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Oberndorf
"Es ist anstrengend, das Lächeln zu behalten": Was die Schweinfurter Grünen ihrer Parteichefin Katharina Schulze mitgeben
An der Grünen Basis in Schweinfurt stößt Katharina Schulze auf Ernüchterung und den Wunsch nach mehr Klimapolitik. Diese gibt sich trotz der politischen Lage kämpferisch.
Bei 'Schulzes Stammtisch' will die Fraktionsführerin der Bayerischen Grünen, Katharina Schulze, mit den Menschen ins Gespräch kommen.
Foto: René Ruprecht | Bei "Schulzes Stammtisch" will die Fraktionsführerin der Bayerischen Grünen, Katharina Schulze, mit den Menschen ins Gespräch kommen.
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 05.07.2024 02:44 Uhr

Zuhören, Politik erklären und Frust ablassen: Für die Grüne zählten die vergangenen Monate nicht gerade zu den einfachsten. Zum einen wäre da die steigende Anzahl an Anfeindungen während der Wahlkämpfe, zum anderen die Wahlschlappe bei der Europawahl vor einigen Wochen. Davon wollen sich Katharina Schulze und ihr Schweinfurter Landtagskollege Paul Knoblach aber nicht weiter aus der Ruhe bringen lassen.

Bei "Schulzes Stammtisch", einem neuen Format, mit dem die Vorsitzende der bayerischen Landtagsfraktion derzeit durch ganz Bayern tourt, will die 39-Jährige vor allem ins Gespräch kommen. Pulsfühlung an der Grünen Basis sozusagen. Dass sich die Schweinfurter Grünen dafür am Montag ausgerechnet die Gaststätte des TV Oberndorf ausgesucht haben, ist kein Zufall.

Ganz in der Nähe, in der Hauptstraße 16, unterhält die rechtsextreme Kleinstpartei der III. Weg ein Parteibüro in Schweinfurt. So ist "Schulzes Stammtisch" auch als ein stiller Protest von den Betreibern und der Partei gegen die extreme Rechte zu verstehen. Angesichts der derzeitigen politischen Lage seien solche Positionierungen wichtiger denn je, sagt Schulze zum Beginn der Veranstaltung.

Rechtspopulisten sind Thema an den Tischen

Hass und Hetze hätten zugenommen, die Rechtspopulisten seien lauter geworden, und im Land habe sich einiges verändert, so Schulze. "Miteinander reden, statt übereinander. Ich glaube, das ist etwas, was unsere Gesellschaft dringend braucht." Um die 30 Besucherinnen und Besucher sind gekommen. Die Tische sind voll, überall wird diskutiert, laut miteinander gesprochen.

An einem der Tische sitzt Kathrin Tröster, Grünen-Gemeinderätin aus Niederwerrn. Auf ihre Erfahrungen und Beobachtungen der letzten Wochen angesprochen sagt sie: "Es ist anstrengend, das Lächeln zu behalten." Vor allem in den Wochen vor der vergangenen Landtagswahl im Oktober sei der Wind gegenüber den Wahlkampfhelfern an den Ständen und in Diskussionen rauer gewesen als üblich. "Es macht einen müde, dass die Leute gar keine Argumente mehr hören möchten."

Neben der grundlegend guten Stimmung musste die ein oder andere Person auch etwas Frust ablassen. Gemeinderätin Kathrin Tröster aus Niederwerrn führte viele anstrengende Diskussionen im vergangenen Jahr.
Foto: René Ruprecht | Neben der grundlegend guten Stimmung musste die ein oder andere Person auch etwas Frust ablassen. Gemeinderätin Kathrin Tröster aus Niederwerrn führte viele anstrengende Diskussionen im vergangenen Jahr.

Einen Tisch weiter hat Simone Kreß Platz genommen, SPD Kreisrätin aus der Gemeinde Wasserlosen. Auch sie findet, dass es in Politik und Gesellschaft zusehends schwieriger wird, einen gemeinsamen Konsens zu finden. Positiv hob Kreß dagegen in diesem Zusammenhang die "bunte Mehrheit" im Kreistag aus Freien Wählen, SPD, Grüne und FDP hervor. Dort sei die Kompromissfindung noch gelebte Praxis.

Anders als im Landtag, wo eine wechselseitige Zustimmung zwischen Regierung und Opposition eher die Ausnahme sei, sagt Schulze. "Um das aufzubrechen, haben wir Grüne im Landtag vereinbart, auch Anträgen der CSU oder der Freien Wähler zuzustimmen, wenn wir diese als sinnvoll erachten." Kompromisse zu finden, sei wichtig in einer Demokratie. "Im besten Fall ergänzen sie sich", so Schulze.

Frustration beim Klimaschutz 

Ein Credo, dem nicht alle Gäste an dem Abend voll und ganz zustimmen. Die 20-jährige Lisa Berlenz aus Bergrheinfeld macht keinen Hehl daraus, dass sie mit der derzeitigen Klimapolitik der Landes- und Bundesregierung unzufrieden ist. Vor allem, was das Tempo betrifft. "Ich würde mir wünschen, dass man ab einem gewissen Standpunkt nicht mehr diskutiert, damit es vorangeht und kein ewiges hin und her entsteht", so die 20-Jährige.

Lisa Berlenz (20) ist frustriert über das langsame Tempo und den Unwillen aller Parteien beim Klimaschutz.
Foto: René Ruprecht | Lisa Berlenz (20) ist frustriert über das langsame Tempo und den Unwillen aller Parteien beim Klimaschutz.

Die junge Frau ärgert sich vor allem über die heutige Wegwerfgesellschaft. "Es frustriert mich, dass das in der Politik nicht so gesehen wird." Daran würden aber auch die Parteien außerhalb der Ampel Verantwortung tragen. 

Kommunikation als Kritikpunkt

Aber auch die Bundespolitik spielt eine große Rolle in den Gesprächen. Ein häufiger Kritikpunkt: die Kommunikation der Partei. "Dass unsere Kommunikation beim Heizungsgesetz nicht gut war, würde ich sofort unterschreiben", stimmt Schulze zu. Hier wolle und müsse man besser werden.

Der Garstädter Landtagsabgeordnete Paul Knoblach sitzt mittlerweile alle paar Wochen in einer anderen Gaststube, um mit Bürgern oder Landwirten über ihre Anliegen zu sprechen.
Foto: René Ruprecht | Der Garstädter Landtagsabgeordnete Paul Knoblach sitzt mittlerweile alle paar Wochen in einer anderen Gaststube, um mit Bürgern oder Landwirten über ihre Anliegen zu sprechen.

Insbesondere bei der Klimapolitik kann Schulze den Frust nachvollziehen. Die Fraktionsführerin weist jedoch auch auf die Probleme bei der Umsetzung hin. "Wir leben in einer Demokratie, wo wir Mehrheiten brauchen." Die Leute aber seien schlicht veränderungsmüde und Mehrheiten dazu schwer zu organisieren. Am Ende bleibe nur weitermachen, sich unterhaken und nicht unterkriegen lassen, so Schulze. 

Am Ende sogar ein neues Mitglied

So ähnlich sieht das auch Christine Haumaier aus Schweinfurt. Die 61-Jährige hat sich kürzlich spontan dazu entschlossen, der Partei beizutreten. Der ausschlaggebende Punkt dafür waren die Recherchen der Redaktionsgemeinschaft Correctiv Anfang Januar zu dem Treffen von AfD- und CDU-Mitgliedern mit Rechtsextremisten in Potsdam im Winter 2023. "Es ist unvorstellbar, dass solche Gedanken heutzutage noch gedacht werden", so Haumaier. 

Über den Beitritt der 61-Jährigen freute sich insbesondere Paul Knoblach. "Was kann uns besseres passieren, als dass wir weiter in Bayern und Deutschland wachsen."

 
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  • Frank Widmaier
    Diese bunte Mehrheit verstehe ich eigentlich eher: Wir gegen euch. Nicht kompromissfähig. Aber das ist ein Problem, das wir schon seit Jahren haben. Immer gegen die CSU - egal, ob die Idee gut ist oder doch mal weniger. Hauptsache dagegen. Kompromisse würde miteinander reden bedeuten. Da finde ich den Vorgang im Landtag richtig gut. Sollte man sich mal zum Vorbild nehmen.
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  • Manfred Englert
    Fortsetzung: Dabei ist im Moment der Hauptgrund, weder Grün noch SPD zu wählen, die Migration, welche unser ganzes Land in jeder Hinsicht überfordert, die Grünen sich gegen den Volkswillen jedoch stur querlegen.

    Auch erwähnt K.S., daß sich ihre Grünen im Landtag gerne querstellen und opponieren, welches sie künftig etwas anders angehen wollen ähnlich des Kreistags, wo "eine bunte Mehrheit" Kompromisse findet.

    Gerne möchte ich hier mahnend den Finger heben und den Grünen entgegnen, es nicht allzu "bunt" zu treiben, sonst wird das "blaue Auge" nicht das Letzte an Schädigungen unserer Republik sein.

    Die nächste Antwort ihrer vehement forcierten falschen Politik wird diese Partei im Herbst in unserem Osten erhalten
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  • Manfred Englert
    Na, das ist ja wohl mal ein Grund, den Grünen beizutreten: Recherchebericht von "correktiv".

    Irgendwer brachte durch den Bericht dieses Zusammenschlußes von "Berichtenden"nach dem Potsdamer-Treffen ein ganz, ganz böses Wort, nämlich "Deportation", in Umlauf, und die Medien stürzten sich darauf wie ein Rudel Löwen auf ein Stück Fleisch! Durch wochenlanges Wiederholen in den Mainstreammedien kam es zu Massenprotesten, die ihre Fortsetzung dieses Wochenende in NRW findet.
    Nicht einmal wurde dieses üble Wort, das mich als geschichtsinteressierten aufs Tiefste bestürzte, dort bei diesem Treffen erwähnt: Deportation, das waren die schlimmsten Taten, die unsere Vorfahren durchführten und unsere jüdischen Mitbürger, meist auf den Regionalbahnhöfen, in den Tod fuhren!!
    Daß aber diese Behauptung gerichtlich untersagt wurde, nachdem Herr Vosgerau dagegen klagte, konnte ich der MainPost zu keiner Zeit entnehmen.
    Weiter spricht K.S. vom Heizungsgesetz, Migration erwähnt sie überhaupt nicht!
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