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SCHWEINFURT
Geste der Gemeinsamkeit
Fastenmonat Ramadan: Die Ditib-Moschee hat Asylbewerber zum traditionellen Fastenbrechen eingeladen
Anstehen an der Essensausgabe: Die Gäste aus der Erstaufnahmeeinrichtung werden umstandslos willkommen geheißen.
Foto: Josef Lamber | Anstehen an der Essensausgabe: Die Gäste aus der Erstaufnahmeeinrichtung werden umstandslos willkommen geheißen.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 26.04.2023 23:50 Uhr

Für die Kinder ist Ramadan ein Riesenspaß. Alle kommen abends zum Fastenbrechen zusammen, es sind Zelte aufgebaut, weil längst nicht alle in die Moschee passen, es gibt jede Menge Spielgefährten, man darf aufbleiben und toben bis in die Nacht hinein.

Für die Erwachsenen ist der Fastenmonat eine Zeit des Verzichts, der Begegnung und der inneren Einkehr. Zum fünften Mal feiert die Gemeinde der Schweinfurter Ditib-Moschee den ganzen Ramadan über jeden Abend gemeinsam das Fastbrechen. Etwa 350 Menschen kommen während der Woche, bis zu 500 am Wochenende.

Gäste aus der Erstaufnahmeeinrichtung

Am diesem Dienstag und Mittwoch sind es noch einige mehr: Auf Initiative der Grünen-Stadträtin Ayfer Fuchs und mit Unterstützung des Integrationsbeirats hat die Moschee die Muslime der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber zum gemeinsamen Mahl eingeladen, am Donnerstag sind sie dann im Interkulturellen Begegnungszentrum für Frauen zu Gast. 35 sind der Einladung in die Moschee gefolgt – meist junge Männer, aber auch drei Familien.

Die Frauen und ein Kleinkind hat Özcan Durukan, Kassier des Ditib-Vereins und stellvertretender Vorsitzender des Integrationsbeirats, mit dem Auto abgeholt, die anderen sind mit Ayfer Fuchs und Asylsozialberaterin Stefanie Bader zu Fuß gekommen.

Das gemeinsame Fastenbrechen nach Sonnenuntergang hat Yasin Yavuz, Vorsitzender des Trägervereins der Moschee, bei seinem Amtsantritt 2011 eingeführt. Inzwischen ist die fröhliche allabendliche Begegnung der Generationen in und um die Moschee zu einem wichtigen Bestandteil des Gemeindelebens geworden. Frauen und Männer sitzen getrennt, das Bindeglied sind die Kinder, die aufgedreht zwischen den beiden Gruppen pendeln.

Von den Familien wird erwartet, dass sie für den gesamten Ramadan 150 Euro spenden, willkommen ist aber grundsätzlich jeder, egal, ob er spendet oder nicht. „Der Ramadan ist auch eine Zeit der Wohltätigkeit“, sagt Yasin Yavuz.

Täglich drei Gänge für ein paar Hundert Menschen 

Über den Ditib-Dachverband, der wiederum direkt der türkischen Regierung untersteht, hat die Moschee für diese Zeit auf Anfrage einen Koch aus der Türkei zugeteilt bekommen. Die Gemeinde trägt die Kosten, der Koch sorgt täglich für Suppe, Hauptspeise mit Beilagen und Nachtisch für ein paar Hundert Menschen. An Helfern mangelt es dabei nicht, im Gegenteil: Angesichts allzu vieler gut gemeinter Ratschläge sollte der Profi gute Nerven haben, sagt Yavuz. Das ist in diesem Jahr der Fall, der Koch verbringt schon seinen zweiten Ramadan in Schweinfurt.

Vor ein paar Jahren hatten sie Pech. Da schickte Ankara einen Hochstapler, der gar nicht kochen konnte. „Wir haben dann versucht, das gemeinsam zu stemmen, aber nach sieben Tagen mussten wir ihn doch heimschicken und einen anderen Koch anfordern“, erzählt Yasin Yavuz.

Englisch hilft beim Unterhalten

Jetzt steht Yavuz am Eingang des Moschee-Geländes und heißt die Gäste willkommen. Sie kommen vor allem aus Afghanistan, einige aus Syrien. Über die Grußformel Salem Aleikum hinaus gibt es keine sprachlichen Gemeinsamkeiten, man behilft sich mit Englisch, aber bald haben sich die Neuankömmlinge ohnehin umstandslos in die Schlange an der Essensausgabe eingereiht.

Kurze Zeit später sitzen sie inmitten der Schweinfurter Muslime und genießen die Mahlzeit und den milden Abend. „We feel awesome“ – wir fühlen uns prima, sagt ein junger Mann aus Afghanistan, der vor einer Woche in der Erstaufnahmeeinrichtung angekommen ist. Das Essen dort sei auch gut, die Unterkunft schön. Jetzt gelte es, den Ablauf des Asylverfahrens abzuwarten.

In diesem Jahr fällt der Ramadan, der am 16. Juli zu Ende geht, in die Zeit der längsten Tage und zudem noch in eine echte Hitzephase. Nach Sonnenauf- und vor Sonnenuntergang dürfen die Muslime weder essen noch trinken. „Der Hunger ist nicht so schlimm“, sagt Yasin Yavuz, „aber das Durstgefühl.“

Die Gläubigen gehen den Ramadan unterschiedlich an. Manche essen abends so viel sie irgendwie schaffen und nehmen möglicherweise mehr Kalorien zu sich als außerhalb des Ramadan, andere kommen mit nicht viel mehr als einer Suppe zurecht.

„Jetzt haben wir es ja bald geschafft“, hört man an diesem Abend immer wieder. Für Kassier Özcan Durukan bedeutet das auch, dass neben dem Fasten eine Menge Arbeit geschafft ist. Er hat sich für den Ramadan extra vier Wochen Urlaub genommen, um gemeinsam mit dem Koch täglich alle Abläufe und Einkäufe zu organisieren.

Wie kann man die Menschen in der Erstaufnahme weiter unterstützen?

Die Ramadan-Einladung an die Asylbewerber soll nicht die einzige Geste bleiben. Gemeinsam mit Stefanie Bader und Ayfer Fuchs überlegen Durukan und Yavuz, wie man die Menschen in der Erstaufnahmeeinrichtung weiter unterstützen könnte. Ab Donnerstag gibt es dort den ersten Deutschunterricht, und Yavuz sagt sofort eine größere Spende Blocks, Hefte und Stifte zu.

Nach dem Ramadan feiern die Muslime das dreitägige Zuckerfest, bei dem jede Menge Süßigkeiten zubereitet und verspeist werden. Die Menschen besuchen einander, die Kinder bekommen Geschenke. Das ist dann vielleicht sogar noch toller als der Ramadan.

Dringend gebraucht wird in der Erstaufnahmeeinrichtung weiterhin Männerkleidung. Das Rote Kreuz hat dort eine Kleiderkammereingerichtet. Spenden können entweder dort abgegeben werden (Eingang im Kasernenweg am Stadion) oder beim Roten Kreuz in der Gorch-Fock-Straße.

 
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