Bis zum Tag der Bürgerentscheide zum Standort der neuen Grundschule der Gemeinde Kolitzheim am 26. März ist es zwar noch fast einen Monat hin. Doch die Gemeindeverwaltung gibt auf Antrag bereits Briefwahlunterlagen an diejenigen heraus, die ihre Abstimmungsbenachrichtigung schon erhalten haben. Diese Benachrichtigungen sollen laut Marcel Ritz, dem Geschäftsleiter der Gemeinde, bis spätestens 5. März komplett versandt worden sein. Der Antrag der Briefwahlunterlagen ist auch online möglich, unter www.kolitzheim.de.
Wer möchte, kann die Stimmzettel zur Briefwahl gleich ausfüllen und bei der Gemeinde einreichen. Deshalb gilt es bereits jetzt, sich mit dem Prozedere der Bürgerentscheide, den beiden zur Auswahl stehenden Schulstandorten sowie den Modalitäten der Stimmauswertung vertraut zu machen.
Zur Vorgeschichte: Wie kam es zu den Bürgerentscheiden zur Schulstandort-Frage?
Der Kolitzheimer Gemeinderat hat am 13. Dezember 2022 mit 12:9 Stimmen entschieden, die künftige Grundschule für Schülerinnen und Schüler aus allen Ortsteilen in Herlheim zu errichten. Daraufhin wurde Anfang Januar ein Bürgerbegehren mit 1338 gültigen Stimmen eingereicht, das vorsieht, die neue Grundschule anstelle der ehemaligen Hauptschule in Unterspiesheim zu bauen. Dieses nahm der Gemeinderat am 10. Januar an. Zugleich legte er fest, dass der daraus folgende Bürgerentscheid am 26. März stattfinden wird. Ende Januar fand ein Ratsbegehren, das einen Schulbau in Herlheim vorsieht (wie ursprünglich vom Gemeinderat beschlossen) eine knappe Mehrheit im Gemeinderat. So entscheiden die Wählerinnen und Wähler nun zwischen beiden möglichen Schulstandorten.
Wo und wann ist eine Stimmabgabe möglich?
Wahlberechtigte, die nicht vorab die Möglichkeit zur Briefwahl genutzt haben, können ihre Stimmen am Wahlsonntag, 26. März, von 8 bis 18 Uhr im Sportheim im Kastanienweg in Kolitzheim persönlich abgeben. Das ist der laut der Abstimmungsbekanntmachung der Gemeinde festgelegte Stimmbezirk. Zur Wahl ist der Abstimmungsschein mitzubringen.
Im Rathaus in Kolitzheim ist das Briefwahllokal untergebracht. Die Briefwahlergebnisse werden dort am Wahltag ab 16 Uhr ermittelt. Die Stimmen aus der Urnenabstimmung (Sportheim) werden erst nach Schließung des Wahllokals ab 18 Uhr ausgezählt. Das Ergebnis der Bürgerentscheide wird noch am gleichen Abend bekanntgegeben, erklärt Geschäftsleiter Ritz. Die Stimmauszählung ist übrigens öffentlich.
Was steht auf den Stimmzetteln und wie viele Stimmen sind zu vergeben?
Das Grundsätzliche vorab: Jede Wählerin und jeder Wähler darf bis zu drei Stimmen vergeben. Trotz mehrerer Abstimmungsfragen gibt es nur einen Stimmzettel. Dieser enthält im Wortlaut den Bürgerentscheid 1 mit folgender Frage des Bürgerbegehrens: "Sind Sie dafür, dass die neue Grundschule der Gemeinde Kolitzheim in Unterspiesheim gebaut wird?" Weiter findet sich auf dem Zettel der Bürgerentscheid 2 mit der Frage des Ratsbegehrens: "Sind Sie dafür, dass die neue Grundschule der Gemeinde Kolitzheim in Herlheim gebaut wird?" Beide Fragen sind mit einem Ja oder Nein zu beantworten.
Darüber hinaus kann die Wählerin oder der Wähler eine dritte Frage entscheiden, die Stichfrage. Diese kommt nur dann zum Tragen, wenn beide Bürgerentscheide jeweils eine gültige Mehrheit finden. In der Stichfrage geht es darum, das Kreuzchen direkt einem der beiden Bürgerentscheide zu geben. Es geht in der Stichfrage also darum, sich nochmals direkt für den Standort Unterspiesheim oder Herlheim zu entscheiden.
Wann gilt die Abstimmung über die Bürgerentscheide als entschieden?
Die Bayerische Gemeindeordnung schreibt laut Ritz in Artikel 18a vor, dass die Bürgerentscheide 1 und 2 dann entschieden sind, wenn die Fragestellung mit der Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen beantwortet wurde. Zusätzlich – das wird bisweilen übersehen – muss diese Mehrheit mindestens 940 Stimmen entsprechen. Diese errechnen sich aus den zum Stichtag festgestellten 4697 Stimmberechtigten in der Gemeinde, von denen mindestens 20 Prozent (das sind jene 940) benötigt werden, um eine Mehrheit zu erreichen. Erst dann gilt das sogenannte Abstimmungsquorum als erfüllt.
Wichtig ist dabei noch: Um das Quorum zu erfüllen, werden mindestens 940 Ja- oder mindestens 940 Nein-Stimmen benötigt. Und: Am Ende werden die Bürgerentscheide nicht miteinander verglichen, um zu sehen, wer die meisten Stimmen hat. Ein Bürgerentscheid gilt für sich als entschieden, sobald das Quorum erreicht ist.
Sollten beide Bürgerentscheide die (positive) Mehrheit erreichen und damit erfolgreich sein, dann entscheidet die Stimmenvergabe zur Stichfrage über den Ausgang der Standort-Abstimmung. Hier gilt dann die Mehrheit der für die Stichfrage abgegebenen gültigen Stimmen.
Wie wirken die Bürgerentscheide sich auf den Gemeinderatsbeschluss zum Schulstandort aus?
Seitdem der Gemeinderat am 10. Januar die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zum Schulstandort Unterspiesheim festgestellt hat, darf die Gemeinde bis zur Durchführung des Bürgerentscheids nichts mehr unternehmen, was dem Begehren entgegensteht. Der Gemeinderatsbeschluss vom Dezember ruht also. So schreibt es die Bayerische Gemeindeordnung (Artikel 18a) vor. Dort ist ebenfalls geregelt, dass der Bürgerentscheid innerhalb von drei Monaten nach Feststellung der Zulässigkeit des Begehrens terminiert werden musste.
Wie verbindlich ist das Ergebnis des Bürgerentscheids?
Grundsätzlich hat ein Bürgerentscheid die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses. Sollte es am 26. März also dazu kommen, dass der Bürgerentscheid für den Standort Unterspiesheim die Mehrheit gewinnt, dann hebt dieser den Gemeinderatsbeschluss für Herlheim auf. Sollte der Bürgerentscheid pro Herlheim gewinnen, dann würde sich an dem Beschluss vom Dezember de facto nichts ändern, dann bliebe es beim Schulhausbau in Herlheim.
Zur Dauer, die ein Bürgerentscheid wirkt, äußert sich die Gemeindeordnung ebenfalls. Dort heißt es, dass ein Bürgerentscheid innerhalb eines Jahres nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden kann, "es sei denn, dass sich die dem Bürgerentscheid zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage wesentlich geändert hat".
Welche maßgeblichen Unterschiede zwischen den möglichen Schulstandorten in Unterspiesheim und Herlheim gibt es?
Am augenfälligsten ist der Unterschied, dass in Unterspiesheim ein Areal bebaut würde, auf dem sich ein seit Jahren leerstehendes Schulhaus befindet. Diese frühere Hauptschule würde abgerissen werden. In Herlheim würde auf einer bisher als Acker genutzten Fläche am Ortsrand in Richtung Alitzheim gebaut werden. Die vorgesehene Fläche ist mit gut 25.000 Quadratmetern ziemlich genau doppelt so groß wie das frühere Schulgelände in Unterspiesheim.
Exakte Baukosten wurden bisher für keinen der beiden Standorte ermittelt. Die Gemeinde geht laut Geschäftsleiter Ritz aber von annähernd gleichen Zahlen aus. Denn an beiden möglichen Standorten könnten die im Raum stehenden Vorstellungen eines Neubaus grundsätzlich verwirklicht werden. Sie sind nachzulesen in einem vor drei Jahren erarbeiteten pädagogischen Raumfunktionsbuch, das auf der Website der Gemeinde veröffentlicht ist.
Als Anhaltspunkt dienen der Gemeinde überschlägige Kostenschätzungen von 15 Millionen Euro, ohne Erschließungskosten und ohne Berücksichtigung einer Sporthalle. Diese basieren auf einem vergleichbaren Schulbau in Schonungen, sind aber bereits zwei Jahre alt und sicherlich heute so nicht mehr zu halten. In Unterspiesheim kämen noch Kosten für den Abriss der alten Schule hinzu (geschätzte 400.000 Euro). In Herlheim hingegen müsste das Baugrundstück erst noch voll erschlossen werden.
Der Bürgereintscheid hätte vermutlich von Anfang an vermieden werden können wenn die Vorbereitung und Abstimmung im Gemeinderat besser gelaufen wäre.
Hier muss man den Bürgermeister in die Pflicht nehmen und einen Teil der Gemeinderäte.
Der Bürgermeister hat schlicht nicht mit dem Nichtwissen einiger Gemeinderäte gerrechnet und diese haben ihre Unsicherheit was die Tragweite der Abstimmung betrifft nicht erkennen lassen wollen. Und das so lange bis das Kind in den Brunnen gefallen ist; in dem Fall bis nach der Abstimmung.
Bin gespannt wie die Abstimmung ausgeht und ist doch auch mal schön, dass alle Bürger darüber abstimmen dürfen