77 Park- und Straßenbäume werden die Stadtgärtner fällen. Die Todesursache ist eindeutig. Die Folgen der Trocken- und Hitzejahre 2018, 2019 und 2020 lichten das Stadtgrün aus. Der kühlere und feuchtere Sommer 2021 brachte den 77 Bäumen keine Genesung. Auch waren und sind die allenthalben durch Hitze und Trockenheit geschädigten Stadtbäume Opfer von Schädlingen aus der Tier- und Pflanzenwelt. Die 77 Bäume von zumeist stattlicher Größe entsprechen laut Bayerischer Forstverwaltung knapp einem Hektar Wald. Wo immer möglich werden die Stadtgärtner nachpflanzen und dabei Baumarten bevorzugen, die Trockenheit und Hitze vertragen wie etwa Silberlinden, Perlschnurbäume, Blumenesche, Blasenesche, Wein- und Feldahorn. Bis der Ersatz ausgewachsen ist, werden jedoch Jahrzehnte vergehen.
Viele Hainbuchen, Eichen und Birken
Die Motorsägen werden überall im Stadtgebiet aufheulen, insbesondere in den Wehranlagen, am Deutschhof und rund um das Sommerbad. Die Hainbuche führt die Liste der stark geschädigten und abgestorbenen Kandidaten an (15), gefolgt von der Eiche (12), der Birke und dem Ahorn (jeweils 11), von Weißdorn, Eberesche, Fichte, Linde und Robine (jeweils 4) sowie der Trauben- und der Vogel-Kirsche (je 2). Ulme, Pappel, Birne, Weide, Hasel, Buche, Blutpflaume, Lärche und Kiefer steuern je ein Exemplar bei.
Als besonders kritisch stuft Stadtgärtner Markus Peter die Situation bei der Hainbuche und dem Spitzahorn wie auch bei der die sandigen Standorte liebenden Birke ein. Dass es den Bäumen in den Grünanlagen besser als den Straßenbäumen geht, führt Peter auf eine erhöhte Hitzerückstrahlung durch die Bebauung und vor allem auf die schlechte Wasserversorgung im Wurzelraum zurück. Grundsätzlich sei die Stadt für die ansonsten in den Wäldern stehenden Bäume ein feindliches Terrain. Bodenversiegelung, Leitungen und Rohre im Untergrund würden die Lage bei der Durchwurzelung zuspitzen. Besonders geschädigt sind die Bäume in der Rhönstraße, Fritz-Drescher-Straße, am John-F.-Kennedy-Ring und an der Niederwerrner Straße.
Regen fließt über Asphalt in den Kanal
Die Erde in den oft viel zu kleinen Baumscheiben der Straßenbäume könne selbst da, wo sie nicht verdichtet ist, kaum Regen aufnehmen, weil das Blätterdach des Baums das dringend benötigte Nass auf die Straße oder den Gehweg ableite, so Peter. Selbst bei Starkregen fließe von dort auch nichts zurück zum Baum, weil häufig Aufkantungen die Baumscheiben vor Streusalz und dem Überfahren durch Autos schützen. Auch meint der Stadtgärtner, dass der Regen der vergangenen Monate den älteren und damit tiefer wurzelnden Bäumen noch nichts gebracht habe – vor allem wegen des weitaus höheren Wasserbedarfs als bei jüngeren Exemplaren. Die Versickerung von Regen ins Grundwasser gibt der Stadtgärtner mit einem Zentimeter pro Jahr auf durchschnittlichen Böden an. Auch werde das Grundwasser kaum im Sommer (hohe Verdunstung und Verbrauch durch Pflanzenwachstum), sondern vor allem im Winter aufgefüllt. Diese seien seit Jahren niederschlagsarm ausgefallen.
"Die meisten der 25 000 Bäume des öffentlichen Grüns in der Stadt sind aber vital", sagt Peter. Spätfolgen der drei trockenen Sommer noch in den kommenden Jahren seien jedoch möglich. Ein Baum müsse zu Beginn der Wuchsperiode neben dem Blattwerk auch die für die Wasseraufnahme zuständigen Feinwurzeln wie auch die Leitungsbahnen (Bildung von Jahresringen) erneuern. Bei Trockenschäden seien diese Prozesse reduziert, und der Baum sei nicht in der Lage, die Krone ausreichend mit Wasser und Nährstoffen zu versorgen. Mit dem Defizit bei der Belaubung und der sinkenden Vitalität verringere sich zudem die Widerstandskraft der Pflanze gegen Pilzerkrankungen. Die Folgen der Schädigungen aus den Vorjahren würden also kurz- bis mittelfristig in Form von Blattrandnekrosen (erst braune Ränder, dann ausgetrocknetes Blattwerk), abgestorbenen Zweigen und Feinästen und Totholz, langfristig in Form von Fäulnis und dem Absterben des Baums auftreten.
Pflanzquartiere für resistente Bäume vorbereiten
Bei Neupflanzungen will das Stadtgartenamt die Pflanzquartiere verbessern, damit der Boden seine Funktion als Wurzelraum und Wasserspeicher möglichst gut erfüllen kann. Auch werden Substrate, die das Wurzelwachstum unterstützen, Wasser speichern und den Luft- und Nährstoffhaushalt optimieren, eingesetzt. Bei den Baumarten sei auf die Verträglichkeit von Hitze und Trockenheit verstärkt zu achten. Die Baumschulen hätten hierauf reagiert und würden resistente Arten wie etwa den Weinahorn, die Blumenesche oder den Perlschnurbaum im Sortiment haben.
Heuer haben die Stadtgärtner sehr viel Totholz aus den Baumkronen geholt. Bei der halbwegs kühlen und feuchten Witterung gediehen die Neuanpflanzungen. Mit Rückschnitten an geschädigten Bäumen konnte in einzelnen Fällen die Vitalität eines Baumes gestärkt werden. Während der gesamten Wachstumsperiode waren täglich wieder die drei Tankfahrzeuge unterwegs, die Blumenbeete und Bäume mit stets 100 bis 150 Kubikmeter Mainwasser versorgten. In Vorbereitung ist das Einbringen von Sensoren in die Erde, damit man nicht nur weiß, wo es in Schweinfurt, sondern auch in welchen Tiefen des Wurzelraums es besonders trocken ist und wie viel Wasser den Bäumen zur Verfügung steht, damit bedarfsgerechter gewässert werden kann.
Über 400 ltr Wasser verdunstet eine große Buche oder Eiche an jedem heißen Tag, haben kürzlich auch die Würzburger Grünen genannt.
Was sind da 20,30 ltr Regen, die in der Stadt oft noch von den Blättern auf den Asphalt abgeleitet werden?
Das von der Stadt ausgebrachte Gießwasser würde somit gerade mal für 400 Bäume reichen.