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Schweinfurt
Frauenhaus Main-Rhön: Warum nicht nur Gewalt ein Problem der Frauen ist
Wohin nach dem Frauenhaus? Finden Frauen keine Wohnung, müssen sie oft zurück zum Partner. Leiterin Sabine Dreibholz erlebt aber noch andere Schwierigkeiten.
Sabine Dreibholz, die fachliche Leiterin des Frauenhauses Main-Rhön beim  Flashmob 'One Billion Rising' auf dem Schweinfurter Marktplatz im Februar. 2021 war kein einfaches Jahr für die Einrichtung und das Team, sagt sie in ihrem Jahresbericht. 
Foto: Martina Müller | Sabine Dreibholz, die fachliche Leiterin des Frauenhauses Main-Rhön beim  Flashmob "One Billion Rising" auf dem Schweinfurter Marktplatz im Februar.
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 25.05.2023 02:33 Uhr

"Dieses Jahr hat uns verdammt viel Kraft gekostet", zieht Sabine Dreibholz, die fachliche Leiterin des Frauenhauses Main-Rhön, Bilanz für 2022.  Das liegt zum einen an den Belastungen durch Corona. Aber auch die Personalsituation in der Einrichtung war angespannt, Stellen waren nicht besetzt. Fachkräftemangel betrifft die Arbeit des Teams aber auch noch in anderer Art: "Immer häufiger treffen wir auf fehlende Zuständigkeit, Arbeitsüberlastung, fehlendes, neues, häufig wechselndes und nicht eingearbeitetes Personal", heißt es im Jahresbericht. 

"Wir fühlen uns zunehmend alleingelassen", so Dreibholz. Delegieren sei nicht möglich. " Obdachlose Frauen ohne Gewalthintergrund werden von Ämtern an uns vermittelt, weil ansonsten niemand anderes da ist. Einrichtungen wie Kliniken, Pflegeheime, Heime, Frauenhäuser, Schulen seien am Limit der Belastung und zwar nicht nur wegen Corona .  

Ein Problem sei auch der Wohnungsmarkt: Nach dem Frauenhaus finden viele Frauen keine Wohnung, müssen zurück zum Partner und haben so keine Chance, der Gewalt zu entkommen. Ohne eigene Wohnung sei schwer ein eigenes Leben möglich.  

Nach wie vor sei es die dringlichste Aufgabe, gewaltbelasteten Frauen und Kindern beizustehen, ihnen Sicherheit und Schutz zu geben. Trotzdem gab es ab und an einen vorübergehenden Aufnahmestopp. Allerdings wurden Alternativen gefunden. 

28 Frauen, davon sieben schon seit dem Vorjahr, und 44 Kindern (zehn davon seit dem Vorjahr im Frauenhaus) (2021: 43 / 51) lebten 2023 im Frauenhaus. Das sind deutlich weniger als im Vorjahr, 2021 waren 41 Frauen und 51 Kinder untergebracht. Es wurde eine fünf- und sogar eine sechsköpfige Familie aufgenommen, die jeweils eine Wohnung komplett belegten. Daher ist die Gesamtauslastung 2022 niedriger.

Gut die Hälfte der Bewohnerinnen kommt aus dem Einzugsgebiet Main-Rhön

Für eine Frau mit mehr als zwei Kindern sei es nicht so einfach, einen Platz in einem Schutzhaus zu finden. Nicht selten kommen diese Familien von weiter entfernt. 2022 kamen nur gut die Hälfte der Bewohnerinnen aus dem Einzugsgebiet Main-Rhön (2021 waren es knapp Dreiviertel). Die Aufenthaltsdauer im Jahresdurchschnitt verlängerte sich signifikant auf 88 Tage (2021: 66 Tage).

Auch in diesem Jahr meldeten sich wieder einige obdachlose Frauen, so Dreibholz. Da diese Zielgruppe intensivere und sehr niedrigschwellige Unterstützung benötigt, können man sie leider nicht aufnehmen. Sichere Übernachtungsmöglichkeiten für Frauen in akuten Krisensituationen seien in Schweinfurt dringend erforderlich. Laut Dreibholz wurde das Thema im Sozialausschuss des Schweinfurter Stadtrates behandelt. Es soll ein Gesamtkonzept erstellt werden. 

Die Frauen, die Hilfe suchen, leben laut Dreibholz in sich verschärfenden sozialen Multiproblemlagen: Schulden, fehlende Übersicht über höchstpersönliche Anliegen. "Fremd im eigenen Leben", so  Dreibholz. Dazu vielleicht noch Erziehungsschwierigkeiten, fehlender Krankenversicherungsschutz, ungesicherter Aufenthalt. Sorge bereitet auch der Anstieg digitaler Gewalt und Verfolgung bis ins Frauenhaus. Das fordere das  Team zunehmend heraus, erfordere neue Sicherheitsmaßnahmen. 

Was Dreibholz noch am Herzen liegt: Das Thema häusliche Gewalt sollte auch bei den Jugendämtern berücksichtigt werden, wenn es um Umgangsrecht geht. "Gewaltschutz und Kindeswohl sollten an erster Stelle stehen."  

Doch es gibt auch Positives: Trotz der angespannten Personallage gab es gemeinsame Aktivitäten und Feiern mit und für die Frauen und ihre Kinder. Die Gemeinschaft sei extrem wichtig. Auch sei es gut für das Team, die Frauen und ihre Kinder einmal in einem anderen Umfeld zu erleben.   

 
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