Lokalpatriotismus ist ja grundsätzlich etwas Schönes. In Schweinfurt gibt es dabei ein Phänomen, mit dem man immer punkten kann. Ein Generalschuldiger sozusagen, bei dem sich immer alles abladen lässt, wenn irgendwie etwas schief geht und man die Chance hat, von eigenen Verfehlungen leicht und locker abzulenken. Was für die CSU im derzeit tobenden Landtags-Wahlkampf die Grünen sind, ist für den Schweinfurter Würzburg. Quell des Kopfschüttelns.
Würzburg – die Stadt, die beim Hafensommer doch tatsächlich nur Vegetarisches verkaufen wollte. Würzburg – die Stadt, in der die Kickers spielen, der fußballerische Erzfeind des FC 05 Schweinfurt (im Gegensatz zum Würzburger FV, dem fußballerischen Lieblingsklub der FC-05-Fans außerhalb der eigenen Stadt). Würzburg – die Stadt, wo die Beamten das Sagen haben und nicht die Macher und Schaffer wie in Schweinfurt. Würzburg – die Stadt, in der Partylieder wie "Layla" verboten werden. Würzburg – die Stadt des Kopfschüttelns. Jedenfalls wenn's ein Schweinfurter Kopf ist.
A propos Vegetarisches beim Hafensommer. Da mussten wir ja gleich auf die Speisekarte für das Schweinfurter Volksfest schauen, um sicherzugehen, dass die Stadt, die sich für die Erfindung der Schlachtschüssel rühmt und dafür, dass dabei ein ganzes Schwein ratzeputz aufgegessen wird, nicht auf Ideen kommt, die das Stammpublikum sagen wir mal irritieren könnten. Im Steigerwald können sie ein Lied davon singen, wie wichtig für das Schweinfurter Publikum auf Sonntagsausflug die Tatsache ist, dass das Schnitzel über den Tellerrand schaut.
Die Fleischliebhaber können sich gleich wieder beruhigen, es droht kein Unbill, sondern es gibt wie immer maßvolles, friedliches Miteinander auf einem Volksfest, das diesen Namen verdient. Haxen, Bratwürste, Steaks, Steckerlfisch, was das Herz des Fleisch-und-Fisch-Essers begehrt. Doch natürlich sind auf dem Schweinfurter Volksfest alle willkommen, also auch diejenigen, die einen veganen Burger zu schätzen wissen wie die klassischen Kässpatzen oder einen Maiskolben mit lecker Kräuterbutter. Mit dem ganzen Süßkram fangen wir jetzt gar nicht an.
Wer angesichts des ganzen Programms auf dem Volksfest von Schlagerstar Bata Illic über Country-Musik bis zur vom Oktoberfest bekannten "Bayernmafia" Band ein wenig Erholung auf dem Land braucht, dem empfehlen wir einen Besuch bei der Bergrheinfelder Kulturwoche. Ist ja quasi um die Ecke und geht leicht und locker mit dem Rad oder dem Stadtbus.
Dort gibt es am 15. Juni ein besonderes Schmankerl, es sei auch den Würzburger Hafensommer-Planern empfohlen: "Fleisch ist mir nicht Wurscht", ein literarischer Abend mit Klaus Reichert, dem Journalisten, Metzgersohn und vor allem Autor des wunderbaren Buchs "Esst mehr Worscht. Die Welt von hinter der Fleischtheke." Wie heißt es so schön in der Ankündigung: "Ein aufrüttelnd-humorvolles Plädoyer für einen Fleischkonsum mit Maß und Anspruch".