zurück
Schwebheim
Empörung bei der AWO in Schwebheim über "dreiste" Personalabwerbung von Mitbewerber Domicil
Vor dem AWO-Haus wurde ein Firmenauto mit Stellenanzeigen des Schweinfurter Senioren-Pflegeheims Domicil abgestellt. Die Verantwortlichen halten das für "legitim". 
Empört ist man bei der AWO über den Versuch der Domicil-Unternehmensgruppe, Pflegepersonal abzuwerben. Am Freitag wurde vor dem AWO-Pflegeheim in Schwebheim dieses Fahrzeug des Domicil-Seniorenheimes Schweinfurt abgestellt, das ringsum mit Stellenausschreibungen beklebt war.
Foto: Katja Eckert | Empört ist man bei der AWO über den Versuch der Domicil-Unternehmensgruppe, Pflegepersonal abzuwerben. Am Freitag wurde vor dem AWO-Pflegeheim in Schwebheim dieses Fahrzeug des Domicil-Seniorenheimes Schweinfurt ...
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:55 Uhr

Mit harten Bandagen wird jetzt um Pflegepersonal gekämpft. Am Freitagmittag stand vor dem AWO-Pflegeheim in Schwebheim ein Firmenfahrzeug des Schweinfurter Domicil-Seniorenheimes, dessen Scheiben ringsum mit Stellenanzeigen für Pflegepersonal zugeklebt waren. Das knallrote Auto war so geparkt, dass AWO-Beschäftigte beim Verlassen des Firmenparkplatzes unweigerlich daran vorbei mussten und auf die Stellenanzeigen aufmerksam wurden. 

"Wir sind entsetzt und schockiert, mit welch' massiver Mitarbeiterabwerbung Domicil hier vorgeht", empört sich AWO-Heimleiterin Monika Müller über die "dreiste Aktion". Da das Fahrzeug auf öffentlichem Grund stand, hatte sie aber keine Handhabe, dagegen vorzugehen. Deshalb wollte sie ihre Kollegin im Domicil-Seniorenheim in der Theresienstraße, zu dessen Fuhrpark das Auto gehört, zur Rede zu stellen. Die Leiterin hatte sich aber schon ins Wochenende verabschiedet. Man vertröstete Monika Müller auf Montag.

Vor dem AWO-Pflegeheim in Schwebheim wurde dieses Firmenauto des Schweinfurter Seniorenheimes Domicil abgestellt, dessen Scheiben ringsum mit Stellenausschreibungen für Pflege- und Betreuungspersonal beklebt sind.
Foto: Katja Eckert | Vor dem AWO-Pflegeheim in Schwebheim wurde dieses Firmenauto des Schweinfurter Seniorenheimes Domicil abgestellt, dessen Scheiben ringsum mit Stellenausschreibungen für Pflege- und Betreuungspersonal beklebt sind.

Die AWO-Heimleiterin schaltete daraufhin den Heimbeirat ein. Vorsitzender Hans Fischer, Altbürgermeister von Schwebheim, wurde bei seiner telefonischen Nachfrage im Schweinfurter Domicil aber ebenfalls abgewiesen. Die Abwerbeaktion des Trägers, sei "an Dreistigkeit nicht zu überbieten". Eine "billige, plumpe und primitive Art", Mitarbeitende zu rekrutieren, sagt Fischer.

AWO-Heimleitung verurteilt Vorgehensweise von Domicil

AWO-Heimleiterin Monika Müller verurteilt das Vorgehen von Domicil scharf. Die Pflegesituation sei schon herausfordernd genug, als dass man sich gegenseitig auch noch solche Konkurrenzkämpfe liefern müsse. "Auch wir müssen uns tagtäglich mit dem Thema Pflegekräftemangel auseinandersetzen und würden nie zu solchen Mitteln greifen."

Die AWO-Unterfranken sei ein seriöser Verband, der seine Personalakquise legitim betreibe, sagt Monika Müller. So werde sehr viel Geld und Zeit investiert, um zum Beispiel ausländische Pflegekräfte nach Deutschland zu holen, diese hier zu integrieren und ihnen zu helfen, ein Leben hier aufzubauen. Auch Heimbeiratsvorsitzender Hans Fischer war schon bei der Personalsuche im Ausland dabei. "Wir sollten eher zusammenhalten als gegeneinander arbeiten", meint Heimleiterin Monika Müller angesichts des Pflegenotstands.

Auf dem Armaturenbrett liegen ebenfalls Stellenausschreibungen für Pflege- und Betreuungspersonal.
Foto: Katja Eckert | Auf dem Armaturenbrett liegen ebenfalls Stellenausschreibungen für Pflege- und Betreuungspersonal.

Gesucht wird bei Domicil Personal für die verschiedensten Bereiche. An den Autoscheiben hingen Stellengesuche sowohl für Pflegefachkräfte als auch Betreuungskräfte für die Soziale Betreuung. Auf dem Armaturenbrett lagen weitere Stellenanzeigen, darunter eine Leitungsstelle für die Soziale Betreuung. Auf allen Anzeigen waren gut leserlich Telefonnummer und E-Mail-Adresse abgedruckt, wo man seine Bewerbung abgeben kann.  

"Ich arbeite seit 20 Jahren in der Pflege, so etwas habe ich noch nicht erlebt", ist auch Pflegedienstleiterin Katja Eckert "schockiert" über die "provokante und unfaire Abwerbeaktion". Dabei habe man vor kurzem erst drei Pflegekräfte, die aus Schweinfurt kommen und künftig in Wohnortnähe arbeiten wollen, mit einem Auflösungsvertrag den problemlosen Wechsel zu Domicil ermöglicht.  Dass nun mit solchen Mitteln gearbeitet werde, darüber sei das ganze AWO-Personal entsetzt.

Gegenüber dieser Redaktion wollte Domicil anfänglich keine Stellungnahme zu dem Vorgehen abgeben. Die kommissarische Heimleiterin Malahat Dinkelmann teilte nach Rücksprache mit ihrer Geschäftsführung schließlich mit, dass sie die Abholung des Wagens vor dem AWO-Seniorenheim in Schwebheim veranlasst habe. Für die "Unannehmlichkeiten und Irritationen" entschuldige sie sich. Man habe keinen Ärger machen wollen. Im Nachsatz verwies sie darauf, dass es legitim sei, "dass wir abwerben".

Domicil

Die Domicil Unternehmensgruppe hat ihren Sitz in Hamburg. Bundesweit betreibt sie 46 Häuser für pflegebedürftige Menschen. Sie beschäftigt insgesamt mehr als 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den verschiedensten Einsatzbereichen. In Schweinfurt ist Domicil mit zwei Seniorenpflegeheimen vertreten. Das Haus in der Theresienstraße verfügt über 152 Plätze, die Einrichtung in der Hennebergstraße in der Nähe vom Leopoldina-Krankenhaus ist für 149 Bewohnerinnen und Bewohner konzipiert. Die Unternehmenszentrale in der Hamburger Hafencity steuert und unterstützt die Einrichtungen in allen administrativen Bereichen.
Quelle: Domicil
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schwebheim
Schweinfurt
Irene Spiegel
Armaturenbrett
Hans Fischer
Leopoldina-Krankenhaus Schweinfurt
Müller Schweinfurt
Pflegepersonal
Stellen-Anzeigen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • A. M.
    Nur weil eine AWO das noch nicht erlebt hat, ist ein Zeitungsartikel darüber schon merkwürdig. Wir haben einen freien Markt. Wo sonst soll denn geworben werden, wenn nicht direkt an der Quelle. Und wenn AWO vernünftig zahlen würde, bzw. gute Bedingungen bietet, müssten sie sich um Abwanderung keine Sorgen machen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. G.
    Das ist absoluter Blödsinn. Wo haben wir in dieser Branche einen freien Markt? Diese Branche ist sowas von überreguliert. Und ein freier Markt würde die Zustände nur noch verschlimmern. Was da passiert ist? Kannibalisierung, die am Ende sicher keinem Pflegebedürftigen Nutzen bringt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. H.
    Kann man sich eins grinsen

    die Anzahl der Fachkräfte, die bei bester Ausbildung und jeder Menge Erfahrung für 450,- € im Monat auch noch pro Tag zwei Schichten arbeiten wollen, ist nun mal sehr begrenzt... und wenn jedes Konkurrenzunternehmen vor irgendeiner Firma drei mit Stellenanzeigen vollgepflasterte Autos hinstellt...

    Und jetzt wieder die Sache mit dem Bürgergeld, das die Leute nur dazu verführen soll, sich in die soziale Hängematte zu legen statt sich für ein paar Euro mehr abzurackern - tja, wer Fachkräfte will, soll sie vernünftig bezahlen und behandeln, dann klappt das auch, ansonsten braucht sich mMn niemand über irgendwas zu wundern.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. W.
    Es ist gut, dass die Zeiten vorbei sind, wo sich Unternehmen dreist grinsend über Tarifregelungen hinwegsetzen und "ihre Leute" schamlos beim Lohn betrügen konnten.

    Lieber im Bürgergeld chillen, als sich täglich ausnützen und verbiegen lassen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Wenn Bezahlung, Betriebsklima und Wertschätzung der Arbeit stimmen, bleibt Frau/Mann -daher verstehe ich die Aufregung nicht. Auf allen möglichen Autos, die irgendwo stehen, sind Aufrufe und Mitarbeitersuchen angebracht, spart teure Anzeigen. Wo sonst wäre es angebracht geeignetes Personal anzuwerben? Wer besser bezahlt etc. hat die besseren Karten, und da scheint es in Schwebheim an einigem zu mangeln ( Hörensagen).
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. S.
    Verboten ist so etwas sicher nicht. Es hat aber "Geschmäckle", machen mögen es als legitim betrachten, andere als asozial.

    Ich sehe die Aktion von Domizil als ein "Foulspiel" an.

    Zumal die Angestellten aller Pflege- und Altenheim sich doch eigentlich bewusst sind, dass sie sich ihren Arbeitgeber aufgrund des Mangels an Arbeitskräften aussuchen können!

    Halten die Betreiber der Heime (sowohl AWO als auch Domizil) ihre Pflegekräfte für so blöd, dass sie das nicht sowieso wissen? Da braucht es kein "Werbeauto" vor dem Mitbewerber aber auch keine Angst vor Abwerbung!

    Viel schlimmer ist doch eigentlich die Abwerbung von Fachkräften aus dem Ausland, oftmals aus dem globalen Süden. Dort gibt es wenige ausgebildete Fachkräfte. Die jeweiligen Staaten stecken oftmals eine Menge Geld in diese Ausbildung. Und dann kommen Industriestaaten und werben die wenigen Fachkräfte ab; auf der anderen Seite wird diesen Ländern dann Entwicklungshilfe gezahlt - genau das ist asozial!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • K. S.
    Wo offensichtlich soviel Personal fehlt, ist definitiv davon auszugehen, dass: a)
    die Arbeitsbedingungen schlecht sind, da nützt das ganze Geld nichts, wenn die körperliche und seelische Kraft ausgebeutet wird und b) es kann davon ausgegangen werden, dass die Betreuung der Bewohner mitunter nicht mehr gewährleistet ist. Ich sehe die Aktion als Hilferuf des Domicils. Klar ist, Hilfe ist nicht mehr in Sicht
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. G.
    Das hat was mit „Anstand“ im Umgang miteinander zu tun. Aber da mangelt es wohl bei Domicil.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. W.
    Der Staat wirbt ja auch Fachkräfte in fremden Ländern ab.

    Wieso sollte ein privater Arbeitgeber dann nicht auch Fachkräfte von anderen holen dürfen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • K. S.
    Was sagt uns das Ganze hier? Die Altenpflege ist wohl noch schlechter, als ihr Ruf. Solche Aktionen lassen doch an jeder menschlichen Kompetenz zweifeln. Und die ist dringend nötig in dem Job.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • W. M.
    Wenn bei der AWO das Betriebsklima stimmt, der Umgang mit dem Personal freundlich und höflich ist und auch "anständig" gezahlt wird, dann wird doch kaum ein Beschäftigter auf diese Werbung reagieren und den Arbeitgeber wechseln. Sollten die vorgenannten Kriterien bei der AWO für das beschäftigte Personal nicht zutreffen, dann muß die AWO sicherlich Sorge haben, dass das Personal kündigt und den Arbeitgebeber wechselt. Fazit: Die AWO hat es in der Hand ob das Personal sich bei ihr wohlfühlt und bleibt oder kündigt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • C. B.
    Ich sehe da jetzt kein Problem. Wenn sie da jetzt eine Pflegekraft auf die Stelle als Heimleiterin, weil der Konkurrenz bewirbt, dann ist das mal zu. Warum will die AWO hier den Leuten Steine in den Weg legen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • S. F.
    § 53 Gemeingebrauch und straßenrechtliche Sondernutzung ... / 3. Abstellen eines zugelassenen und betriebsbereiten Kfz auf einer zum Parken zugelassenen öffentlichen Straßenfläche. Es könnte sogar verboten sein.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • K. E.
    Warum hat man bei der AWO denn Angst, wenn man sich doch ach so sehr um seine Mitarbeiter kümmert. Ich denke es weiß jeder was in der Pflege los ist und wie es zu geht. Pflegeheime mit Heiligenschein gibt es nicht. und dass die AWO so wenig Vertrauen in ihre Mitarbeiter hat, zeugt meiner Meinung nach nicht gerade von gutem Verhältnis.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. S.
    Ich bekomme auch Anrufe am Arbeitsplatz von Headhuntern, und das schon seit Jahrzehnten.
    In den sozialen Berufen war das vielleicht bisher noch nicht üblich, aber: Willkommen im realen Wettbewerb!
    Ein Arbeitgeber, der gute Bedingungen bietet, braucht sowas nicht zu fürchten, denn niemand wechselt leichtfertig den Arbeitgeber, wenn da nicht was im Argen liegt...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. B.
    Genau das denke ich auch!!! Wenn man mit seinem Arbeitgeber zufrieden ist,warum sollte man wechseln??da könnten 10 Autos vor der Türe stehen!!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. W.
    Die Zeiten, wo Firmen nach Gutsherrenart mit dem Personal umgehen konnten sind vorbei. Wenn es woanders besser ist, Gehalt und Betriebsklima stimmen, dann sollte man nicht aus falsch verstandener Firmentreue die Chancen verpassen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. P.
    Als attraktiver Arbeitgeber kann man bei solchen Aktionen doch absolut gelassen bleiben. Oder etwa nicht?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Leider steht Ihnen die Kommentarfunktion auf mainpost.de nicht zur Verfügung. Deshalb werden wir Ihren Kommentar nicht veröffentlichen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • S. O.
    Durch den Artikel hat Domicil dann gleich nochmal eine Plattform zum Werben - frei nach dem Motto 'there is no such thing as bad publicity'.

    Ich denke, die AWO kann davon ausgehen, dass ihre Arbeitnehmer durchaus in der Lage sind, sich den für den Einzelnen besser passenden Arbeitgeber auszusuchen.

    Von ein bisschen Werbung auf einem Auto wird wohl kaum jemand dazu gebracht werden den Arbeitsplatz zu wechseln - außer er hat mit der Idee sowieso schon geliebäugelt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten