Alle Jahre wieder kommt die Sitzung, in der sich alle Baumfreunde Schweinfurts die Ohren zuhalten müssen: Das Thema Baumfällungen stand im Umweltausschuss auf der Agenda. Der Servicebetrieb hat 25.000 Bäume zu betreuen, eigens eingestellte Baum-Beobachter laufen die Stadt ab und schauen, wie es den fürs städtische Klima so wichtigen Bäumen geht.
85 von ihnen geht's jetzt im Winter an den Kragen, sie sind abgestorben, starben meist den sich über Jahre erstreckenden Hitzetod und müssen aus Gründen der Verkehrssicherheit entfernt werden. Der Servicebetrieb kümmert sich um Nachpflanzungen, zumindest das gibt Hoffnung. Manchmal gibt es auch an ungewöhnlicher Stelle Baum-Nachwuchs – nämlich mitten auf vielbefahrenen Straßen.
Als einer derjenigen, der vor einigen Jahren die Baumschutzverordnung der Stadt Schweinfurt maßgeblich kippte, steht Rüdiger Köhler in Sachen Bäume bei den Baumschützern immer unter Generalverdacht. Beim Thema Ernst-Sachs-Straße sorgte der CSU-Baufachmann, der selten ein Blatt vor den Mund nimmt, aber für erfrischend ehrliche Worte.
Die Planung der Verwaltung, bei der seit einigen Wochen laufenden Sanierung der Straße zwei Bauminseln mit je zwei Bäumen einzubauen, weil das Alleen-Konzept wegen der vielen Leitungen der Industriebetriebe nicht funktioniert, fand Köhler schon bei der ersten Vorstellung im Sommer suboptimal, um es höflich auszudrücken.
Nun müssen Tiefbauamtsleiter Christian Meckel und Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) die Ohren geklingelt haben: "Schad' für die Mühe, macht's halt in Gottes Namen, aber ich finde, es ist Käse." Zack, Bumm, der erste Streich, der zweite folgte zugleich, als Köhler die Straßenführung wegen der Bäume ins Visier nahm: Denn mehrmals wechselt man von zwei Spuren auf eine, um wieder zweispurig und darauf wieder einspurig zu sein. "Das ist völlig gaga." Oder, wie es Freie-Wähler-Stadtrat Adi Schön, immerhin ehemaliger Polizist, sagte: "Eine Sollstelle für Unfälle."
Wir hätten es als Glossen-Schreiber nie zu träumen gewagt, dies jemals so offen zugeben zu können, aber ja, in diesem Fall hat ein CSUler wirklich Recht. Diese Bäume in der Mitte der Ernst-Sachs-Straße sind genau das: Gaga. Da kann man einem Amtsleiter des Straßenbauamtes durchaus glauben.
In Sachen Bäume an ungewöhnlichen Stellen hat die Stadtverwaltung ja Erfahrung, erinnert sei an dieser Stelle an einen anderen Geniestreich, in diesem Fall des für die Carus-Allee verantwortlichen Architektur-Büros: Bäume mitten auf einem Basketballfeld. Erhöht den Reiz, denn man dribbelt bekanntlich nicht nur um die Gegenspielerinnen und Gegenspieler herum, sondern auch gleich noch um Bäume. Kann man so bauen, muss man aber nicht.
Mario Barth, der Lieblings-TV-Komiker der Stadtverwaltung, hatte das Thema Carus-Allee bekanntlich schon in seiner Sendung. Er hat sich das Thema Unfälle in der Schweinfurter Ernst-Sachs-Straße wegen Baum-Betrachtens mutmaßlich auf Wiedervorlage gelegt. Umweltreferent Jan von Lackum brachte es in der Straßen-Diskussion auf den Punkt: "Wir haben zu wenig Mut, Bestehendes zu hinterfragen." Die neuen Bäume wurden übrigens genehmigt.
