
Es herrscht reger Betrieb in der Gärtnerei Gräb in der Rügshöfer Straße unweit des Friedhofs in diesen Tagen. Fast nichts deutet darauf hin, dass das alteingesessene Familienunternehmen nach fast 100 Jahren zum Ende des Monats seine Türen schließen wird - und zwar für immer. Lediglich auf einem kleinen Zettel an der Wand steht ein kurzer Hinweis, dass sich die Kunden mit ihren Wünschen ab November an eine Kollegin aus Frankenwinheim wenden können.
Die Inhaberin der Gerolzhöfer Gärtnerei, Inge Gräb-Fischer, möchte ohne großes Aufhebens gehen, das betont sie im Gespräch mit der Redaktion mehrfach. Ihre Stammkunden wüssten es ohnehin schon, denen hat sie die traurige Nachricht bereits in persönlichen Gesprächen mitgeteilt.
Drei Jahrzehnte die Gärtnerei geführt
Zum 1. November wird sie ihre Gärtnerei aufgeben. Mit fast 65 Jahren möchte sie endlich in ihren wohlverdienten Ruhestand gehen. Außerdem geht es gesundheitlich nicht mehr so, wie es nötig wäre, sagt sie.
49 Jahre hat sie in der leicht versteckt liegenden Gärtnerei in unmittelbarer Nähe zur Auffahrt der Anschlussstelle Geo-Nord an der B 286 gearbeitet. Vor drei Jahrzehnten übernahm sie die Leitung des Familienbetriebs von ihrem Vater Ludwig Gräb jun., der seit den 1960er-Jahren die Geschäfte führte.
Dessen Vater Ludwig Gräb wiederum hatte 1926 die Flächen gekauft und die Gärtnerei "nach und nach aufgebaut". Wann genau, das weiß die Enkelin nicht, aber es dürfte in den folgenden Jahren gewesen sein. Lange Zeit noch hatte ihr Vater nach der Übergabe in dem kleinen Familienbetrieb mitgeholfen, bis zu seinem Tod, ebenso ihre Mutter Rosa. In den Hauptsaisons, im Frühjahr und Herbst, beschäftigte sie regelmäßig Aushilfskräfte.
Bekannt für Trauerfloristik und Grabbepflanzung
Die Gärtnerei Gräb ist in der Region bis heute ein fester Begriff, wenn es um Floristik mit Stil und Qualität geht. Besonders gefragt ist die Trauerfloristik. Viele Menschen aus Gerolzhofen, vor allem aber aus dem Umland, so die Inhaberin, kauften bei ihr Blumen, Gestecke und auch selbst angebautes Gemüse - von Lauch über Sellerie, Salat, Wirsing und Tomaten bis hin zu Paprika und Zucchini.
Bis vor zwei Jahren bepflanzte Inge Gräb-Fischer eine Vielzahl von Gräbern auf dem benachbarten Friedhof. Zu Spitzenzeiten, in den 1980er-Jahren, waren es bis zu 220 Gräber gleichzeitig. "Das war sehr beliebt bei der Kundschaft", erinnert sie sich.
Diese Servicedienstleistung hat sie über die Jahre Stück für Stück an ihre frühere Mitarbeiterin Judith Helbig aus Frankenwinheim abgegeben; eben jene Gärtnerin auf dem erwähnten Hinweiszettel, zu der ihre Kunden nach der Schließung ab November wechseln können, wenn sie das wollen.
Keine Betriebsübergabe angestrebt
Denn eine Nachfolge wird es nicht geben. Die Inhaberin hat sich auch gar nicht darum bemüht, weil die Gebäude und Glashäuser aus ihrer Sicht mittlerweile in die Jahre gekommen sind und einiges modernisiert werden müsste.
Wehmütig oder gar traurig ist Gräb-Fischer keineswegs. Vielmehr freut sie sich auf ihre Rente. "Ich bin froh", sagt sie. Endlich könne sie nun früh in aller Ruhe ihren Kaffee genießen und die Zeitung lesen. Gerade die längeren Fahrten frühmorgens und mehrmals in der Woche zu den Großhändlern, wo sie ihre Pflanzen und Schnittblumen gekauft hat, waren für sie recht anstrengend.
Und welchen Wunsch möchte sie sich demnächst erfüllen, in der neugewonnen freien Zeit? "Auf Reisen" will sie gehen. Als erstes Ziel hat sie Holland auserkoren, und zwar zur Tulpenblüte. Sie sei noch nie dort gewesen, gesteht die Gärtnerin. Doch auch wenn es dort um Pflanzen geht, eines weiß sie ganz genau: "Ich werde dort nicht arbeiten, nur gucken."