
Es kommt nicht allzu häufig vor, dass die Falkenfamilie auf dem Kamin des Gemeinschaftskraftwerks Schweinfurt (GKS) ihre Behausung vorübergehend räumen muss. Genau genommen nur alle zwei Jahre. Dann nämlich, wenn die routinemäßige Inspektion des fast 98 Meter hohen Kamins ansteht – so wie in dieser Woche. Der Vorteil für die Falken: Nach einem Tag Trubel können die Tiere wieder zurückkehren und finden ein aufgeräumtes und teilweise erneuertes Zuhause vor.
Denn die Aufgabe der drei professionellen Steiger, zwei klettern mittels Seil gesichert auf dem Kamin herum, während einer vom Boden aus koordiniert, ist nicht nur die Untersuchung der äußeren Beschaffenheit des Kamins. Der 1990 errichtete Schlot, aus dem die Abgase des GKS mit einer Temperatur von mindestens 72 Grad Celsius entweichen, wird von den Fachleuten auf mögliche Schadstellen und Risse untersucht.
Der auf etwa 80 Meter Höhe angebrachte Falkenhorst hingegen muss gesäubert werden. Denn darin finden sich zahlreiche Knochen, Federn und sonstige Überreste der Beute der Falken. Ist der Unrat entfernt, bekommen die Falken sozusagen neue Möbel in Form verschiedener Steine.

Bereits kurz nach der Inbetriebnahme des Kraftwerks im Schweinfurter Hafen wurde der Kamin mit seinem Horst die Heimat eines über die Jahre verständlicherweise immer wieder wechselnden Falkenpärchens. Und diese Symbiose hat Vorteile für beide Seiten: Einerseits ist der Falkenhorst für die Tiere eine ideale Behausung. Die Höhe von 80 Metern eignet sich sehr gut für die Tiere, der An- und Abflug ist sozusagen barrierefrei. Das ist im Fall des Falken wichtig, denn anders als Adler oder Bussarde nutzen sie keine Aufwinde, sondern jagen im aktiven Flug und halten davor von einer erhöhten Stelle aus Ausschau nach ihrer Beute.
Falken sollen Taubenpopulation in Schach halten
Und davon gibt es genug. Denn das 15.000 Quadratmeter große Gelände des GKS nennen auch zahlreiche Tauben ihr Zuhause. Deren Population in Schach zu halten, ist die Aufgabe des Falken - und der Vorteil, den sich das GKS vom firmeneigenen Falkenhorst verspricht. Der Taubenkot stellt für die rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwar kein großes, aber dennoch ein Gesundheitsrisiko dar. Eine Infektion mit bakteriellen oder auch Viruskrankheiten durch das Einatmen getrockneten Taubenkots kommt nicht oft vor, ist aber möglich.
Laut Alexander Schenk, zuständiger Ingenieur beim GKS, verlief die Aktion reibungslos: "Die Steiger haben weder am Kamin, noch am Falkenhorst irgendwelche Auffälligkeiten feststellen können." Auch die Säuberung des Falkenhorsts habe den Arbeitern keine Probleme bereitet. Am Vortag der Aktion, als die Steiger die Sicherung für ihre Arbeiten vorgenommen hatten, habe der Falke die Situation von seinem Horst aus sogar seelenruhig beobachtet und sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Nach den eigentlichen Arbeiten, die etwa sechs Stunden in Anspruch genommen hatten, ist die Falkenfamilie inzwischen wieder zurückgekehrt.
Und in der Stadt baut man "Taubenhotels" - da ist das hier die natürlichere, bessere und vermutlich auch günstigere Lösung. Das lesen hoffentlich auch die Verantwortlichen der Stadt.