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Schweinfurt
Energiepreisexplosion und Inflation: Fürchtet Schweinfurts Handel um seine Existenz?
Während die Kosten für Strom und Gas steigen, sinkt die Konsumfreude in der Bevölkerung. Für den Einzelhandel in Schweinfurt könnte das fatale Folgen haben.
Bleiben Kundinnen und Kunden aufgrund steigender Energiekosten künftig der Schweinfurter Innenstadt und damit dem Einzelhandel fern? 
Foto: Anand Anders | Bleiben Kundinnen und Kunden aufgrund steigender Energiekosten künftig der Schweinfurter Innenstadt und damit dem Einzelhandel fern? 
Felix Mock
Felix Mock
 |  aktualisiert: 11.02.2024 01:31 Uhr

Zwei Jahre Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Lockdowns und Einschränkungen haben auch beim Schweinfurter Einzelhandel ihre Spuren hinterlassen. Zwar ist die befürchtete Welle an Schließungen bislang ausgeblieben, heftig gebeutelt worden ist die Branche im wirtschaftlichen Sinn jedoch zweifelsohne. Nun steht dem Einzelhandel in Schweinfurt wohl erneut eine harte Zeit bevor, und das aus gleich mehreren Gründen.

Während die Kosten für Strom und Gas in die Höhe schnellen, sackt der Konsumklimaindex des Marktforschungsinstituts Gfk in ungeahnte Tiefen ab: Im August ist der Index, der Konsumneigung und Kaufverhalten der Privathaushalte abzubilden versucht, zum dritten Mal in Folge auf einen historischen Tiefstwert abgesunken.

"Ich befürchte, dass es ein schwerer und aufreibender Winter für den Handel wird", sagt Axel Schöll, Kreisvorsitzender des Handelsverbands Bayern und Inhaber des Schuhgeschäfts Schöll in der Rückertstraße in Schweinfurt. "Bei einigen Händlern schwebt schon jetzt Unsicherheit und Angst vor der Wintersaison mit."

Ähnlich düstere Prognosen gibt Werner Christoffel, Vorsitzender der Werbegemeinschaft "Schweinfurt erleben", ab: "Die Situation des Einzelhandels ist nach wie vor schwierig. Der Einzelhandel leidet enorm unter der Inflation und der Kaufzurückhaltung." Zwar hätten aus seiner Sicht in den vergangenen Wochen und Monaten die zahlreichen Feste in der Stadt für eine höhere Frequentierung der Innenstadt und damit für mehr Umsatz für die Geschäftstreibenden gesorgt. Doch auch Christoffel ist sich sicher: "Die Folgen der Energiekrise werden jetzt erst so richtig ankommen. Die nächsten Monate werden noch deutlich schwerer für den Einzelhandel in Schweinfurt."

Warum die steigenden Energiepreise dem Handel doppelt Sorgen machen

Die steigenden Preise für Strom und Gas sind für den Einzelhandel doppelt schmerzhaft. Einerseits bedeuten sie eine deutliche Erhöhung der monatlichen Kosten für das Heizen der Ladenräume sowie  für die Schaufensterbeleuchtung und Leuchtreklame. Andererseits beeinflussen sie das Kaufverhalten der Menschen negativ. Und das, so Schöll, sei der wesentlich folgenschwerere Aspekt: "Schwerwiegender als die monatlichen Kosten ist die Unsicherheit in der Bevölkerung. Es ist jetzt schon zu sehen, dass die Leute ihren Konsum einschränken und zurückhaltender sind." Das sei auch verständlich. Man wisse ja nicht, welche Nachzahlungen bei Strom oder Gas im Frühjahr drohen.

Was die seit September in Kraft getretene Energieeinsparverordnung der Bundesregierung angeht, da sind sich Christoffel und Schöll einig, sollten die Folgen für den Einzelhandel eher gering ausfallen. Seit diesem Monat müssen Leuchtreklamen und Werbetafel, nicht aber die Schaufensterbeleuchtung, von 22 Uhr bis 16 Uhr des Folgetags ausgeschaltet bleiben. Zudem dürfen Ladentüren nicht mehr durchgehend geöffnet bleiben.

"Das ist ein guter Ansatz", sagt Schöll, "den es aber nicht wirklich gebraucht hätte." In diesen Zeiten seien Kaufleute sowieso von Haus aus daran interessiert, die Energiekosten so gering wie möglich zu halten. Viele Händlerinnen und Händler hätten bereits auf sparsamere LED-Lampen umgestellt, und in den wirklich kalten Monaten würden die meisten Ladentüren aufgrund der Heizkosten sowieso geschlossen bleiben. Lediglich Geschäfte, die stark auf Laufkundschaft angewiesen seien, würde diese Verordnung benachteiligen.

Schöll drängt auf Ausbau von PV-Anlagen und kritisiert die Stadt Schweinfurt

Angesichts der Energiekrise hat Schöll ohnehin eine klare Meinung: "Man kann nur jedem raten, auf nachhaltige Energieversorgung zu setzen." In Schölls Fall in der Innenstadt sei dies beispielsweise Fernwärme, die die Stadtwerke Schweinfurt vom Gemeinschaftskraftwerk durch das Verbrennen von Hausmüll beziehen. Ende des Jahres, hofft Schöll, soll der Anschluss an das Netz erfolgt sein.

Was die Stromversorgung angeht, hat der Kreisvorsitzende des Handelsverbands auch eine klare Vorstellung und Kritik in Richtung Stadt: "Der Ausbau von Photovoltaik-Anlagen muss vorangetrieben werden, hinsichtlich der Energiekosten und des Klimawandels. Egal, ob privat oder gewerblich. Da muss eine Kommune aus meiner Sicht mehr machen, in Form von Zuschüssen. Das wäre in meinen Augen sinnvoll investiertes Geld und sofortiger Klimaschutz, anders als die geplante Landesgartenschau in ein paar Jahren."

Inflation und Kaufkraft sind auch für andere Händler das große Thema

Einer, der sich hinsichtlich der Heizkosten etwas unabhängiger gemacht hat, ist Armin Weigand. Er betreibt zusammen mit Frank Beckmann das Haus der Mode für den Herren in der Wolfsgasse, das über ein eigenes Heizkraftwerk verfügt. Das wird zwar ebenfalls mit Gas betrieben, speist den gewonnenen Strom aber wieder ins Netz ein und sorgt somit für ein "ziemlich autarkes" System. 

Armin Weigand (rechts) und Frank Beckmann betreiben das Haus der Mode in Schweinfurt.
Foto: Stefan Pfister | Armin Weigand (rechts) und Frank Beckmann betreiben das Haus der Mode in Schweinfurt.

Doch auch Weigand beschäftigt die Frage nach dem Konsumverhalten der Kundschaft mehr als die steigenden Energiekosten. "Die Frage nach der Inflation und der Kaufkraft treibt mich um. Da mache ich mir schon Sorgen", sagt er. Momentan sei in dieser Hinsicht zwar noch nichts zu spüren, und auch sei das Geschäft aufgrund zahlreicher nachgeholter Feiern und Feste in diesem Sommer gut gelaufen. "Aber so etwas kommt ja auch erst verzögert an. Ich habe schon Sorge davor, dass sich das noch bei uns bemerkbar machen wird. Schicke neue Klamotten brauchen die Leute nicht so dringend wie das Brot vom Bäcker."

Schließungen von Läden in der Schweinfurter Innenstadt nicht auszuschließen

Ob aufgrund all dieser Entwicklungen Läden in der Schweinfurter Innenstadt zum Schließen gezwungen sein werden? Laut Christoffel ist dies "zumindest nicht auszuschließen", wenngleich er das Risiko eher bei größeren Ketten sieht. Die würden, sobald die Zahlen nicht mehr stimmen, eben die ein oder andere Filiale schließen.

Doch Axel Schöll warnt auch davor, dass so etwas dem Einzelhandel drohen könnte: "Wenn die Hilfsgelder aufgebraucht sind und der Umsatz nicht stimmt, können Händler in eine Liquiditätsspirale rutschen. Nicht verkaufte Ware und laufende Kosten könnten dem ein oder anderen das Genick brechen." Allerdings habe er weniger Angst davor, als er es noch beim Höhepunkt der Pandemie hatte. "Aber ich befürchte, dass da noch einiges kommen wird", so Scholl.

 
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