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Schweinfurt
Folgen des Klimawandels: Schweinfurts Stadtgärtner müssen 77 Bäume fällen
Der Regen im Sommer hat den 25 000 Stadtbäumen auf öffentlichen und nochmals so vielen auf privatem Grund eine Verschnaufpause gebracht. Für einen Hektar Bäume kam das zu spät.
Trockenheit und Hitze haben die Stadtbäume gestresst. Schäden gibt es nicht nur am Straßenrand, sondern auch in den Grünanlagen, wie hier an den Kastanien in den Wehranlagen.
Foto: Gerd Landgraf | Trockenheit und Hitze haben die Stadtbäume gestresst. Schäden gibt es nicht nur am Straßenrand, sondern auch in den Grünanlagen, wie hier an den Kastanien in den Wehranlagen.
Gerd Landgraf
Gerd Landgraf
 |  aktualisiert: 08.02.2024 21:02 Uhr

77 Park- und Straßenbäume werden die Stadtgärtner fällen. Die Todesursache ist eindeutig. Die Folgen der Trocken- und Hitzejahre 2018, 2019 und 2020 lichten das Stadtgrün aus. Der kühlere und feuchtere Sommer 2021 brachte den 77 Bäumen keine Genesung. Auch waren und sind die allenthalben durch Hitze und Trockenheit geschädigten Stadtbäume Opfer von Schädlingen aus der Tier- und Pflanzenwelt. Die 77 Bäume von zumeist stattlicher Größe entsprechen laut Bayerischer Forstverwaltung knapp einem Hektar Wald. Wo immer möglich werden die Stadtgärtner nachpflanzen und dabei Baumarten bevorzugen, die Trockenheit und Hitze vertragen wie etwa Silberlinden, Perlschnurbäume, Blumenesche, Blasenesche, Wein- und Feldahorn. Bis der Ersatz ausgewachsen ist, werden jedoch Jahrzehnte vergehen.

Viele Hainbuchen, Eichen und Birken

Die Motorsägen werden überall im Stadtgebiet aufheulen, insbesondere in den Wehranlagen, am Deutschhof und rund um das Sommerbad. Die Hainbuche führt die Liste der stark geschädigten und abgestorbenen Kandidaten an (15), gefolgt von der Eiche (12), der Birke und dem Ahorn (jeweils 11), von Weißdorn, Eberesche, Fichte, Linde und Robine (jeweils 4) sowie der Trauben- und der Vogel-Kirsche (je 2).  Ulme, Pappel, Birne, Weide, Hasel, Buche, Blutpflaume, Lärche und Kiefer steuern je ein Exemplar bei.

Die Hainbuche galt lange als ein Baum für den Klimawandel. Jetzt steht sie auf der Liste der zu fällenden Schadbäume ganz oben.
Foto: Gerd Landgraf | Die Hainbuche galt lange als ein Baum für den Klimawandel. Jetzt steht sie auf der Liste der zu fällenden Schadbäume ganz oben.

Als besonders kritisch stuft Stadtgärtner Markus Peter die Situation bei der Hainbuche und dem Spitzahorn wie auch bei der die sandigen Standorte liebenden Birke ein. Dass es den Bäumen in den Grünanlagen besser als den Straßenbäumen geht, führt Peter auf eine erhöhte Hitzerückstrahlung durch die Bebauung und vor allem auf die schlechte Wasserversorgung im Wurzelraum zurück. Grundsätzlich sei die Stadt für die ansonsten in den Wäldern stehenden Bäume ein feindliches Terrain. Bodenversiegelung, Leitungen und Rohre im Untergrund würden die Lage bei der Durchwurzelung zuspitzen. Besonders geschädigt sind die Bäume in der Rhönstraße, Fritz-Drescher-Straße, am John-F.-Kennedy-Ring und an der Niederwerrner Straße.

Regen fließt über Asphalt in den Kanal

Die Erde in den oft viel zu kleinen Baumscheiben der Straßenbäume könne selbst da, wo sie nicht verdichtet ist, kaum Regen aufnehmen, weil das Blätterdach des Baums das dringend benötigte Nass auf die Straße oder den Gehweg ableite, so Peter. Selbst bei Starkregen fließe von dort auch nichts zurück zum Baum, weil häufig Aufkantungen die Baumscheiben vor Streusalz und dem Überfahren durch Autos schützen. Auch meint der Stadtgärtner, dass der Regen der vergangenen Monate den älteren und damit tiefer wurzelnden Bäumen noch nichts gebracht habe – vor allem wegen des weitaus höheren Wasserbedarfs als bei jüngeren Exemplaren. Die Versickerung von Regen ins Grundwasser gibt der Stadtgärtner mit einem Zentimeter pro Jahr auf durchschnittlichen Böden an. Auch werde das Grundwasser kaum im Sommer (hohe Verdunstung und Verbrauch durch Pflanzenwachstum), sondern vor allem im Winter aufgefüllt. Diese seien seit Jahren niederschlagsarm ausgefallen.  

Das Ausschneiden im Kronenbereich der Bäume an der Niederwerrner Straße sollte stabilisieren. 
Foto: Gerd Landgraf | Das Ausschneiden im Kronenbereich der Bäume an der Niederwerrner Straße sollte stabilisieren. 

"Die meisten der 25 000 Bäume des öffentlichen Grüns in der Stadt sind aber vital", sagt Peter. Spätfolgen der drei trockenen Sommer noch in den kommenden Jahren seien jedoch möglich. Ein Baum müsse zu Beginn der Wuchsperiode neben dem Blattwerk auch die für die Wasseraufnahme zuständigen Feinwurzeln wie auch die Leitungsbahnen (Bildung von Jahresringen) erneuern. Bei Trockenschäden seien diese Prozesse reduziert, und der Baum sei nicht in der Lage, die Krone ausreichend mit Wasser und Nährstoffen zu versorgen. Mit dem Defizit bei der Belaubung und der sinkenden Vitalität verringere sich zudem die Widerstandskraft der Pflanze gegen Pilzerkrankungen. Die Folgen der Schädigungen aus den Vorjahren würden also kurz- bis mittelfristig in Form von Blattrandnekrosen (erst braune Ränder, dann ausgetrocknetes Blattwerk), abgestorbenen Zweigen und Feinästen und Totholz, langfristig in Form von Fäulnis und dem Absterben des Baums auftreten.

Pflanzquartiere für resistente Bäume vorbereiten

Bei Neupflanzungen will das Stadtgartenamt die Pflanzquartiere verbessern, damit der Boden seine Funktion als Wurzelraum und Wasserspeicher möglichst gut erfüllen kann. Auch werden Substrate, die das Wurzelwachstum unterstützen, Wasser speichern und den Luft- und Nährstoffhaushalt optimieren, eingesetzt. Bei den Baumarten sei auf die Verträglichkeit von Hitze und Trockenheit verstärkt zu achten. Die Baumschulen hätten hierauf reagiert und würden resistente Arten wie etwa den Weinahorn, die Blumenesche oder den Perlschnurbaum im Sortiment haben. 

Gepflegter Rasen statt Colorado-Tanne. Der für das Stadtklima und die zunehmende Trockenheit geeignete Baum stand an Weihnachten auf dem Marktplatz.
Foto: Gerd Landgraf | Gepflegter Rasen statt Colorado-Tanne. Der für das Stadtklima und die zunehmende Trockenheit geeignete Baum stand an Weihnachten auf dem Marktplatz.

Heuer haben die Stadtgärtner sehr viel Totholz aus den Baumkronen geholt. Bei der halbwegs kühlen und feuchten Witterung gediehen die Neuanpflanzungen. Mit Rückschnitten an geschädigten Bäumen konnte in einzelnen Fällen die Vitalität eines Baumes gestärkt werden. Während der gesamten Wachstumsperiode waren täglich wieder die drei Tankfahrzeuge unterwegs, die Blumenbeete und Bäume mit stets 100 bis 150 Kubikmeter Mainwasser versorgten.  In Vorbereitung ist das Einbringen von Sensoren in die Erde, damit man nicht nur weiß, wo es in Schweinfurt, sondern auch in welchen Tiefen des Wurzelraums es besonders trocken ist und wie viel Wasser den Bäumen zur Verfügung steht, damit bedarfsgerechter gewässert werden kann.

 
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  • erich-waldherr
    Die Bäume in den Wehranlagen stehen doch nahe am Main. Da soll es zu wenig Wasser geben?
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  • Diese Fällungen sind Attacken gegen Umweltschutz. Ich bin größter Fan von Umweltschutz, wohingegen ich größter Skepikter bin was Klimaschutzpolitik angeht. Die schöne Kirsche mit tausenden Blüten im Frühjahr in der Grünanlage zwischen Bergl und Geldersheim neben Kläranalge war NIE krank gewesen. Und wurde gefällt... Mir wird zu viel gefällt. Totholz ist ja auch gut für die Umwelt. Warum lässt man das nicht einfach erstmal stehen. Das sieht mir auch nicht nach Gefahr im Verzug aus!!!
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  • rasputin32
    Die Schäden sind nicht erst in den letzten 3 Jahren entstanden. An gefällten Bäumen sieht man, das der Stamm schon seit Jahren von innen abstirbt und fault.
    Über 400 ltr Wasser verdunstet eine große Buche oder Eiche an jedem heißen Tag, haben kürzlich auch die Würzburger Grünen genannt.
    Was sind da 20,30 ltr Regen, die in der Stadt oft noch von den Blättern auf den Asphalt abgeleitet werden?
    Das von der Stadt ausgebrachte Gießwasser würde somit gerade mal für 400 Bäume reichen.
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  • wochacha
    Stadtgärtner verbreitet Klimafake= 0,308% der Bäume geschädigt. Für mich sehr gesunde Stadtbäume. Siehe Waldzustandsbericht Bayern.
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