
Zum Jahreswechsel hat sich mit dem Blumenhaus Engel eines der alteingesessenen, inhabergeführten Unternehmen in Gerolzhofen aus dem hiesigen Geschäftsleben verabschiedet. Doch damit endet nicht das Kapitel des Blumenverkaufs am Marktplatz. Hildegard Engel ist es gelungen, eine Nachfolgerin für ihr Geschäft zu finden, wie sie es Anfang Januar bereits in den sozialen Medien angekündigt hat.
"40 Jahre reichen, jetzt wird sich ein neues Kapitel für mich auftun", sagt die bisherige Geschäftsinhaberin. Sie freue sich, dass der Marktplatz weiterhin "blumig belebt" wird. So beschreibt sie es mit Blick auf die Fortführung des Geschäfts unter neuem Namen.
Die Geschichte des "Grünen Markts", wie das Blumenhaus Engel nicht nur bei vielen Einheimischen, sondern weit über die Stadtgrenzen hinaus hieß, reicht aber weit über 40 Jahre zurück. Über acht Jahrzehnte gehörte das Geschäft zur Stadt, an wechselnden Standorten.
Geschichten für ein ganzes Buch
"Ich könnte ein Buch schreiben, was ich in den 40 Jahren so alles erlebt habe", meint Hildegard Engel, nachdem sie Anfang Januar ihr Ladengeschäft leergeräumt hatte. Die 58-Jährige wurde in Bamberg geboren und wuchs in Lisberg (Lkr. Bamberg) auf. Im Jahr 1982 lernte sie ihren späteren Ehemann Harald Engel kennen. "Als gelernte Kauffrau wurde ich sofort von seiner Familie freundlich aufgenommen", erzählt sie. "Als erstes durfte ich die Oma und Geschäftsführerin Leni Schulze kennenlernen." Mit Waffelbecher und Eierlikör in der Hand habe diese sie beim ersten Aufeinandertreffen empfangen.

Bereits am folgenden Valentinstag durfte Hildegard Engel im Gerolzhöfer Blumen- und Gemüseladen mithelfen. "Die frischen Früchte und Blumen faszinierten mich sofort", sagt sie. "Mir war klar: Langweilig wird es hier nicht, schon allein durch das wechselnde Angebot an Saisonblumen."
Dass sie den Großteil ihres Lebens mit und in dem "Grünen Markt" verbringen würde, konnte der jungen Frau damals jedoch noch nicht klar gewesen sein. Und auch manch andere schwere Stunde, die für sie damit einhergegangen ist.
Laden im Altbau in der Spitalstraße
Als Hildegard Engel ihren späteren Mann Harald kennenlernte, war das Geschäft von dessen Eltern Otmar und Else Engel noch in der Spitalstraße. Dorthin war das Obst- und Gemüsegeschäft umgezogen, nachdem Friseurmeister Adam Bayer im Jahr 1961 sein Geschäft in den Zehnthof (Grabenstraße/Breslauer Straße) verlegt hatte, wie der Gerolzhöfer Lokalhistoriker Bertram Schulz weiß. "Im Sommer 1979 wurde das in die Jahre gekommene Häuschen abgebrochen und ein ins Gesamtbild der Spitalstraße passender Neubau errichtet", berichtet Schulz. In dem Haus befindet sich heute im Erdgeschoss das Altstadtbüro.

Harald Engel und sein Vater Otmar holten mehrmals in der Woche Obst und Gemüse frisch vom Großmarkt in Nürnberg, erinnert sich Hildegard Engel. Im Jahr 1986 heiratete sie Harald. Ein Jahr später kam ihr erster Sohn zur Welt.
Die Familie wohnte damals in dem historischen Fachwerkhaus am Marktplatz, wo zuletzt auch das Geschäft war. Mit Schrecken erinnert sie sich an die Nacht im Jahr 1990, als es in der Gastwirtschaft unter ihrer Wohnung brannte. "Damals war ich mit unserem zweiten Jungen hochschwanger, und jeder, der schon mal einen Brand miterlebt hat, weiß, wie schlimm dies ist." Mit Rauchspuren im Gesicht rettete sich die Familie mit ihrem Kleinkind auf dem Arm ins Freie. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt.
Plötzlich eine Fußgängerzone vorm Geschäft
Ein weiterer Einschnitt war für die Händler-Familie im selben Jahr die Umwandlung der Spitalstraße in eine Fußgängerzone. "Dies ist für unsere Familie heute noch schwer nachvollziehbar, warum man diese gut frequentierte und beliebte Straße so konzeptlos kaputt gemacht hat. Denn 34 Jahre später gibt es immer noch keine versprochene Aufenthaltsqualität, Veranstaltungen, Bäume oder Spielgeräte", sagt Hildegard Engel. Als Konsequenz verlegten sie im Jahr 1992 ihr Geschäft zum Marktplatz, in das nach dem Brand sanierte Fachwerkhaus. Der Fokus lag seitdem auf Schnitt- und Topfpflanzen, Früchte und Gemüsejungpflanzen für Selbstversorger.
Hildegard Engel legte ihre Floristenprüfung ab und bildete junge Floristinnen aus. "Wir waren Anlaufstelle für Beerdigungen, Hochzeiten und andere Feste", erinnert sie sich.

Was dann folgte, beschreibt sie als "schlimmste Zeit für mich". Im Jahr 2012 wurde die Krebserkrankung ihres Mannes Harald bekannt. Im Februar 2013 starb dieser im Alter von nur 52 Jahren. "Die Anteilnahme, die ich damals erfuhr, war überwältigend", sagt Hildegard Engel. Es gab ihr Kraft. "Aufgeben war keine Option", sagt sie. Schließlich seien ihre beiden Söhne noch in der Ausbildung gewesen und die Mitarbeiterinnen brauchten ihren Job. Diese Verantwortung ließ sie weitermachen. Heute stellt sie fest: "Rückblickend bin ich stolz auf das, was ich alles bewerkstelligte."
Dank an die Unterstützerinnen und Unterstützer
Sie dankt ihrer Schwiegermutter Else Engel, die weiterhin mit ihr um 5 Uhr in die Gärtnerei zum Einkauf fuhr. Ebenso den treuen und langjährigen Kunden und den vier Mitarbeiterinnen sowie ihrem Lebensgefährten Peter Dreßel, der sie in den vergangenen acht Jahren "bedingungslos unterstützte", wie sie sagt.
Ab 1. Februar übernimmt Blumen Edelweiß aus Hausen in Thüringen, das nach Angaben der Geschäftsführerin 65 Blumenläden betreibt, unter anderem in Bad Kissingen, Bad Neustadt und Schweinfurt das Ladengeschäft. Die Filiale in Gerolzhofen, die laut Schaufensteraushang am 8. Februar eröffnet, wird dann diejenige sein, die vom thüringischen Stammsitz am weitesten entfernt ist.

Die Mitarbeiterinnen vom Blumenhaus Engel übernimmt Blumen Edelweiß laut Fleischer komplett. Das Warensortiment besteht vor allem aus Schnittblumen, Topfpflanzen und Floristik für viele Anlässe, wie Trauerfeiern oder Hochzeiten, aus einer eigenen Gärtnerei. Auch Gemüsejungpflanzen sowie Pflanzen für Beete und Balkon werden weiter angeboten. Nur frisches Obst wird's künftig am Gerolzhöfer Marktplatz keines mehr zu kaufen geben.
Was am Rande noch erwähnt gehört: Hildegard Engel beendet ihr Geschäft nicht ganz. Den Christbaumverkauf vor Weihnachten möchte sie fortführen, am bisherigen Betriebssitz in der Steigerwaldstraße.