
Denn gefeiert wird dieses schon, seit Sennfeld und sein Nachbardorf Gochsheim ihre Reichs- und Religionsfreiheit vor 373 Jahren wieder erlangten. Während des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648) waren diese verlorengegangen. 1635 wurden die beiden reichsunmittelbaren Dörfer, die bislang ausschließlich dem Kaiser unterstanden, dem katholischen Würzburger Fürstbischof zum Lehen gegeben. Die Orte klagten, letztendlich erfolgreich, und erhielten 1649 ihre Rechte zurück.
Wie es Gochsheim und Sennfeld zum immateriellen Unesco-Kulturerbe geschafft haben
Aus Freude darüber wurde am ersten Sonntag im September ein Friedensfest gefeiert. Und danach jedes Jahr wieder. Mit dem Bau der neuen Dreieinigkeitskirche 1705 wurde das Fest mit dem Kirchweihfest zusammengelegt. Die beiden traditionsreichen Friedens- und Freudenfeste von Sennfeld und Gochsheim schafften es 2016 sogar in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Unesco-Kulturerbes.
Zu den alten, unveränderten Bräuchen zählt bis heute das Einholen des Planbaumes mit einem Pferdegespann. "Das hat 30 Jahre lang Walter Magerhans mit seinen Pferden für uns erledigt", erzählt Büschel. Aber aus Altersgründen ging das nicht mehr, so dass der Verein fieberhabt einen Nachfolger suchte. In Iphofen wurde er schließlich bei einem Kutschenfahrer fündig, der nun die Fichte durchs Dorf zum Plan fahren wird.
Aufstellt wird der Baum wie eh und je mit alten Geräten und Muskelkraft
Mit alten Geräten und Muskelkraft wird seit jeher der Baum am Kirchweih-Samstag aufgestellt. "Bisher hat die Feuerwehr die Girlanden am Baum mit einer ausfahrbaren Leiter angebracht", sagt Büschel. Weil diese aber nicht mehr TÜV-tauglich ist, muss heuer ein Hubsteiger herhalten.
Zur Tradition zählt am Sonntag der Gottesdienst, seit einiger Zeit im Freien und nicht in der Kirche. Pfarrerin Nadine Jung-Gleichmann wird dabei ihre erste Kirchweihpredigt halten. Dann folgen die Planrede der Planburschen und das "Aushätschen der Gänsdreckli". Das ist der dreimalige Tanz der Planburschen mit kleinen Mädchen rund um den Planbaum. Früher wurde durch diesen Eröffnungstanz der Platz, der vom Kot der Hühner und Gänse verschmutzt war, "ausgehätscht", also plattgetreten und gereinigt. Der Tanz soll aber auch die Unbescholtenheit symbolisieren.
In streng geregelter Reihenfolge zeigen zunächst die Planpaare in ihren prächtigen historischen Trachten fränkische Rundtänze. Dann werden von ihnen die Ehrengäste und Eltern auf die Tanzfläche geholt, bevor die Bühne für alle freigegeben wird.
Schon immer mussten die Planburschen und -mädchen unverheiratet sein und einen tadellosen Lebenswandel aufweisen. "Früher mussten beide Tanzpartner aus Sennfeld sein, heute nur noch einer", erklärt Büschel. Sogar ein junger Mann aus Rostock ist heuer unter den fünf Planpaaren. "Er ist sehr engagiert und will die Tänze unbedingt lernen." Walzer, Rheinländer, Schottisch, Dreischritt, Bauramädla – die fränkischen Rundtänze werden den jungen Leuten seit Juli von Tanzleiterin Susanne Rieß sowie zweitem Tanzleiter Maximilian Eichhorn beigebracht.
In diesem Jahr wird es nicht nur eine Ehrentour für Planpaar-Jubilare geben
Der Kirchweihmontag gehört traditionell den Planpaar-Jubilaren, die eine Ehrentour tanzen dürfen. "Wir geben heuer auch den ausgefallenen Jubilar-Jahrgängen von 2020 und 2021 eine Ehrentour", erklärt Büschel. Dazu werden die Männer und Frauen vom Trachtenverein entsprechend ausgestattet: Die Männer mit Zylinder und schwarzem Gehrock, dem "Stöß", die Frauen mit Sträußchen.
Dass die Vorbereitungen zur Kirchweih richtig anstrengend sind, gesteht Büschel ein. Und vieles muss nach dem Corona-Ausfall der beiden letzten Jahre erst wieder neu belebt werden.