zurück
Gochsheim
Edeka klagt gegen weitere Streiks von Verdi: Tarifstreit im Einzelhandel erreicht neue Eskalationsstufe
Der Tarifstreik im bayerischen Einzelhandel verschärft sich. Um den Streik zu beenden, zog Edeka nun vor die Arbeitsgerichte in Schweinfurt und Nürnberg.
Seit mehreren Wochen streiken Teile der Belegschaft im Edeka-Logistikzentrum in Gochsheim. Jetzt ist der Lebensmittelkonzern vor Gericht gezogen.
Foto: Bildarchiv EDEKA | Seit mehreren Wochen streiken Teile der Belegschaft im Edeka-Logistikzentrum in Gochsheim. Jetzt ist der Lebensmittelkonzern vor Gericht gezogen.
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 22.07.2023 05:34 Uhr

Seit Wochen brodelt es im Tarifstreit mit dem bayerischen Einzelhandel. Zuletzt zogen am Montag wieder 200 Streikende aus dem Groß- und Einzelhandel durch Schweinfurt, um den Druck auf die Arbeitgeber bei den laufenden Tarifverhandlungen zu erhöhen. Besonders rumort es derzeit zwischen Beschäftigten von Edeka im Logistikzentrum in Gochsheim und der Edeka Zentrale Nordbayern-Sachsen-Thüringen mit Sitz in Rottendorf im Landkreis Würzburg.

Um die 100 Beschäftigte streiken dort für 13 Prozent mehr Lohn, eine Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 250 Euro und allgemeinverbindliche Tarifverträge für alle Beschäftigten. Indes leeren sich in den Edeka-Märkten der Region die Regale, da immer weniger Waren aus dem Zentrallager an die Märkte vor Ort ausgeliefert werden. 

Nun hat der Tarifstreit eine neue Stufe der Eskalation erreicht. Am Mittwoch zog Edeka gegen die Gewerkschaft Verdi vor die Arbeitsgerichte in Schweinfurt und Nürnberg, mit dem Ziel, einzelne Tarifforderungen von Verdi für unzulässig zu erklären und weitere Streiks zu unterbinden. Konkret geht es in Schweinfurt um die Forderung von Verdi, abgeschlossene Tarifverträge wieder für alle Beschäftigten verbindlich umzusetzen, erklärt Verdi-Gewerkschaftssekretär Peter König.

Edeka beklagt Schaden im Millionenbereich

Edeka betont in diesem Zusammenhang, das Streikrecht bei Tarifverhandlungen zu respektieren, sieht die anhaltenden Streiks in ihrer Dauer jedoch nicht mehr verhältnismäßig, entgegnet Stefanie Schmitt, Pressesprecherin der Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen. "Diese [...] haben mittlerweile eine Dauer von insgesamt rund 150 Streiktagen über vier Wochen am Stück erreicht und sind daher nach unserer Auffassung unverhältnismäßig und rechtswidrig." Der Schaden liege im Millionenbereich, beklagt Schmitt.

Verdi bestreikt seit vier Wochen die Logistikzentren von Edeka in Gochsheim, Marktredwitz, Sachsen bei Ansbach und Berbersdorf. "Ein Warnstreik beträgt normalerweise nur einige Tage, aber nicht Wochen", meint Schmitt. Die Situation habe Edeka dazu gezwungen, die Rechtmäßigkeit der Warnstreiks prüfen zu lassen. Aktuell zahlt Edeka seinen Mitarbeitenden seit Juli bis zum Abschluss der Tarifverhandlungen jeden Monat eine Inflationsausgleichsprämie von 200 Euro aus, so Schmitt.

Verdi gewinnt Verhandlung in Schweinfurt

Verdi kritisierte die Klagen im Vorfeld. "Unsere Forderungen sind tariffähig. Wir dürfen diese stellen und tun das seit acht Jahren", bekräftigt Gewerkschaftssekretär Peter König gegenüber der Redaktion. Er wirft dem Konzern vor, die laufenden Streiks mithilfe von juristischen Winkelzügen von Gerichten verbieten lassen zu wollen, anstatt Streitpunkte am Verhandlungstisch auszutragen. König wirft Edeka zudem vor, intern Druck auf die streikende Belegschaft auszuüben und Streikbrechprämien zu zahlen. Damit belaste Edeka das Klima innerhalb der Belegschaft. 

Verdi-Gewerkschaftssekretär Peter König führt den Streik in Schweinfurt. Dort hat die Gewerkschaft heute einen Sieg vor dem Arbeitsgericht davon getragen. In Nürnberg hat Edeka die Klage für sich entschieden.
Foto: Josef Lamber | Verdi-Gewerkschaftssekretär Peter König führt den Streik in Schweinfurt. Dort hat die Gewerkschaft heute einen Sieg vor dem Arbeitsgericht davon getragen. In Nürnberg hat Edeka die Klage für sich entschieden.

In einem erstinstanzlichen Urteil hat das Arbeitsgericht Nürnberg die Streiks von Verdi bei den Lagerstandorten Sachsen bei Ansbach und Schwabach in ihrer aktuellen Form durch eine einstweilige Verfügung unterbunden und als rechtswidrig bezeichnet. Verdi muss dort die laufenden Streiks in ihrer aktuellen Form nun stoppen. In Schweinfurt hingegen hat das Arbeitsgericht die Klage von Edeka abgewiesen.

Hubert Thiermeyer, Verdi Landesfachbereichsleiter im Handel Bayern, bezeichnete das Urteil von Nürnberg in einer Pressemitteilung als "absurd und zynisch" gegenüber den Beschäftigten. Edeka wolle mit den Klagen Druck aus den Verhandlungen nehmen, um einen niedrigeren Tarifabschluss zu erzielen. Die Gewerkschaft kündigte deshalb an, Berufung gegen das Urteil von Nürnberg einlegen zu wollen. 

Edeka widerspricht den Vorwürfen und erklärt auf Anfrage, dass Angestellten keinerlei Repressalien drohen würden, sagt Pressesprecherin Stefanie Schmitt. "Wir freuen uns, dass das Arbeitsgericht Nürnberg unsere Rechtsauffassung zu den laufenden Streiks teilt." Was die Entscheidung zum Streik in Gochsheim betrifft, wolle Edeka am Landesarbeitsgericht in Nürnberg ebenfalls Berufung einlegen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Gochsheim
Marcel Dinkel
Angestellte
Arbeitsgerichte und Arbeitsgerichtsbarkeit
Edeka-Gruppe
Einzelhandel
Tarifforderungen
Tarifverhandlungen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • dohpt
    Gewerkschaften haben nach wie vor ihre Berechtigung. Die Reichen werden immer reicher, das sollte doch jedem zu denken geben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Mic_Ro
    Die Gewerkschaften haben in dieser Form ihre Berechtigung verwirkt!
    Das ist nicht das Ziel der Tarifautonomie, die wichtig ist, gewesen!
    Früher war es ein Miteinander und es ging vernünftig und gerecht zu!
    Jetzt ist es eine Ansammlung von Erpressern, die die Gesellschaft unterjocht, leiden lässt und für sozialen Unfrieden sorgt!
    Dieser Linksgerichteter Club ist egoistisch und schaut nur nach dem eigenen Geldbeutel! Die Bevölkerung ist ihnen Wurscht!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • dietmar@eberth-privat.de
    Man kann fast Mitleid mit Ihnen haben. Was ist da bei Ihnen passiert bei so einem Hass?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Mic_Ro
    Das hat mit Gewerkschaften rein nix zu tun!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • h.lins
    Man sollte seine Angestellten anständig bezahlen.. das steht außer Frage. Aber mittlerweile haben die Gewerkschaften die Macht in Deutschland. Und das muss unterbunden werden. Am Ende zahlt der Endverbraucher sowieso. Auch durch die überzogenen Forderungen z.B. IG Metall usw. haben manche Leute mehr Geld in der Tasche, aber dem gegenüber steht eine stetige Abwanderung großer Firmen ins kostengünstige Ausland. Ist es das wert?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • dietmar@eberth-privat.de
    "Auch durch die überzogenen Forderungen z.B. IG Metall"

    Können Sie da bitte mal einen Tarifabschluss als Beispiel nennen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • dietmar@eberth-privat.de
    Alles kein Weltuntergang. Ist immer das gleiche, am Anfang "Säbbelrasseln" auf BEIDEN Seiten und am Ende steht der Kompromiss mit dem BEIDE leben können. Das war schon IMMER so. Sind alles erwachsene Leute auf BEIDEN Seiten, die keine Klugsch... brauchen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • jebusara@web.de
    Streik = legale Erpressung.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • dominikrazlaff
    Und absolut berechtigt und legitim.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Mic_Ro
    Erpressung ist immer kriminell!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • clubfan2@gmx.de
    Edeka..Wir lieben Lebensmittel
    unsere Angestellten nicht so sehr!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Mic_Ro
    Mit Erpressern verhandelt man nicht!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • roswitha.oehrlein@aol.com
    Wenn Sie damit Verdi meinen muss ich ihnen recht geben!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Mic_Ro
    Ja! Absolut! Da sind mittlerweile alle Gewerkschaften gleich!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • 91189
    Vielleicht einfach mal mehr zahlen, dann hört das mit dem Streiken auf. Ganz bestimmt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • roswitha.oehrlein@aol.com
    Und die damit verbundenen Mehrausgaben auf die Preise aufschlagen, meinen Sie das so???
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Unterfrank
    Die Preise wurden schon kräftig erhöht, die Arbeiter hatten (fast) nichts davon. Der Streik ist gerechtfertigt, auch wenn manche Regale zeitweise leer bleiben. Hungern wird deswegen keiner bei uns.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Belph
    Peinlich Edeka, ihr habt doch genug, zahlt anständige Löhne!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • roswitha.oehrlein@aol.com
    Genug kann man nie haben, deswegen streiken die ja!😁
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Mic_Ro
    Die Löhne sin im Vergleich doch gar nicht so schlecht!
    Mann muss immer die Position, die Qualifikation und die Leistung berücksichtigen!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten