
Aus der Presse erfuhren die hiesigen Politiker vor 15 Monaten, dass der bayerische Innenminister die Conn-Kaserne in Geldersheim als Standort für das unterfränkische "Ankerzentrum" ins Auge gefasst hatte. Gedacht war es für Asylbewerber und Flüchtlinge mit besonders geringer "Bleibeperspektive". Bei einem negativem Asylbescheid sollten sie aus dem Zentrum heraus möglichst schnell wieder abgeschoben werden können.
Stadt und Landkreis sahen sich in ihrer möglichen wirtschaftlichen und strukturellen Entwicklung gehemmt, war doch schon die Erstaufnahmeeinrichtung (EA) in der Ledward-Kaserne untergebracht und eine Gemeinschaftsunterkunft in der Conn-Kaserne bei Geldersheim. Dazu noch ein Ankerzentrum nach CSU-Geschmack, von dem Kritiker sagten, es werde ein Hort der Hoffnungslosigkeit für die Menschen darin – mit allen erwartbaren Problemen wie Frust, Aggression, Gewalt?
Ankerzentrum ohne Nachteile?
Alle Schweinfurter Parteien standen in Abwehrhaltung, teils aus grundsätzlichen humanitären Gründen, teils auch mit dem Argument, die Region tue bereits genug für die Bewältigung der Migration. Sie dürfe damit nicht überfordert werden. Erst als die Staatsregierung OB, Landrat und den Verantwortlichen der Anrainergemeinden zugesagt hatte, dass ein Ankerzentrum keine Nachteile im Vergleich zu einer Erstaufnahme mit sich bringe und mit stärkerer Unterstützung beim Konversionsprozess winkte, kam es zur Übereinkunft: Das Ankerzentrum kommt nach Geldersheim und, bis dort alles hergerichtet ist, in Gebäude der Ledward-Kaserne.
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Am 1. August letzten Jahres startete das Ankerzentrum ("Zentrum für Ankunft,Entscheidung, Rückführung") also in Schweinfurt, zusätzlich zur Erstaufnahme. Mitte Mai 2019 begann der Umzug in die Conn-Kaserne, der Ende Juni abgeschlossen war. Maximal 1500 Personen sollen dort unterkommen können, 1200 Betten gibt es. Nur gut die Hälfte ist derzeit belegt, Ende Juli waren laut Regierung von Unterfranken 678 Personen im Ankerzentrum untergebracht.
Afrikaner mit geringer Bleibeperspektive
Nach Polizeiangaben gibt es bezüglich Sicherheitsfragen keine großen Unterschiede zwischen Bewohnern der EA und des Ankerzentrums. Tatsächlich sind in der Geldersheimer Einrichtung überwiegend Menschen aus afrikanischen Ländern untergebracht, die eine denkbar schlechte Bleibeperspektive haben. Laut Regierung lag die Anerkennungsquote (Asyl, subsidiärer Schutz etc.) den Bamf-Zahlen zufolge im Jahr 2018 bei Menschen aus Algerien, Armenien, Elfenbeinküste und Nigeria zwischen 1,8 und 13,9 Prozent. Einzig bei Flüchtlingen aus dem Bürgerkriegsland Somalia betrug sie 2018 41,3 Prozent. Eine vergleichsweise gute Bleibeperspektive hätten deshalb nur Asylbewerber aus Somalia.
Dass die Ankereinrichtung – zunächst in Schweinfurt und nun in Geldersheim – problematischer wäre als eine Erstaufnahme, sehen weder Regierungssprecher Johannes Hardenacke, noch der Leiter des Ankerzentrums, Alexander Warkotsch. Für die Bewohner sei von Vorteil, dass die Außenstellen der für sie zuständigen Behörden vor Ort seien. Nur das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und die Zentrale Ausländerbehörde müssten noch von der Ledward- in die Conn-Kaserne umziehen.
Bleiben bis zu 24 Monate
Sozialverbände sehen die bayerischen Ankerzentren dennoch kritisch. Früher wurden Flüchtlinge spätestens nach sechs Monaten in dezentrale Anschlusshäuser verteilt, wo sie Privatsphäre und eigene Versorgungsmöglichkeit hatten. Im Ankerzentrum mit Kantine und Gemeinschaftszimmern müssen sie nun bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens bleiben – bis zu 24 Monate.