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Kreis Schweinfurt
Die Inzidenzen für Stadt und Kreis Schweinfurt sind doch sehr viel höher als gemeldet
Die deutlich unter dem Schnitt liegenden Inzidenzwerte für Stadt und Kreis fallen schon länger auf. Es gab eine Vermutung, woran das liegen könnte. Jetzt ist es amtlich.
Das Gesundheitsamt Schweinfurt kann seit Tagen die Zahlen für das RKI nur verspätet melden. Das führt zu falschen, viel zu niedrigen Inzidenzangaben.
Foto: Martina Müller | Das Gesundheitsamt Schweinfurt kann seit Tagen die Zahlen für das RKI nur verspätet melden. Das führt zu falschen, viel zu niedrigen Inzidenzangaben.
Horst Breunig
 |  aktualisiert: 10.02.2024 11:15 Uhr

Wer die Corona-Inzidenzen der letzten Wochen verfolgt hat, dem ist längst aufgefallen, dass sie überall steigen, in Deutschland, in Bayern und in allen Landkreisen – genauer gesagt in fast allen Landkreisen. Denn während sonst die Inzidenzen immer neue Höhen erreichen, sind sie laut Robert-Koch-Institut (RKI) in Stadt und Kreis Schweinfurt sowie im Kreis Bad Kissingen seit Tagen auffällig niedrig. Fast schon unverschämt niedrig.

Nehmen wir den vergangenen Samstag, 26. März. Da meldete das RKI mit einer bundesweiten Inzidenz von 1758,4 einen neuen Höchstwert. Bayernweit liegt die Inzidenz an diesem Tag bei fast 2200, im Nachbarlandkreis Haßberge nochmal 1000 Punkte höher. Und in Schweinfurt? Läppische 737, im Kreis Schweinfurt immerhin 901,8 und im Kreis Bad Kissingen sogar 1187,4.

Man fragt sich also, woran kann das liegen? Andererseits sind wir in Schweinfurt ja wild hin- und herspringende Inzidenzen gewohnt. Einmal bundesweit die schlechteste Inzidenz, dann wieder die beste. Vielleicht verhalten sich die Schweinfurter ja auch einfach super: halten Abstand, nehmen die Maske, meiden größere Feiern und lassen sich impfen, wann immer das möglich ist.

Nichts dergleichen. Der Grund für die niedrige Inzidenz ist ein ganz simpler: Das Gesundheitsamt meldet die Zahl der Neuinfizierten erst verzögert ans RKI. Wir erinnern uns: Die 7-Tage-Inzidenz wird errechnet, in dem man die Zahl der Neuinfizierten der vergangenen Tage zusammenzählt, durch die Einwohnerzahl teilt und mit 100.000 multipliziert.

Auffällig niedrig sind die Inzidenzen  in Schweinfurt und Bad Kissingen. Das zeigt auch dieser Ausschnitt aus dem Tagblatt.
Foto: Horst Breunig | Auffällig niedrig sind die Inzidenzen  in Schweinfurt und Bad Kissingen. Das zeigt auch dieser Ausschnitt aus dem Tagblatt.

Für die Darstellung der neu übermittelten Fälle pro Tag wird beim RKI das Meldedatum verwendet – das Datum, an dem das lokale Gesundheitsamt Kenntnis über den Fall erlangt und ihn elektronisch erfasst hat. Ist also beispielsweise am Montag ein Fall dem Gesundheitsamt bekannt geworden und es meldet diesen am Donnerstag ans RKI, dann wird er dort nachträglich den Infiziertenzahlen vom Montag zugeschlagen.

Werden nun aber wie in Schweinfurt Zahlen erst verspätet ans RKI weitergeleitet, dann hat das gleich zwei statistische Auswirkungen. Zum einen fehlen in der 7-Tage-Berechnung die jeweils aktuellsten Fälle, zum anderen wirken sich nachgemeldete Fälle mit einem Meldedatum, das schon mehr als sieben Tage zurückliegt, gar nicht mehr bei der Inzidenz aus.

Viele Fälle werden erst Tage später nachgemeldet

Wir haben die Meldezahlen für Schweinfurt einige Tage auf dem Dashboard des RKI verfolgt und festgestellt, dass die Meldezahlen der jüngsten vier Tage sehr niedrig und die nachgemeldeten Fälle sehr viele sind. Beispiel: Für den 22. März waren im Kreis Schweinfurt 266 Fälle gemeldet, fünf Tage später wurden weitere 266 Fälle nachgemeldet.

Auf der Übersicht der gemeldeten Zahlen beim RKI ist gut zu erkennen, dass an an jüngsten Tagen auffällig wenige Neuinfizierte gemeldet wurden. Hier die Grafik für den Landkreis Schweinfurt. Gelb sind die Zahlen, die aktuell nachgemeldet wurden.
Foto: Horst Breunig | Auf der Übersicht der gemeldeten Zahlen beim RKI ist gut zu erkennen, dass an an jüngsten Tagen auffällig wenige Neuinfizierte gemeldet wurden. Hier die Grafik für den Landkreis Schweinfurt.

Um eine ungefähre Vorstellung von der tatsächlichen Inzidenz in der Stadt zu erhalten, haben wir die Infiziertenzahlen laut RKI vom 15. bis 21. März addiert und eine Inzidenz von 2055 errechnet. Das RKI hatte damals nur eine Inzidenz von 911 gemeldet. Im Landkreis hatten sich im selben Zeitraum 3351 Personen infiziert, was zu einer Inzidenz von 2434 führt. Offiziell gemeldet war aber nur eine Inzidenz von 1149. Nicht eingerechnet sind natürlich die Personen, die sich infiziert haben, ohne dem Gesundheitsamt bekannt zu sein.

Auf der Übersicht der gemeldeten Zahlen beim RKI ist gut zu erkennen, dass an an jüngsten Tagen auffällig wenige Neuinfizierte gemeldet wurden. Hier die Grafik für die Stadt Schweinfurt.
Foto: Horst Breunig | Auf der Übersicht der gemeldeten Zahlen beim RKI ist gut zu erkennen, dass an an jüngsten Tagen auffällig wenige Neuinfizierte gemeldet wurden. Hier die Grafik für die Stadt Schweinfurt.

Wir haben die Pressestelle des Landratsamtes Schweinfurt als Sprachrohr des Gesundheitsamtes dazu befragt und folgende Antwort bekommen: "Die Situation stellt sich im Gesundheitsamt Schweinfurt auch nicht anders dar, als in anderen Gesundheitsämtern in Unterfranken. Das seit Wochen anhaltend hohe Infektionsgeschehen stellt eine Vielzahl an Gesundheitsämtern sowie auch die auswertenden Labore vor sehr große Herausforderungen. Das betrifft auch das Gesundheitsamt Schweinfurt. Die hohen Fallzahlen sorgen unter anderem dafür, dass es zu Überlastungen und somit zu zeitweisen Ausfällen der Fallbearbeitungssoftware Sormas kommen kann. Hinzu kommt die angespannte Personalsituation sowohl im Gesundheitsamt (Wegfall der Bundeswehr-Amtshilfe, krankheitsbedingte Ausfälle) als auch bei den auswertenden Laboren. Das Arbeitskaufkommen des Gesundheitsamts ist zusätzlich durch umfangreiche Aufgaben im Zuge der Ukrainehilfe nochmals gestiegen. Somit kann ein Teil der Fallzahlen auch im Gesundheitsamt Schweinfurt nur mit Verzögerung an das RKI gemeldet werden und findet erst rückwirkend Eingang in die RKI-Statistik."

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten laut Landratsamt seit Wochen an der Grenze ihrer Kapazitäten und tun ihr Menschenmöglichstes, um das Arbeitsaufkommen zu bewältigen. Auch im Gesundheitsamt Schweinfurt habe die Isolation von positiven Covid-19 Fällen höchste Priorität. Dabei stehe insbesondere der Schutz von Menschen vulnerabler Personengruppen im Fokus, schreibt uns die Pressestelle des Landratsamtes.

Alle positiven Tests müssen mit einem PCR-Test bestätigt werden

Und was empfiehlt das Gesundheitsamt Personen, die eine positiven Coronatest, aber nur geringe Symptome haben, auch im Hinblick auf eine PCR-Testung und die Auslastung der Labore?

"Alle Personen, die mittels Antigenschnelltest positiv getestet wurden, müssen sich unverzüglich isolieren, auch wenn das Gesundheitsamt noch keinen Kontakt mit ihnen aufgenommen hat. Ein positiver Selbsttest sollte über das Onlineformular www.landkreis-schweinfurt.de/selbsttest an das Gesundheitsamt übermittelt werden. Alle positiven Selbst- oder Schnelltests müssen auch weiterhin mit einem PCR-Test bestätigt werden. Zur Vereinbarung einer PCR-Testung erhalten die Betroffenen eine E-Mail des Gesundheitsamtes mit einem Link zur Terminvereinbarung im lokalen PCR-Testzentrum."

Im Falle eines positiven PCR-Testergebnisses bemesse sich die Quarantänezeit immer ab dem Tag des ersten positiven Schnell- oder Selbsttests. Bürgerinnen und Bürger müssten daher nicht besorgt sein, dass die verzögerte Auswertung des PCR-Testergebnisses Auswirkungen auf die Dauer der Quarantäne hat. Weitere Informationen zu Quarantänezeiten und Vorgehen bei einem positiven Test finden Bürgerinnen und Bürger unter www.landkreis-schweinfurt.de/positivertest.

 
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  • rasputin32
    Macht es mit den Meldungen wie mit den Masken:
    Man braucht sie nicht mehr.
    1000 Leute auf der Würzburger Mainbrücke, 50000 im Fußballstadion, die Neue Regierung erläßt Gesetze gegen eine Maskenpflicht.
    Die Mainpost sollte mal was anderes berichten z.B. Was geschieht in Afghanistan oder wieviele Impfdosen der 500 Mio gekauften sind abgelaufen oder vom Verfall bedroht?
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  • Winfriedvath@web.de
    Am 22. März meldet das LGL für Schweinfurt 15.495 Fälle, heute 16.823. Die Differenz beträgt 1.338 Fälle. Geteilt durch 0,533 ergibt das eine Inzidenz von 2.491. Das ist zwar nicht berechnet nach dem Datum, an dem das örtliche Gesundheitsamt Kenntnis der Infektionen bekam, sondern danach, wann dem LGL die Fälle gemeldet wurden, hat aber den Vorteil, dass keine Fälle hinten runter fallen. Offizielle Zahl für Schweinfurt heute übrigens 1.046.
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  • sbrenner@arcor.de
    Die genannten Gründe für verzögerte Meldungen gelten nicht nur für Schweinfurt. Die anderen Gesundheitsämter bekommen es trotzdem hin. Seit Pandemiebeginn fällt man in SW negativ auf, keine Konsequenzen? Auf der anderen Seite- so lange es nur noch Auswirkung auf den Farbkleks der Landkarte hat, was solls?
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  • Ernler22290809
    Im Umkehrschluss wirken sich die höheren Inzidenzen dann noch weniger auf das Gesundheitssystem als offiziell aus. Hr. Lauterbach meldete auch inkl. Dunkelziffer bis zu 600.000 Infektionen pro Tag. Bei diesen Zahlen und dem Wetter tritt schon jetzt eine "Sättigung" ein und wie immer geht es ab April irgendwann steil bergab - auch ganz ohne viele Maßnahmen.
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  • jutta.noether@web.de
    Warum sollte bei den Schweinfurtern ausgerechnet das reibungslos funktionieren?
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  • Winfriedvath@web.de
    "...wirken sich nachgemeldete Fälle mit einem Meldedatum, das schon mehr als sieben Tage zurückliegt, gar nicht mehr bei der Inzidenz aus."
    Dann muss man halt die Inzidenz für 14 Tage berechnen. In den letzten 14 Tagen gab es rund 2.200 Fälle in Schweinfurt. Geteilt durch 0,533 ergibt sich dann eine 14-Tage-Inzidenz von etwa 4.100. Geteilt durch zwei, um wieder auf die 7-Tage-Inzidenz zu kommen, ergibt sich eine Inzidenz von rund 2.050.
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  • zwrecht@aol.com
    "Dann muss man halt die Inzidenz für 14 Tage berechnen" - von der Infektion bis zu den Krankheitssymptomen, bis zum Test vergeht schon ne Woche, eine Woche verspätete Meldung dazu und man meldet Krankheitsfälle, die es schon gar nicht mehr gibt! Daher auch 7 Tage ! Infektion + Test + Testergebnis und Corona sollte schon vorbei sein !
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  • Winfriedvath@web.de
    Es geht um die verspätet gemeldeten Fälle. Wenn ein Fall 10 Tage zu spät gemeldet wurde, taucht er in der 7-Tage-Inzidenz nicht mehr auf. In der 14-Tage-Inzidenz aber schon.
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  • kretzers
    "Ich glaube nur den Statistiken, die ich selbst gefälscht habe" (Sir Winston Churchill)
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  • klafie
    dachte ich mir schon lange, dass mit den fallzahlen in sw was faul ist. kann nicht sein, dass in sw stadt und landkr. die zahlen umsoviel niedriger sind als anderswo, naja is halt sw!
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