
Sollte das Erdgas in den bevorstehenden kalten Monaten knapp werden, müssen sich die an das Fernwärmenetz angeschlossenen Haushalte in Schweinfurt nicht allzu viele Sorgen machen. "Es kann von einer sicheren Versorgung durch Fernwärme ausgegangen werden", sagt Ragnar Warnecke, Geschäftsführer des Gemeinschaftskraftwerks Schweinfurt (GKS). Um das zu gewährleisten, hat das Unternehmen einige Vorkehrungen getroffen.
Grundsätzlich zeigt schon das grobe Funktionsprinzip des GKS, weshalb eine mögliche Erdgasknappheit nur geringe Folgen hätte: Im Schweinfurter Hafen wird hauptsächlich Müll, genauer gesagt Hausmüll verbrannt, um daraus Fernwärme und Strom zu erzeugen. Und diesbezüglich sollte es laut Warnecke keine Probleme geben: "Müll steht uns selbst bei einem konjunkturellen Einbruch aus dem Einzugsgebiet in ausreichender Menge zur Verfügung. Seitens der angeschlossenen kommunalen Müllanlieferer ist eine zuverlässige Logistik zugesagt worden."
Im vergangenen Jahr waren das 186.000 Tonnen, angeliefert aus nahezu ganz Unterfranken: Sämtlicher Hausmüll aus Stadt und Landkreis Schweinfurt, Aschaffenburg, Main-Spessart, Miltenberg, Main-Tauber, Rhön-Grabfeld sowie den Haßbergen landet dort. Zwar greift das GKS auch auf geringe Mengen Erdgas zurück, diese würden aber laut Warnecke "durch die Bevorratung großer Heizöl-Mengen in unseren eigenen Tanks mehr als ersetzt".
Noch verbrennt das GKS auch Kohle
Rund hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen auf dem 15.000 Quadratmeter großen Gelände dafür, dass aus den angelieferten Abfällen Energie in Form von Wärme und Strom erzeugt wird. 2021 waren das rund 371.000 Megawattstunden Fernwärme und rund 104.000 Megawattstunden Strom.
Um den in den Wintermonaten höheren Bedarf an Fernwärme zu decken, wurden im vergangenen Jahr zusätzlich zum Hausmüll noch knapp 37.000 Tonnen Kohle verfeuert. Den größten Bedarf haben dabei aber nicht Privathaushalte, die als Kunden der Stadtwerke Schweinfurt an das Netz angeschlossen sind, sondern die Industriebetriebe Schäffler, SKF und ZF: An das Trio geht etwa 70 Prozent der im GKS gewonnenen Fernwärme.

Bis zum Jahr 2030 will das GKS, das als eines der wenigen Kraftwerke in Bayern ein EMAS-Zertifikat für gute Umweltleistungen vorweisen kann, gänzlich auf Kohle verzichten und CO2-neutral, oder sogar CO2-negativ werden. Schon jetzt substituiert das GKS Kohle durch Trockenklärschlamm – 2021 waren das knapp 3000 Tonnen – und bis dahin soll der restliche Kohleanteil durch Pellets oder Hackschnitzel ersetzt werden.
Wenngleich eine mögliche Erdgasknappheit dem GKS also kaum Kopfschmerzen bereitet, ist eine kontinuierliche Anlieferung des Hausmülls erforderlich. Etwa 12.500 Lkw-Lieferungen kommen beim GKS jährlich an, um die Abfälle anzuliefern. Trotz teils hoher Coronafallzahlen sei bislang kein akuter Fahrermangel festzustellen gewesen, sagt Marcel Strätz, Organisationsleiter des GKS: "Die Müllentsorgung sowie die Kohleversorgung gehören zur systemrelevanten beziehungsweise kritischen Infrastruktur und haben Vorrang. Bei den kommunalen Anlieferern sind vielfach auch zusätzlich eigene Fahrer verfügbar, die für Transporte einspringen können."

Bunker werden mit Müll und Kohle befüllt
Um einer möglichen Unterbrechung der Lieferkette, sei es coronabedingt oder aber wegen Treibstoffmangels, vorzubeugen, hat das GKS Bunker für Hausmüll und Kohle angelegt. Auf dem Gelände des GKS werden 8.000 Tonnen Müll und 6.000 Tonnen Kohle auf Reserve gelagert. "Für Müll steht noch ein zusätzliches Zwischenlager für rund 4.000 Tonnen zur Verfügung. Die standortnahen Kohle-Außenlager fassen nach einer aktuellen Erweiterung rund 9.000 Tonnen", sagt Warnecke. "Zudem stehen noch rund 2.000.000 Liter Heizöl, mit Abrufvereinbarungen auf weitere Mengen, in unseren Tanks zur Verfügung."
Diese sollen dafür sorgen, dass das Kraftwerk im Fall der Fälle weiterhin Fernwärme und Strom produzieren kann. "Falls kein Müll mehr angeliefert werden würde, was absolut unwahrscheinlich ist, würde man rechnerisch mit der Lagermenge gut drei Wochen Volllast-Betrieb fahren können. Mit den Kohlelinien wäre bei durchschnittlicher Last und Witterung mit der standortnahen Lagermenge und ohne jede Nachlieferung, was ebenfalls unwahrscheinlich ist, ein Betrieb von gut zwei Monaten möglich", erklärt Warnecke.