Vor rund zehn Jahren schloss die Lidl-Filiale in der Kettelerstraße im Schweinfurter Stadtteil Oberndorf. Damals gab es einen Aufschrei der Bürgerinnen und Bürger, tausende Unterschriften für den Erhalt der Filiale wurden gesammelt. Geholfen hatte es nichts. Nun plant ein Investor, auf rund drei Hektar Ackerfläche in der Nähe der Autobahnauffahrt zur A70 ein Einkaufszentrum. Dagegen gibt es durchaus nennenswerten Widerstand. Und ein Alternativkonzept.
Das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an der Informationsveranstaltung pro Dorfladen für Oberndorf im Pfarrsaal St. Josef war groß: Über 150 kamen, nicht nur aus Oberndorf, sondern aus der ganzen Stadt und vor allem auch dem auf der anderen Seite der Autobahn gelegenen Bergrheinfeld.
Das wäre von den städtischen Plänen ein Einkaufszentrum zu bauen massiv betroffen. Die Zukunft der dortigen Lidl-Filiale steht auf dem Spiel, wenn sich nur wenige hundert Meter entfernt ein Rewe, ein neuer Lidl und ein Drogeriemarkt ansiedeln.
Bürgermeister von Bergrheinfeld ist strikt gegen das neue Einkaufszentrum
Bergrheinfelds Bürgermeister Ullrich Werner machte bei der Informationsveranstaltung auch keinen Hehl daraus, dass er von den Schweinfurter Plänen nichts hält. Verhindern kann er sie aber auch nicht, weswegen es im Grunde auch darum geht, wie der Stadtrat mit dem zu erstellenden Vorhaben bezogenen Bebauungsplan umgeht und wie schnell die Idee von einem Dorfladen in einer Immobilie an der Hauptstraße in Oberndorf realisiert werden kann.
Der Vorsitzende der Vereinigung der Bürger- und Dorfläden in Deutschland, Wolfgang Gröll, stellte den Bürgerinnen und Bürgern verschiedene Konzepte vor. Für die Oberndorfer Landwirtin Kathrin May, eine der Initiatorinnen des Abends, ist der Dorfladen "der letzte Funken Hoffnung." Sie wendet sich vor allem gegen die Versiegelung wertvoller Ackerfläche.
Gröll betonte, die derzeit rund 400 Dorf- und Bürgerläden in Deutschland (die Hälfte davon in Bayern) dürfe man nicht als reine Lebensmittelläden sehen, sondern als Treffpunkt im Ort mit verschiedenen Nutzungen, die sich ergänzen. Wichtig sei, "dass wir kein festes Konzept haben, sondern immer gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern ihren Dorfladen entwickeln."
Mehr Produkte als ein Discounter und Preise, die konkurrenzfähig sind
Natürlich müsse man sich in einem sehr stark umkämpften Lebensmittelmarkt bewähren. Das gelinge aber, nicht nur weil das Personal – selbst wenn es als Quereinsteiger nicht aus der Branche kommt – sich mit dem Thema Dorfladen identifiziert, sondern auch, weil die Preise tatsächlich mehr als konkurrenzfähig seien und das Angebot mit gut 3000 Produkten meist auch deutlich größer sei als bei einem Discounter. Dazu komme Regionalität der Ware und das Thema unverpackt.
Die Nutzungen in einem Dorfladen sind grundsätzlich darauf ausgelegt, dass ein echter Treffpunkt entstehen kann: Nicht nur Lebensmittel, sondern auch Lotto/Toto, Post, Büchertausch, ein kleines Café oder Bistro, Veranstaltungsräume, Kooperationen mit Vereinen. Im Grunde eine Art Mehrgenerationenhaus und damit auch das Bedienen eines Trends in einer immer älter werdenden Gesellschaft in Deutschland.
Leidenschaftliche Plädoyers für den Aufbau eines Dorfladens
In der Diskussion wurden zwei Positionen deutlich: Skepsis, ob das Projekt wegen vielerlei Hürden realisierbar ist, wie bei SPD-Stadträtin Marianne Prowald, die nach der Schließung der Lidl-Filiale viele Jahre für einen neuen Markt im Stadtteil kämpfte und immer wieder Absagen bekam. Sie ist eine Befürworterin des Einkaufszentrums auf der grünen Wiese.
Die Gegenposition nahmen Prowalds Stadtratskollegin Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) und Agenda-Gruppensprecher Roland Merz ein. Sie hielten leidenschaftliche Plädoyers für einen Dorfladen und forderten zum Mitmachen auf. Merz erklärte, der Besitzer der früheren Norma an der Oberndorfer Hauptstraße sei bereit zu vermieten. Man habe im Hintergrund auch eine Person aus der Lebensmittelbranche, die beratend zur Seite steht. "Habt Mut in Oberndorf", so Merz, der auch die Kosten für finanzierbar hält.
Klar wurde in der Diskussion aber auch, dass man in Sachen Dorfladen erst ganz am Anfang steht. Weswegen Berater Gröll auch vorschlug, dass nun als nächster Schritt eine Veranstaltung folgen müsse, bei der man konkret das Projekt vorstellt, Arbeitsgruppen bildet und sich mit den Themen Konzept, Immobilie, Finanzierung und Mitarbeitende beschäftigt. Im Idealfall, und wenn die Immobilie nicht zu sanierungsbedürftig ist, sei es durchaus möglich, im ersten Quartal 2024 zu eröffnen, so Gröll.
Den Lidl in Oberndorf und Bergrheinfeld gab es meherere Jahre problemlos nebeneinander, die taten sich nichts. Dann baute Lidl seinen Standort in der Niederwerrner Straße massiv aus. Das killte dann den Standort in Oberndorf.
Die Oberndorfer müssen wählen, was sie lieber wollen: einen Supermarkt auf der grünen Wiese, wo es nur noch darum geht ab wann gebaut wird ODER diese unsichere Sache mit dem Dorfladen, wo alles in den Sternen steht und noch mit vielen Unsicherheiten verbunden ist.
Ich teile die Position von Frau Prowald - Oberndorf hat Zuverlässigkeit verdient.