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Schweinfurt
Frauenhaus für Main-Rhön in Schweinfurt: Warum zur Zeit nicht jeder Platz belegt werden kann
Nicht jede Frau kann im Frauenhaus aufgenommen werden. Obdachlose Frauen zum Beispiel. Für sie hofft der Trägerverein auf die Unterstützung durch die Politik.
Sabine Dreibholz ist die fachliche Leiterin des Frauenhauses für die Region Main-Rhön. Sie steht hier vor der neuen Geschäftsstelle des Trägervereins 'Frauen helfen Frauen' in der Sattlerstraße 9 in Schweinfurt. Hier ist auch die Fachberatungsstelle bei häuslicher und sexualisierter Gewalt zu finden. 
Foto: Susanne Wiedemann | Sabine Dreibholz ist die fachliche Leiterin des Frauenhauses für die Region Main-Rhön. Sie steht hier vor der neuen Geschäftsstelle des Trägervereins "Frauen helfen Frauen" in der Sattlerstraße 9 in Schweinfurt.
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:52 Uhr

"Wir sind glimpflich davongekommen", sagt Sabine Dreibholz, die fachliche Leiterin des Frauenhauses für die Region Main-Rhön in Schweinfurt zum Thema Corona. Eine Frau und eine sechsköpfige Familie musste 2021 in Quarantäne, das wurde gemeistert.

Sabine Dreibholz und das Frauenhaus -Team haben auch 2021 versucht, trotz Hygieneauflagen und Infektionsgeschehen den Frauen und Kindern, die im Frauenhaus leben, so viel Normalität wie möglich zu ermöglichen. Es gab wieder Hausversammlungen, kleine Ausflüge, Ostern und Weihnachten wurde gefeiert. Ziel war, den Bewohnerinnen und ihren Kindern eine Atmosphäre zu bereiten, in der sie sich wohlfühlen. "Schutz heißt nicht nur ein Dach über dem Kopf zu haben." 

Sabine Dreibolz ist stolz auf das Engagement und die Kreativität, mit der trotzdem so etwas wie Alltag möglich war. "Das hat aber ganz schön viel Kraft gekostet", sagt sie bei der Vorstellung des Jahresberichts für  2021. Viel Unsicherheit habe es gegeben , was die jeweils aktuell geltenden Regeln betrifft. Im Frauenhaus habe man versucht, Sicherheit zu vermitteln.

"Schutz heißt nicht nur, ein Dach über dem Kopf zu haben"
Sabine Dreibholz, Fachliche Leiterin des Frauenhauses für die Region Main-Rhön

Als es mit Corona losging, Lockdowns die Regel waren, erwarteten viele einen Anstieg von häuslicher Gewalt. "Wir haben gedacht, das wird durch die Decke gehen", sagt Sabine Dreibholz. Aber das ist nicht passiert. Das könnte auch daran liegen, dass es für betroffene Frauen schwierig bis unmöglich war, wegzugehen, sich Hilfe oder Beratung zu holen, wenn der Partner immer daheim ist.

"Die polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnete für unsere Region keinen signifikanten Anstieg an Meldungen von häuslicher Gewalt. Wir wissen jedoch, dass diese Zahlen keinen Rückgang der häuslichen Gewalt bedeuten, allenfalls einen vermehrten Rückzug in die eigenen unsicheren vier Wände", heißt es im Jahresbericht des Frauenhauses für 2021.

Mit 43 Frauen und 51 Kindern (2020: 46 / 43) lebten 2021 etwas mehr Personen im Frauenhaus.  Erneut stammten knapp dreiviertel (74,4 Prozent) der Bewohnerinnen aus dem Einzugsgebiet Main-Rhön. "Außerdem registrierten wir eine Zunahme an sozialen Problemlagen. Uns erreichten vermehrt Hilferufe von obdachlosen und sucht/psychisch-kranken Frauen", heißt es im Sachbericht. "Immer mehr junge Frauen sind obdachlos", beobachtet Sabine Dreibholz. Obdachlose und sucht- oder psychisch kranke Frauen darf das Frauenhaus  nicht aufnehmen. 

Ziel: Sichere Übernachtungsplätze für Frauen in Stadt und Landkreis anbieten

"Im Rahmen der Rufbereitschaftsschulung entschieden wir, die Schutzlücke zu schließen für Frauen, die wir nicht aufnehmen können (aus Platzmangel, oder psychisch/sucht-kranke Frauen, obdachlose Frauen). Wir führen gerade Gespräche mit politischen Mandatsträgerinnen, damit auch für diese Zielgruppe sichere Übernachtungsplätze in Stadt und Landkreis Schweinfurt zur Verfügung gestellt werden können", heißt es im Sachbericht. "Das muss auf die politische Ebene", sagt Dreibholz. In Würzburg zum Beispiel gebe es solche Angebote, zum Beispiel in der Bahnhofsmission oder im Kloster Oberzell.  

Was dem Frauenhaus -Team und dem Trägerverein "Frauen helfen Frauen" noch am Herzen liegt: die Umsetzung der Istanbul-Konvention (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt). "In unserer Region sind insbesondere beim Umgangsrecht das Kindeswohl und die Sicherheit der Kindsmutter nach wie vor nicht gewährleistet." Forderung: "Gewaltschutz muss Vorrang vor Umgangsrecht haben." Sabine Dreibholz sieht ein Umsetzungsproblem, kein Erkenntnisproblem. "Die Sicherheit von Frauen und Kindern muss an erster Stelle stehen." 

Frauenhaus-Team sucht Verstärkung 

Was Sabine Dreibholz noch beschäftigt: Personalmangel. "Wir suchen händeringend Sozialpädagoginnen." Das sei auch in anderen Frauenhäusern der Fall. 1,5 Stellen fehlen zur Zeit in Schweinfurt. Deswegen können nicht alle Plätze im Frauenhaus belegt werden. "Die Gründerinnen gehen langsam in Rente", sagt Dreibholz. Damit gehe auch Erfahrungswissen verloren. "Wir brauchen Nachfolgerinnen, die engagiert dabei sind." 

Frauenhaus für die Region Main-Rhön in Schweinfurt, Anschrift: Postfach 12 35, 97402 Schweinfurt, Telefon:   (0 97 21)  78 60 30, Fax: (0 97 21) 78 60 33. E-Mail: frauenhaus.schweinfurt@t-online.de; Bürozeiten: Wochentags von 9 bis 18 Uhr. Außerhalb dieser Zeiten: Erreichbarkeit rund um die Uhr durch ehren- und hauptamtliche Mitarbeiterinnen. Spendenkonto: Sparkasse Schweinfurt, BYLADEM1KSW ,  DE37 7935 0101 0000 03231. Weitere Infos: www.frauenhaus-schweinfurt.de

 
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