Allein in Unterfranken sind 2019 elf Menschen ertrunken. Das erklärte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) auf Anfrage der Redaktion. Acht Mal wurde eine Reanimation durchgeführt, in 300 weiteren Fällen wurde medizinische Hilfe durch DLRG-Kräfte notwendig, 500 Mal musste Hilfe geleistet werden. 24 000 Helferstunden kamen so in der Region zusammen. Noch im Jahr 2015 wurde laut Polizei kein einziger tödlicher Badeunfall in Unterfranken registriert. Bayernweit ertranken im vergangenen Jahr 95 Menschen, wie die DLRG am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in München mitteilte. Sechs mehr als 2018. Im gesamten Bundesgebiet waren es demnach mindestens 417 (2018: 504).
Mangelnde Schwimmfähigkeit
Die Gründe für Badeunfälle sind vielfältig, die größten Gefahren lauern laut Statistik an unbewachten Gewässern. Sorgen machen den Experten nach wie vor die mangelnde Schwimmfähigkeit im Land, vor allem bei Grundschulkindern. Dagegen kämpfen Rettungsgesellschaften wie DLRG und Wasserwacht seit Jahren an. Doch hier stoße man, so sagt Udo Niehaus aus Schonungen (Lkr. Schweinfurt), Vorsitzender der DLRG Bezirk Unterfranken, immer wieder auch an eigene Grenzen, etwa bei der Verfügbarkeit von ausgebildeten Rettungskräften.
"Hier muss man sehen, dass die Ansprüche an die ehrenamtliche Arbeit in den letzten Jahren sehr stark angestiegen sind. Auch die Ausbildungsinhalte haben einen stark gestiegenen Lehrumfang erreicht, den viele junge Mitglieder scheuen und damit die Basis für das weitere organische Wachstum bremsen", erklärte Niehaus gegenüber dieser Redaktion. Dennoch stellt er auch eines klar: "Die DLRG leistet einen wertvollen Beitrag in der Schwimmbefähigung der Gesellschaft."
21 300 DLRG-Schulungsstunden
Allein in Unterfranken haben im vergangenen Jahr 192 aktive Mitglieder und ihre Helfer über 21 300 Schulungsstunden gehalten und dabei fast 4000 Teilnehmer in Ausbildungsmaßnahmen mit Schwimmanfängern, darunter nicht nur Kinder, sondern auch Jugendliche und Erwachsene, betreut.
Insgesamt hat die DLRG Bezirk Unterfranken aktuell 4417 Mitglieder, knapp die Hälfte, nämlich 2145, sind Kinder und Jugendliche.
Schwimmbecken statt Saunatempel
Doch wodurch sind die Schwimmdefizite im Land nun genau bedingt? Marode Schwimmbäder? Schwimmmeistermangel? Gleichgültigkeit? Laut Niehaus sind das drei Themen für sich. "Sie sind alle kritisch und bedingen sich gegenseitig." Ohne gute Aufsicht und Ausbilder gebe es keine guten Schwimmer. Ohne Schwimmbäder brauche es keine Fachkräfte für die Schwimmaufsicht. Und ohne gute Angebote von freien Schwimmzeiten hätten Eltern immer weniger Möglichkeiten, ihre Kinder in der Wassergewöhnung und der Schwimmausbildung zu unterstützen.
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"Das ist ein gordischer Knoten, der in meiner persönlichen Ansicht auf höchster Ebene gelöst werden muss. Es muss in Deutschland wieder eine Stimmung entstehen, das es wichtig ist, das jedes Kind – jeder Bürger – ein sicherer Schwimmer ist und dass wir es uns leisten wollen im Sinne der Gesunderhaltung aller Bürger ein gutes Angebot an Schwimmbädern zu haben", so Niehaus. Hier seien neben dem Bund und den Ländern auch die Landkreise und jede einzelne Gemeinde gefordert, "sich solche Ziele zu setzen und dafür einzutreten", so der unterfränkische Experte. Die Entwicklung zu teuren Freizeitbädern mit Sauna-Tempel nützten da wenig.
Ansturm auf Schwimmkurse ungebrochen
Auf lokaler Ebene passiere da schon einiges, Niehaus nennt als Beispiele die Schweinfurter Landkreisgemeinden Schonungen und Dittelbrunn. Landesweit sollen zudem vom Freistaat Fördergelder in Höhe von 120 Millionen Euro fließen. Positiv bewertet Niehaus auch den Ansturm auf die Schwimmkurse in Unterfranken. Diese seien fast fortwährend ausgebucht.