Energie ist teuer. Eine Binse mittlerweile, denn in den vergangenen Wochen hat jeder Bürger, jede Firma, jede Kommune selbst gesehen, wie die Preise für Gas, Öl oder Strom in die Höhe schnellten. Natürlich auch die Krankenhäuser. Für das städtische Leopoldina-Krankenhaus erwartet Geschäftsführer Jürgen Winter, dass die Kosten im Millionen-Bereich steigen. Was hat das für Auswirkungen auf die Patienten?
Keine, betont der kaufmännische Leiter des Leopoldina Krankenhauses, Sebastian Güldner. Er legt großen Wert auf diese Feststellung: "Wir haben und wir werden kein Versorgungsproblem bekommen. Es gibt kein Risiko für die Patienten, niemand muss sich Sorgen machen." Natürlich wird in einem Krankenhaus gerade in den Patientenzimmern nicht die Heizung heruntergedreht, muss man sich keine Extradecke mitbringen.
Die Mehrkosten bereiten allen Krankenhäusern in Deutschland Sorgen, die seit Monaten lautstark erhobenen Forderungen nach staatlicher Hilfe wurden mittlerweile auch vom Gesundheitsministerium in Berlin erhört. Es soll Geld geben, speziell für die Krankenhäuser, um die teils horrenden Mehrkosten für Energiebeschaffung auszugleichen. Güldner macht klar, dass bei allen auch im Leopoldina laufenden Einsparmaßnahmen diese "drei bis vier Mal so hohen Energiepreise" nicht ausgeglichen werden können. Deshalb sei die staatliche Hilfe unabdingbar. Und: "Es wird in Zukunft wichtiger sein, sich bei der Energieversorgung strategisch breit aufzustellen."
Neben der Frage, wie viel Energie kostet und woher man sie zum Beispiel durch Trancheneinkauf möglichst günstig bekommt, beschäftigt Sebastian Güldner und den technischen Leiter Wolfgang Köhler vor allem, wie man sich gegen mögliche Stromausfälle absichert. Mit Notstromaggregaten kann man mindestens 48 Stunden lang das Krankenhaus am Laufen halten, die Beatmung von Patienten ebenso sicherstellen wie das Operieren. Und: Schon im Sommer wurden noch einmal 500.000 Liter Diesel eingekauft, die die Firma Walther im Schweinfurter Hafen eingelagert hat.
Ein Krankenhaus wie das Leopoldina, mit 709 Betten, 28.000 stationären Behandlungen pro Jahr und knapp 2300 Mitarbeitenden, verbraucht große Mengen Strom und Gas: Zehn Millionen Kilowattstunden Strom, so viel wie 2500 Einfamilienhäuser pro Jahr, erklärt Technikchef Köhler. Dazu 32 Millionen Kilowattstunden Erdgas und 1,5 Millionen Kilowattstunden für Dampf, der in der Küche und für das Sterilisieren von OP-Gerätschaften gebraucht wird.
Energie sparen ist seit Jahren ein Thema für das Technik-Team des Leopoldina
Energie einzusparen, Maschinen effizient zu nutzen, "ist etwas, worauf wir seit Jahren achten", so Wolfgang Köhler. Das Leopoldina erzeugt zum Beispiel durch vier Blockheizkraftwerke 85 Prozent des benötigten Stroms selbst, muss nur 1,8 Millionen Kilowattstunden pro Jahr zukaufen. Es gibt natürlich Wärmerückgewinnung, eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und eine Studie, wie man noch mehr Module auf dem aus den 1980er-Jahren stammenden Gebäude unterbringen kann. Zwei ältere Dampfkessel werden nun ersetzt und laufen auch nur bei Bedarf und nicht den ganzen Tag.
Dass das Blockheizkraftwerk mit Erdgas betrieben wird, erscheint als kurzsichtig. Das ist aber auch unfair, denn die rasante Entwicklung in diesem Jahr, ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, konnte niemand voraussehen. Sebastian Güldner erklärt, in den vergangenen Jahren sei Gas zur Wärmeerzeugung im Vergleich zur Fernwärme der Stadtwerke "deutlich wirtschaftlicher" gewesen. Jetzt ändere sich das, weswegen man auch die Fernwärme als Zukunftsprojekt wieder in den Blick nahm.
"Das Leo sucht den Energiesparmeister": Mitarbeitende machen Vorschläge
Im Leopoldina dreht man in Sachen Energiesparen nicht nur an den großen Rädern, sondern auch an den kleinen. Julia Schüler aus der Unternehmenskommunikation freut der Erfolg des Programms "Das Leo sucht den Energiesparmeister". Es sei ein größeres Bewusstsein, Energie zu sparen, eingekehrt. Licht ausmachen, wenn man nicht im Raum ist; Computer herunterfahren am Abend; die Heizung nicht voll aufdrehen, wenn die Fenster zum Lüften auf sind: "Im Grunde das, was man zu Hause auch machen würde", sagt Julia Schüler.
Durch den Wettbewerb gab es auch Tipps von Seiten der Belegschaft, wo man mit einfachen Mitteln sparen könnte. Bewegungsmelder für das Licht in bestimmten nur von der Belegschaft genutzten Bereichen, zum Beispiel. Wolfgang Köhler setzt die Vorschläge nun mit seinem Team um.
Froh ist man auch, dass es gelungen ist, in allen Abteilungen Ansprechpartner für das Thema Energiesparen zu haben. Diese bringen die nötige Sensibilität in die Teams. Sebastian Güldner sagt auch: "Das Thema Energiekostensteigerung führt nicht dazu, dass Einsparungen auf dem Rücken der Mitarbeitenden ausgetragen werden. Wir brauchen jeden, vor allem für die Patienten."
Klimamanager Dominik Morhard legt Wert auf nachhaltiges Arbeiten
Eine Besonderheit im Leopoldina ist die Rolle von Privatdozent Dr. Dominik Morhard. Der leitet nicht nur die Radiologie und Neuroradiologie, sondern hat sich zum Klimamanager der Klinik fortbilden lassen. Aus persönlichem Antrieb: "Mir sind die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit wichtig. Ich habe drei Kinder, auch unsere nachfolgenden Generationen sollen noch eine lebenswerte Umwelt haben."
Morhard hat ein Team, in dem Vertreter der Technik, der Pflege, der Ärzteschaft und des Betriebsrates dabei sind. Vor allem geht es darum, wie man ein Krankenhaus nachhaltig betreiben, möglichst viel Müll vermeiden und dennoch die hohen, auch gesetzlich verankerten Anforderungen an Hygiene im Krankenhaus erfüllen kann.
Beispiele, dass das geht, wenn man sich achtsamer verhält, gibt es viele. Den Müll zu trennen in Plastik, Papier und das, was zwingend verbrannt werden muss, um zu verhindern, dass Keime aus dem Krankenhaus nach draußen dringen. Oder plastikfreie Wischtücher für die Desinfizierung von Liegen und anderen Flächen zu verwenden anstatt die herkömmlichen – noch dazu, wenn das nachhaltigere Produkt nicht mehr kostet.
Ein anderes Beispiel zeigt Dominik Morhard in einer kleinen gelben Plastikkiste. Die ist bis zum Rand mit Scheren gefüllt, die im OP verwendet werden. Sie sind aus Metall, aber tatsächlich ein Einweg-Produkt, da die Sterilisation teuer und aufwändig wäre. Deshalb landeten sie bisher wegen der Keimbelastung in der Müllverbrennung. Morhard sammelt die Scheren und gibt sie einem Spezialbetrieb, der sie einschmilzt und neue Scheren macht. Das ist ökologisch gesehen auf jeden Fall der bessere Weg.