Einmal im Monat eine Stunde: Das sind die festen Termine von Tom und Jerry. Nach dem Kater und der frechen Maus aus der Comic-Welt sind die beiden Notstromaggregate im Keller des Leopoldina-Krankenhauses benannt. Warum? Das weiß keiner so genau. Seit 2017 stehen die beiden Diesel, die je 150 Liter pro Stunde verbrauchen, im Keller des Leopoldina. Ihre Aufgabe: bei einem Stromausfall so schnell wie möglich wieder die Versorgung der Klinik zu gewährleisten. "Zehn Sekunden brauchen die Diesel, bis sie anspringen", erklärt Wolfgang Köhler, Leiter Geschäftsbereich Technik. 15 Sekunden sind entsprechend der Norm vorgeschrieben.
Nicht jede Steckdose hängt am Notstrom
Die Notstromaggregate sorgen unter anderem dafür, dass bei einem Stromausfall die Beatmungsgeräte weiter laufen können, dass das Licht in den Operationssälen nicht ausgeht. Nicht jede Steckdose in der Klinik hängt am Notstrom. Es geht vor allem um die im wahrsten Sinn des Wortes lebenswichtigen Bereiche, um Prioritäten. "Die Kaffeemaschinen können auch mal eine Pause einlegen", meint Wolfgang Köhler.
Die Diesel werden topgepflegt, sagen Wolfgang Köhler, der mit Daniel Eußner (Fachbereichsleitung Elektrotechnik und Peter Riedel (Wassertechnik), durch die Unterwelt des Krankenhauses führt. "Beim kleinsten Fleck auf dem Boden wird geschaut, wo der herkommen könnte." Jede Woche wird ein Rundgang gemacht, jeden Monat gibt es einen einstündigen Probelauf. "Zum Schluss ist das die wichtigste Anlage. Sie kann über Leben und Tod entscheiden."
- Lesen Sie hier: Blick hinter die Kulissen
Einmal im Monat will das Team sehen, dass die Maschinen Leistung übernehmen können. Einen großen Probelauf gibt es dann jeweils um 6 Uhr am ersten Mittwoch im Juli. Unter echten Katastrophenbedingungen sozusagen: Das Leo trennt sich stromseitig von außen ab, man fährt im Inselbereich, erklärt Köhler. Der Zeitpunkt wurde gewählt, weil es im Juli um diese Zeit schon relativ hell ist. Einen Testlauf komplett im Dunklen zu machen, wäre ziemlich anstrengend. Außerdem wird um diese Zeit in der Regel nicht operiert.
Viel im Einsatz waren Tom und Jerry noch nicht. Ihre Motoren kommen umgerechnet auf 50 Kilometer Laufleistung im Monat, auf 600 Kilometer im Jahr. Für 48 Stunden Betrieb muss der Treibstoffvorrat reichen. Für jeden der Diesel sind 80 000 Liter eingelagert.
40 Mitarbeiter in 21 Berufen: Die Technikabteilung kümmert sich um so einiges. Um Elektro, Heizungs-, Lüftungs-, Sanitär-und Kältesysteme. Ebenso um die Telefon-, Patientenruf-, Brandemelde- und Schließanlage. Schlosser, Schreiner und Maler gehören auch zum Team. Ein Planungsteam ergänzt den Geschäftsbereich Technik.
Aufzüge werden in der Leitwarte gesteuert
Aber zu den Aufgaben gehört auch das Steuern der Aufzüge, die Überwachung aller technischen Prozesse. In der Leitwarte der Technik kümmert sich jemand darum, wenn zum Beispiel ein Besucher Probleme mit dem Parkticket am Parkhaus hat. Hier sitzen die Ansprechpartner, wenn ein Aufzug steckengeblieben ist. Mit einem Click kann einer der Aufzüge auf Wunsch so programmiert werden, dass er nicht mehr automatisch auf jeder Station hält, sondern direkt zum vorgegebenen Zielpunkt durchfährt.
- Lesen Sie hier: Wo kommt der ganze Müll hin?
An der Stirnwand der Zentrale steht eine riesige Schaltwand. Sieht aus wie in einem Kraftwerk mit den ganzen Knöpfen, Lichtern und Schaltern. Die Tafel ist aber jetzt fast nur noch Dekoration. Die Mitarbeiter sehen alles detailliert auf ihrem Computer-Bildschirm. Oder sie bekommen eine Fehlermeldung direkt auf ihr Diensthandy. Sogar wenn die Tür eines Blut-Kühlschrankes auf einer Station nicht geschlossen ist, die Temperatur im Inneren steigt, gibt das System Alarm.
Auch die Transportsysteme, die für den Transport von Sterilgut, Apothekengut, Essen, Wäsche und Müll in der Klinik sorgen, werden hier kontrolliert. "Wir sind dafür zuständig, dass alles läuft", sagt Köhler. Fällt ein Karton um, der Transport bleibt stehen, hilft dann nicht die Technik, sondern "Manpower": "Wir schicken jemanden hin, der das anpackt." 5000 Rauchmelder sind im Leopoldina installiert. Auch sie kontrolliert Köhlers Team.
Einen Stock über den Dieseln stehen vier Blockheizkraftwerke. 85 Prozent der Stroms, 60 Prozent der Wärme, die das Krankenhaus verbraucht, werden hier produziert. Maximale Leistung je Aggregat: 360 Kilowatt (KW). "Wenn alle vier Aggregate laufen, stehen maximal 1440 KW zur Verfügung. Die Hauslast des Leopoldinas liegt bei zirka 1800 KW, das heißt, es muss zusätzlich vom Energieversorger Strom dazu geliefert werden,erklärt Peter Riedel. 6000 Stunden pro Jahr laufen die Maschinen. Rund 100 000 Euro kostet die Wartung für die vier Maschinen im Jahr. Die Motorabwärme wird übrigens in die Heizungssysteme, im Sommer auch in die Kühlung übertragen.
Hier unten im Keller wird auch das Wasser aufbereitet. "Wir erzeugen unterschiedliche Wasserqualitäten", erklärt Peter Riedel. Zum Beispiel enthärtetes Wasser, vollentsalztes Wasser. "Ohne Wasseraufbereitung läuft oben im Krankenhaus nichts."
Und ohne Luft läuft oben auch nichts. Viele Räume sind innenliegend, werden mit Frischluft versorgt. Die Luftaufbereitung ist einer der faszinierendsten Abschnitte auf diesem Technik-Rundgang. Über sechs außenliegende Rohre mit einem Durchmesser von je 2,75 Metern wird die Luft angesaugt und strömt durch ein riesiges unterirdisches Gelände, das wie ein verlassenes Parkhaus aussieht. Dann trifft die Luft auf eine Filter-Wand.
Luft wird mit gewünschter Temperatur im Haus verteilt
Und dann wird sie auf das Haus verteilt. Mit gewünschter Temperatur. Wenn ein Operateur es gerne etwas wärmer hätte als der Kollege oder die Kollegin im OP nebenan: Kein Problem. "Wir können die Operationssäle auf das Grad genau einstellen", so Köhler.
Zurück nach der "Wanderung" durch die Gänge und Keller fällt der Blick auf einen Fön, der auf dem Tresen am Eingang zur Technik-Zentrale liegt. Die Abteilung ist auch dafür zuständig, Elektrogeräte zu prüfen. Zum Beispiel einen Fön, der auf eine der Stationen kommt.
24 Stunden im Leopoldina-Krankenhaus: Im Rahmen einer Serie stellen wir das Krankenhaus vor, in dem 24 Stunden an den unterschiedlichsten Orten und Bereichen Betrieb ist. Von A wie Apotheke bis Z wie Zentrale Notaufnahme. Dabei geht es auch an Orte, die Patienten und Besucher nicht sehen. Alle Teile der Serie finden Sie unter: www.mainpost.de/24+Stunden+Leopoldina./