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Gerolzhofen
Gerolzhöfer Wiesnfest droht Nachspiel: War die Gratis-Hilfe der Bundeswehr bei dem gewerblichen Event zulässig?
Im September hatte die Patenkompanie das Festzelt aufgebaut – und zwar unentgeltlich. Die Streitkräfte prüfen derzeit intern, ob ein Schaden entstanden ist.
Beim Aufbau des Gerolzhöfer Wiesnfest im September half die Patenkompanie der Stadt kostenlos mit. Weil es sich dabei um keine städtische, sondern eine gewerbliche Veranstaltung handelte, prüft die Bundeswehr derzeit, ob den Streitkräften ein finanzieller Schaden entstanden ist. Das Foto zeigt eine Übergabezeremonie der Kompanie auf dem Marktplatz im März.
Foto: ArchivMichael Endres | Beim Aufbau des Gerolzhöfer Wiesnfest im September half die Patenkompanie der Stadt kostenlos mit. Weil es sich dabei um keine städtische, sondern eine gewerbliche Veranstaltung handelte, prüft die Bundeswehr ...
Stefan Pfister
 |  aktualisiert: 29.10.2023 02:50 Uhr

Ein Oktoberfest wie in München hat Gerolzhofen zwar nicht. Aber seit diesem Jahr ein Wiesnfest, das erstmals im September stattfand. Auf dem Gelände einer Firma in der Albert-Einstein-Straße stand eigens aus diesem Anlass ein großes Festzelt, in dem drei Tage gefeiert wurde.

Der ausrichtende Unternehmer zeigte sich damals zufrieden mit dem Verlauf; auch der Schirmherr, Bürgermeister Thorsten Wozniak, der das erste Bierfass angestochen hatte, sprach von einem gelungenen Auftakt in den Herbst. Dass es sich hierbei um keine städtische, sondern eine gewerbliche Veranstaltung handelte, sorgt jetzt für ein Nachspiel. Denn beim Aufbau des Festzeltes hatten Soldaten der Volkacher Mainfrankenkaserne unentgeltlich mitgeholfen.

Darf eine Partnerkompanie auch Unternehmen helfen?

Der Arbeitseinsatz war auf Fotos des Organisators auf dessen Account in einem Sozialen Netzwerk zu sehen. „Ein einzelner kann einen Unterschied machen, aber ein Team kann Wunder vollbringen. Herzlichen Dank an die 8. Kompanie der Bundeswehr. Ihr seid die Besten!“, war dort im September zu lesen. Mittlerweile stehen die Bilder und der Beitrag nicht mehr online. Der Redaktion liegt ein Ausdruck vor.

Mit einem Bieranstich wurde das Wiesnfest am 23. September offiziell eröffnet. Das erste Fass zapfte damals Bürgermeister Thorsten Wozniak (links) an, der zugleich Schirmherr des Events war. Danach stießen Organisator Tayfun Cenk (Bildmitte) und Mitsponsor Günter Götzelmann mit ihm an.
Foto: Gerald Effertz | Mit einem Bieranstich wurde das Wiesnfest am 23. September offiziell eröffnet. Das erste Fass zapfte damals Bürgermeister Thorsten Wozniak (links) an, der zugleich Schirmherr des Events war.

Mit der 8. Kompanie des Logistikbataillons 467 unterhält die Stadt Gerolzhofen seit dem Vorjahr eine Patenschaft. Es gab bereits öffentliche Auftritte, zum Beispiel ein Gelöbnis, eine Kompanieübergabe und eine gemeinsame Baumpflanzung. Außerdem hatten einige Soldaten beim Aufbau des Weinfestes, das von der Stadt ausgerichtet wird, mitgeholfen. Dieses Vorgehen ist also nicht unüblich bei einer solchen partnerschaftlichen Verbindung.

Ist es aber möglich, dass auch Gewerbetreibende die Dienste der Bundeswehr kostenlos in Anspruch nehmen können? Grundsätzlich könne zwar jeder die Hilfe der Patenkompanie anfragen, schreibt Bataillonskommandeur Oberstleutnant Holm Schreiter auf Anfrage der Redaktion. Zugleich schränkt er jedoch ein: „Es ist nicht üblich, dass eine Patenkompanie bei einem Fest eines gewerblichen/nichtstädtischen Anbieters ihre Hilfe anbietet.“

18 Soldaten waren acht Stunden beim Festzeltaufbau im Einsatz

Beim Aufbau am 19. und 20. September kamen allerdings 18 Soldaten zum Einsatz, die acht Stunden lang die Arbeiten zum Zeltaufbau unterstützt haben. Das teilt der Bataillonskommandeur mit, ebenso räumt er ein, dass die Arbeiten nicht in Rechnung gestellt worden seien.

Im Festzelt gab es drei Tage ein Unterhaltungsprogramm, unter anderem spielte die Band Klostergold am Samstagabend. 
Foto: Gerald Effertz | Im Festzelt gab es drei Tage ein Unterhaltungsprogramm, unter anderem spielte die Band Klostergold am Samstagabend. 

Wie kann das sein? „Die Entscheidung zur Mithilfe der 8./Logistikbataillon 467 liegt in einem Missverständnis begründet“, informiert der Oberstleutnant weiter. Der Veranstalter habe sich telefonisch an den Kompaniechef gewandt und um Hilfe für den Aufbau angefragt. Dabei sei der Eindruck erweckt worden, es handele sich um eine Veranstaltung der Stadt.

Dieser Eindruck ist nach seiner Ansicht dadurch verstärkt worden, dass der Bürgermeister als Schirmherr der Veranstaltung genannt worden sei und auch am Tag des Aufbaus das Team in Empfang genommen habe. „Wäre von Anfang an klar gewesen, dass es sich um eine private oder gewerbliche Veranstaltung gehandelt hat, hätte das Logistikbataillon 467 nicht unterstützt“, so Schreiter.

Der Organisator des Wiesnfests, Tayfun Cenk, bestätigt gegenüber dieser Redaktion, dass ein falscher Eindruck entstanden sei und ein Kommunikationsfehler vorgelegen habe. Die Anfrage bei der Bundeswehr sei aber nicht von ihm gestellt worden, sondern durch einen Sponsor. Er habe dies nicht hinterfragt, sondern die Hilfe angenommen, die angeboten wurde, so Cenk. Er hatte zudem den Eindruck gewonnen, dass die Soldaten in ihrer Freizeit geholfen hätten.

Dies dementiert der Bataillonskommandeur. „Selbst wenn sich die Soldaten für das Aufbaukommando freiwillig gemeldet haben, handelt es sich hierbei um Arbeitszeit.“ Die Bundeswehr gibt unumwunden zu, "dass Fehler passiert sind". Der Vorgang müsse „ordnungsgemäß aufgeklärt werden".

Zivilverwaltung und Rechtsberatung der Bundeswehr prüfen den Fall

Der Fall wurde mittlerweile der Zivilverwaltung zur Prüfung vorgelegt. Sie ist für die Rechnungsstellung zuständig. Ob der Bundeswehr wegen der Mithilfe zum Nulltarif ein finanzieller Schaden entstanden ist und, falls dem so sein sollte, wie hoch dieser ausfällt, dazu gab es keine Informationen. Dem Ergebnis der Prüfung könne der Kommandeur nicht vorgreifen, heißt es dazu aus Volkach.

Darüber hinaus hat der Bataillonskommandeur die Rechtsberatung der Bundeswehr eingeschaltet. Auf seine Anweisung hin waren die 18 Soldaten im Arbeitseinsatz. Womöglich könnten disziplinare Ermittlungen drohen.

Mit den Aussagen des Kommandeurs konfrontiert, erklärt Bürgermeister Thorsten Wozniak, dass er das Wiesnfest zwar unterstützt habe wie viele andere Veranstaltungen. Es habe sich aber weder um eine städtische Veranstaltung gehandelt noch habe es Verpflichtungen der Stadt gegenüber dem Organisator gegeben.

Die Anwesenheit der Bundeswehr hatte Wozniak nicht hinterfragt. Es sei für ihn nicht erkenntlich gewesen, dass ein Kommunikationsdefizit vorlag, weil die Kommunikation nicht über die Stadt lief. Beim Aufbau sei er gewesen, „weil es sich um unsere Patenkompanie handelt“.

Ob das Wiesnfest wieder stattfindet, das kann Organisator Cenk aktuell nicht sagen. Prinzipiell will man das Fest etablieren. Aufgrund des Vorfalls müsse man sehen, ob eine Weiterführung möglich ist.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels fehlte die Information, dass die Anfrage an die Bundeswehr hinsichtlich einer Mithilfe von einem Sponsor gestellt wurde und nicht von Organisator Tayfun Cenk. Wir haben die entsprechende Textpassage angepasst.

 
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  • Manfred Englert
    War gut gemeint, aber halt vielleicht doch nicht richtig. Man kann es ja mal probieren und Herr Cenk bedankte sich ja freudigst für diese Hilfestellung.
    Weshalb das Vorliegen eines Mißverständnisses hier angezweifelt wird, entzieht sich meiner Kenntnis. Also. einfach so ins Blaue hinein eine Mutmaßung als Tatsache hinzustellen finde ich als frevelhafte Vorverurteilung.
    Aber: Da muß es doch jemand gegeben haben, der diesen Zeltaufbau irgendwann irgendjemanden "gesteckt" hat?!
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  • Frank Widmaier
    und wieder hat die BW den schwarzen Peter statt Werbung und Anerkennung.

    der Veranstalter war wohl nicht ehrlich... und das Bataillon jetzt der Verlierer
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  • Herbert Stapff
    Die Bundeswehr gehört zur Gemeinde wie jeder andere Verein auch. Gelungenes Beispiel für ein Miteinander. Hätte die Reservistengemeinschaft geholfen, wäre alles okay. Unsere Bürokratie macht alles kaputt.
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  • Ulrich Wilhelm Kretzer
    Und die Polizei-Einsätze bei den Bundesligaspielen? Da zahlen wir alle für den wirtschaftlichen Ertrag/Erfolg von "gewerblichen Firmen", also den sogenannten ausgegliederten Profi-Abteilungen von Sportvereinen. Und keiner regt sich auf.
    Liebe MP, recherchiert doch mal, wie viel Geld schon allein die wöchentlichen Einsätze der Polizei bei den SW und WÜ Spielen kosten. Und das ist "Amateur-Fußball"!
    Das bischen Zeltaufbau sind doch "peanuts", also bitte.
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  • Gerhard Duczek
    Wenn man sonst keine Probleme hat...
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  • Matthias Braun
    Dem MP Bericht nach sehe ich das Versäumnis beim Veranstalter des Festes . Für eine gewerbliche Veranstaltung die Leistung der BW anzufragen und auch in Anspruch zu nehmen ist nicht in Ordnung . Das ganze hinterher als Missverständnis zu deklarieren ist auch nicht ok.
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