Eines vorweg: Es geht hier nicht darum, einen Schuldigen für das Dilemma um die verfälschten Inzidenzzahlen zu finden. Den gibt es auch nicht, denn: die Infizierten lassen sich testen, die Labore melden die Ergebnisse ans Gesundheitsamt und das gibt sie weiter ans Robert-Koch-Institut (RKI). So weit so gut und alles korrekt, wie es sein soll.
Allen aber, die wussten, dass eben diese Weitermeldung ans RKI verzögert stattfindet, muss klar gewesen sein, dass das zu verfälschten Inzidenzberechnungen führt. Und auch allen anderen muss doch aufgefallen sein, dass Stadt und Kreis Schweinfurt sowie der Kreis Bad Kissingen im täglichen Inzidenzranking völlig aus dem Rahmen fallen.
"Trau keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast", sagt eine alte, scherzhaft gemeinte Redewendung. Soll heißen: mit der passenden Kombination von Zahlen kann man eine Statistik in die gewünschte Richtung beeinflussen. Bei der Inzidenz wird jedoch nichts geschönt. Der Fehler entsteht durch die verzögerte Weitermeldung ans RKI. Es stellt sich die Frage: Hat man bei Stadt, Landratsamt und Gesundheitsamt das Problem nicht erkannt oder sich einfach nur über die tollen niedrigen Zahlen gefreut? Oder war es den Verantwortlichen einfach wurscht, weil die Inzidenz ohnehin keine große Rolle mehr spielt?
Ja, das Gesundheitsamt hatte Mitte März in einer Pressemitteilung geschrieben, dass es "beim aktuellen Fall- und Arbeitsaufkommen eine gewisse zeitliche Verzögerung" nicht verhindern kann. Richtig wäre aber gewesen, das Problem aktiv aufzuzeigen und klarzustellen. Zwei Sätze hätten schon genügt. Zum Beispiel: "Aufgrund der hohen Fallzahlen kann das Gesundheitsamt die aktuellen Infiziertenzahlen nur mit Verzögerung ans RKI melden. Die wahren Inzidenzen für Stadt und Kreis liegen daher deutlich über den vom RKI berechneten."
Zwei Sätze – und die Welt wäre in Ordnung. Transparenz nennt man das. So nimmt man Frauen und Männern, die hinter allem gleich eine Verschwörung wittern, den Wind aus den Segeln. So zeigt man, dass man offen und ehrlich mit den Bürgergerinnen und Bürgern umgeht, für die man arbeitet. Und so schützt man die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitsamtes vor ungerechtfertigter Kritik an ihrem anstrengenden Job, den sie schon seit über zwei Jahren machen.
Der Grund dafür ist einfach der Meldeverzug von scheinbar bis zu vier Tagen unter der Woche. Am Wochenende wird scheinbar gar nichts weitergemeldet. Dass das nach zwei Jahren Pandemie immer noch nicht besser klappt, ist ein Trauerspiel.
Außerdem beruhen die heutigen Zahlen im Allgemeinen auf Tests, die eher zufällig erfolgen. Nachdem diese Tests aber inzwischen massiv zurückgegangen sind, sollte uns die derzeitige Inzidenz ziemlich beunruhigen. Die Wahrheit sollte bei mindestens dem Doppelten liegen...
Warum macht man es bei uns nicht so, wie in anderen Ländern, indem man repräsentative Stichproben regelmäßig testet? Nur die Schüler werden noch regelmäßig getestet...
So kann Statistik nicht funktionieren...
Leider wird man in SW aber nicht viel erwarten können. Hier wurde schon seit Beginn der Pandemie viel verheimlicht und beschönt - dazu muss man nur heute die aktuelle Meldung des Gesundheitsamtes anschauen. Da werden heute doch glatt nur 28 Patienten gemeldet, die in Krankenhäuser in Behandlung sind. Es wäre, auch wenn es nichts ändert, doch schön zu wissen, was das Gesundheitsamt bezweckt.
Die Offenheit, die alle anderen Landkreise die hier bei Mainpost vertreten sind, seit Beginn der Pandemie zeigen, wäre von SW ebenfalls wünschenswert. Zumindest für einen teil der Leser.