
Er würde gut in einen Science-Fiction-Film passen: "Spot", der Hunderoboter, der die Gäste am Campus der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) begrüßt. Der mit Kameras und Sensoren ausgestattet Vierbeiner ist mitnichten aber eine Zukunftsvision. Bei der Polizei in Nordrheinwestfalen ist er seit Jahren im Einsatz. An der Schweinfurter THWS dient er der Forschung und Wissenschaft, an diesem Tag als Show-Objekt.
Es ist "Tag der Wissenschaft". Die THWS hat ihre Türen geöffnet, um Einblick zu geben. Und viele Interessierte sind gekommen. Nicht nur angehende und ehemalige Studierende, auch viele Eltern mit Kindern, Vertreter von Schulen und Firmen, von Industrie und Handwerk. Das Angebot der THWS ist vielfältig und deckt die ganze Bandbreite der Studiengänge am Standort Schweinfurt ab. Es gibt Vorträge, Workshops und Experimente – und viel Informationen über das Studieren an der THWS, über Karrierechancen oder Weiterbildungsmöglichkeiten.
"Lernen und Forschen am Nabel der Zeit", unter diesem Motto stellt Präsident Professor Dr. Jean Meyer in seiner Eröffnungsrede die "Hightech-Strategie der THWS" vor. Sie ist mit 50 Studiengängen die viertgrößte Hochschule in Bayern. "Alles, was in der Wirtschaft gebraucht wird, kann man bei uns studieren."
"Taifun 17 H2" steht schon flugbereit auf dem Campus

Stichwort Wirtschaft: Der Blick hinter die Kulissen zeigt, dass an der TH neben Lehre und Forschung die Praxis einen hohen Stellenwert besitzt. Studierende sitzen nicht nur in Vorlesungen, sondern bauen zum Beispiel ein Flugzeug mit Brennstoffzellen-Antrieb. "Taifun 17 H2" steht schon flugbereit auf dem Campus, darf aber noch nicht abheben. "Er ist noch etwas zu schwer", erklärt Professor Winfried Wilke, der an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt den Studiengang Wasserstofftechnik leitet und stolz den Wasserstoffflieger zeigt.
Die Entwicklung des Brennstoffzellenantriebs erfolgte in Kooperation mit Industriepartnern. Die Integration, der Einbau und die Erprobung führte die THWS allein durch. Mit an Bord war auch die 19-jährige Marie Gebert, die im zweiten Semester Wasserstofftechnik studiert und gleich die Chance genutzt hat, in dem Vorzeigeprojekt der THWS mitzuarbeiten. "Das war richtig spannend." Der Wasserstofftank übrigens liegt auf der Rücksitzbank. Bei der Luftfahrtmesse "Aero 2023" in Friedrichshafen durften die Studierenden ihren Flieger schon mal präsentieren.

Von der Luft zurück auf den Boden: In der Abteilung Fahrzeugtechnik entwickeln Studierende jedes Jahr einen Rennwagen, mit dem sie bei Rennen gegen Teams von Universitäten und Fachhochschulen aus der ganzen Welt antreten. "2024 wird unser Auto autonom fahren", informiert Eva Dotzel. Die 22-Jährige studiert Ingenieurwesen an der THWS und gehört seit 2023 zum "Mainfranken-Racing-Team". Wann die Enthüllung des neuen Boliden erfolgt, will sie noch nicht verraten.
Brückenschlag zwischen akademischer Ausbildung und praktischer Anwendung
Auch in der c-factory der THWS wird der Brückenschlag zwischen akademischer Ausbildung und praktischer Anwendung gelebt. Studierende entwickeln und realisieren hier Produkte unter Anwendung der "Industrie 4.0"-Technologien. "Wir bauen Pick-up-Trucks", erklärt Professor Christoph Bunsen. Das kleine Modellauto kann nahezu beliebig konfiguriert werden und wird durch verschiedene Fertigungsverfahren hergestellt. Die Verzahnung von Produktion und modernster Kommunikationstechnik ermöglicht maßgeschneiderte Produkte nach individuellen Kundenwünschen. Mit ihrer Zukunftswerkstatt c-factory gewann die THWS 2019 den Preis für innovative Hochschullehre.
Interessant auch der Blick in die Tiefen der THWS, ins Labor für Akustik im Keller. Professorin Dr. Stefanie Retka führt die Besucherinnen und Besucher in einen schalltoten Raum. In extremer Stille zu verweilen, ist erst einmal komisch. Die Stimme klingt gedämpft, man hört seinen Herzschlag. Nach einigen Minuten wird es unangenehm. Wir gehen wieder nach draußen.

"Wir arbeiten hier viel mit der Industrie", erklärt die junge Professorin. Für verschiedene Studiengänge werden Laborpraktika angeboten, um bei den Studierenden ein Verständnis für akustische Phänomene zu entwickeln und den Zusammenhang zwischen Strukturschwingungen und daraus resultierender Geräuschentwicklung zu veranschaulichen.
Das Labor für Nachrichtentechnik und Signalverarbeitung
Ein Stück weiter, im Labor für Nachrichtentechnik und Signalverarbeitung, werden innovative Lösungen entwickelt, um Roboter mit menschlicher Sprache zu steuern. Immer mehr Geräte hören aufs Wort, doch wie gut funktionieren sie im echten Leben? Studierende können hier an einem Lego-Roboter untersuchen, wie Sprachassistenten auf Hintergrundlärm reagieren. "Auch wir arbeiten eng mit der Industrie zusammen", sagt Professor Martin Spiertz. Ein Arbeitsauftrag aus der Schweinfurter Industrie war zum Beispiel, die Ausbreitung von Fahrzeuggeräuschen an Stoßdämpfern zu analysieren.
Im Labor von Professorin Dr. Maja Kobus gibt es chemisch-physikalische Experimente, was vor allem die Kinder begeistert. Es geht um den Nachweis von Halogenen im Wasser. Je nach Halogenid, nimmt der Niederschlag eine andere Färbung an. Bei uns färbt sich die Flüssigkeit im Reagenzglas hellgrün. Das heißt: Im Wasser ist Chlor.
Vom Keller geht's hoch ins zweite Obergeschoss zu den Robotik-Experten. Jonas Schewior, der Elektro- und Informationstechnik studiert, hat im Rahmen seiner Masterarbeit ein robotergestütztes, sprachgesteuertes Brettspiel für Menschen mit Bewegungshandicap entwickelt. Auf Sprachbefehl greift sich der Roboterarm die Spielfigur und legt sie an der gewünschten Position auf dem Brett ab. So zumindest die Theorie. In der Realität funktioniert es nicht immer, weil der Roboter noch zu viele Hintergrundgeräusche wahrnimmt.
Künstliche Intelligenz als Werkzeug, nicht als Lösung
Es gibt so vieles zu sehen und auch zu hören: Wie kommt man mit Mathematik zu Geld? Welchen Beitrag kann die Wasserstofftechnik zur Rettung des Klimas leisten? Wie werden Roboter intelligent? Die Auswahl bei den zahlreichen interessanten Vorträgen fällt schwer. "Da würde man selbst gerne nochmal studieren", meint Hochschulpräsident Meyer angesichts der vielfältigen Möglichkeiten an der THWS, an der man inzwischen auch promovieren kann.
Natürlich ist die Künstliche Intelligenz (KI) ein großes Thema. Die THWS ist eines der Kompetenzzentren im KI-Netzwerk, das der Freistaat zwischen München und Schweinfurt aufbaut. "Wir verstehen KI als Werkzeug, nicht als Lösung", betont Präsident Meyer. Sie sei so wichtig, wie für den Handwerker der Werkzeugkoffer auf der Baustelle.
Am Ende taucht "Spot" wieder auf, der sichtbare Beweis für die Integration und Anwendung von KI. Der Roboterhund von der Dimension eines Windhundes marschiert unbeirrbar über den Campus und erkennt dank eines 360-Grad-Gesichtsfeld rechtzeitig Hindernisse. Zur Sicherheit bleibt sein Herrchen aber ganz in der Nähe. Bei so vielen Menschen darf "Spot" sich nur auf Knopfdruck fortbewegen.