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Ebrach
Betreiberin oder Betreiber gesucht: Wer führt ab Sommer 2024 den defizitären Baumwipfelpfad bei Ebrach?
Politiker versichern: Die als Touristenmagnet gedachte Einrichtung am Radstein wird erhalten. Doch wer springt ein? Und womöglich macht die Gastro in Kürze dicht.
Das markanteste Bauteil des Baumwipfelpfads ist der gut 40 Meter hohe Turm. Wenngleich Politiker den Fortbestand zusichern, ist noch nicht geklärt, wer die als Besuchermagnet gedachte Einrichtung nach Juni 2024 betreiben wird.
Foto: René Ruprecht | Das markanteste Bauteil des Baumwipfelpfads ist der gut 40 Meter hohe Turm. Wenngleich Politiker den Fortbestand zusichern, ist noch nicht geklärt, wer die als Besuchermagnet gedachte Einrichtung nach Juni 2024 ...
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:12 Uhr

Der Baumwipfelpfad am Radstein bei Ebrach hebt sich nicht nur geografisch von seiner Umgebung ab. Das Bayerische Landwirtschaftsministerium bezeichnet die Einrichtung in einer Antwort an diese Redaktion als "Aushängeschild der Tourismusregion Steigerwald und Leuchtturm für moderne waldpädagogische Angebote". Auch der Bamberger Landrat Johann Kalb nannte den Baumwipfelpfad neulich "Leuchtturmprojekt". Dennoch ist die Entscheidung, wie es dort ab Mitte kommenden Jahres weitergeht, nicht spruchreif.

Immerhin dürfte zwischenzeitlich klar sein: Auch nach Auslaufen des aktuell gültigen sogenannten Betrauungsvertrags "läuft der Betrieb des Baumwipfelpfads auf jeden Fall weiter", wie dessen kommissarische Leiterin, Sandra Fischer, auf Anfrage versichert. Dies hatte auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder während eines Besuchs in der Region Ende September zugesagt. Und dessen Wort gelte auch jetzt noch, nach der Landtagswahl, lässt sich aus einer aktuellen Antwort des Landwirtschaftsministeriums ablesen.

Privater Investor sucht das Weite: Staat springt in die Bresche

Was jedoch offen ist, ist die Frage, wer den Baumwipfelpfad weiterführen soll. Seit dessen Eröffnung im März 2016 fungieren die Bayerischen Staatsforsten als Betreiber – mehr oder weniger freiwillig. Denn ursprünglich war vorgesehen, den Baumwipfelpfad privat zu führen. Ein Investor sprang allerdings noch vor Baubeginn ab. Der Staat sprang, wohl oder übel, in die Bresche und übernahm die Realisierung des politisch unterstützten Projekts im Steigerwald, trotz der aus dem Ruder laufenden Kosten. Anstatt der geplanten 8,19 Millionen Euro kostete der Baumwipfelpfad am Ende drei Millionen Euro mehr.

War nicht so geplant: Die Bayerischen Staatsforsten übernahmen die Realisierung und ab dem Jahr 2016 den Betrieb des Baumwipfelpfads. Ein privater Investor hatte das Projekt aufgegeben.
Foto: René Ruprecht | War nicht so geplant: Die Bayerischen Staatsforsten übernahmen die Realisierung und ab dem Jahr 2016 den Betrieb des Baumwipfelpfads. Ein privater Investor hatte das Projekt aufgegeben.

Doch damit nicht genug: Auch der laufende Betrieb verursacht Defizite. Mit Ausnahme eines Jahres (2017) verbuchte die Einrichtung statt des prognostizierten Überschusses jährlich Verluste. Bis Juni 2020 belief sich der Fehlbetrag auf 1,16 Millionen Euro, beklagte im vergangenen Jahr der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH). Aus diesem Grund kritisierte dieser auch den Betrieb des Baumwipfelpfads durch eine staatliche Stelle, und nannte im gleichen Atemzug ein zweites Prestige-Projekt in unmittelbarer Nähe: das im Jahr 2014 eröffnete Steigerwald-Zentrum in Handthal, das ebenso rote Zahlen schreibt und dem Freistaat jährlich Geld kostet.

Kritik des Obersten Rechnungshofs: "Bestmögliche wirtschaftliche Lösung"

Der ORH mahnte in seinem im April 2022 veröffentlichten Rechnungsbericht, für beide Einrichtungen im Steigerwald "die bestmögliche wirtschaftliche Lösung" zu finden und empfahl für beide eine "grundlegend konzeptionelle Neuausrichtung". Insoweit stellt sich auch jetzt, wenn es wieder darum geht, einen Betreiber für den Baumwipfelpfad zu finden, die Frage, ob dies nicht ein privater Investor sein könnte. Möglich wäre dies, und aus Sicht des Staates, mit der ORH-Rüge im Nacken, sicherlich auch wünschenswert. Doch ob dies gelingt?

Sandra Fischer leitet den Steigerwald-Baumwipfelpfad bei Ebrach.
Foto: René Ruprecht | Sandra Fischer leitet den Steigerwald-Baumwipfelpfad bei Ebrach.

Die derzeitige Leiterin des Baumwipfelpfads berichtet von "noch laufenden Verhandlungen" zum Weiterbetrieb. Der zuständige Aufsichtsrat der Staatsforsten tage Anfang Dezember. Dass die politische Zuständigkeit für die Staatsforsten jüngst im Zuge mit der Bildung der neuen Landesregierung vom Landwirtschafts- ins Wirtschaftsministerium umgezogen ist, mache die Lage nicht einfacher, meint Fischer. Damit ist Freie-Wähler-Minister Hubert Aiwanger zuständig, der auch Vorsitzender des Aufsichtsrats ist.

Lebenshilfe hat Pachtvertrag gekündigt: Nachfolge offen

Ungelöst ist eine weitere, zeitlich noch drängendere Frage: Wer führt ab Januar 2024 die Gastronomie am Baumwipfelpfad fort? Anfang Juli 2023 hatte die Lebenshilfe Schweinfurt bekannt gegeben, dass das von ihr geführte Markt- und Service-Integrationsunternehmen (MSI) den Pachtvertrag über Ende dieses Jahres hinaus nicht fortsetzen wird. Dies betrifft neben dem Restaurant auch die Kasse und den Souvenirladen. Insgesamt sind am Baumwipfelpfad bis 31. Dezember rund 20 MSI-Beschäftigte im Einsatz. Ein Monat vor Ablauf des Vertrags zwischen MSI und Staatsforst ist fraglich, wie's dort weitergeht. Doch so lange unklar ist, wer den Baumwipfelpfad fortführt, dürfte auch eine Neuverpachtung kaum möglich sein.

Gut einen Monat vor Ablauf des Pachtvertrags ist weiter offen, wer ab 1. Januar 2024 das Restaurant am Baumwipfelpfad fortführen wird.
Foto: René Ruprecht | Gut einen Monat vor Ablauf des Pachtvertrags ist weiter offen, wer ab 1. Januar 2024 das Restaurant am Baumwipfelpfad fortführen wird.

Die Lebenshilfe hatte im Sommer, als sie ihren Rückzug vom Baumwipfelpfad bekannt gab, ihren Schritt bedauert. Doch die Besucherzahlen, die sich nach der Corona-Pandemie nicht wie erhofft wieder nach oben entwickelt haben, hätten die Entscheidung notwendig gemacht. Der Trend niedrigerer Besucherzahlen hält an. Exakte Zahlen, wie viele Besucherinnen und Besucher im laufenden Jahr gekommen sind, nennt Leiterin Fischer nicht. Doch sie rechnet mit 95.000 bis 100.000, was in etwa dem Wert des vergangenen Jahres entsprechen würde. Die Zielmarke zum Start der Einrichtung lag bei 150.000 pro Jahr.

Laut Fischer spiele die Witterung im Jahreslauf "eine gigantisch große Rolle", was die Besucherfrequenz angeht. So habe es im Oktober und November bei Sonnenschein teils sehr gute Tage gegeben. Daraus schöpft sie Hoffnung, dass der Wintermarkt am 6. und 7. Januar, jeweils von 11 bis 18 Uhr, wieder Tausende anziehen könnte, wie die Regionalmärkte in diesem Jahr.

 
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  • Florian Tully
    Aiwanger könnte den Turm doch zu einen prima Hochstand für die Jagd machen grinsen
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  • Hans Müller
    @ Florian Tully,

    Sie bringen wie immer sehr überzeugende Argumente.
    Ich frage mich warum bei so einer Überzeugungskraft die Bevölkerung vom Steigerwald gegen den NP ist?
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  • Florian Tully
    Sobald der Nationalpark Steigerwald eingerichtet wird, macht das Projekt wieder Sinn!
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  • Lutz Saubert
    Was bringt der Nationalpark, was der Naturpark nicht kann?
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  • georg ruettiger
    Deutlich mehr Urlaubsgäste, wie in Nationalparks mit gut besuchten Baumwipfelpfaden unschwer zu erkennen ist.
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  • Peter Koch
    Das mit den profitablen Baumwipfelpfaden in Nationalparks stimmt doch gar nicht, schauen sie da. https://treetop-walks.com/ Kaum einer liegt an einem Nationalpark, aber unter € 12,50 Eintritt geht da trotzdem gar nichts.
    Das ist übrigens eine Firma die in Ebrach nicht wollte.
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  • georg ruettiger
    Ich habe nie behauptet alle lägen in Nationalparks, etliche aber schon und keiner ist bisher pleite gegangen. Soll Ebrach nun Eintrittspreise auf wenigstens 12,50 erhöhen, oder was soll Ihr Einwand?
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  • Lutz Saubert
    Wo bitte sollen die Touristen übernachten? Wer will heute noch im Gastgewerbe arbeiten?Im Bayerischen Wald kommen die Arbeitskräfte aus dem nahen Böhmerwald, bis Franken fahren die bestimmt nicht.
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  • georg ruettiger
    Ist aber nett von Ihnen dass Sie sich ums Wohl der Urlauber Sorgen machen.
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  • Lutz Saubert
    Soll eigentlich zeigen, dass das Tourismus-Argument bei einem Nationalpark nicht zieht.
    Überhaupt gehören für mich unberührte Natur als Nationalpark und Tourismus nicht zusammen.
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  • Georg Wohlfart-Mitznegg
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  • Georg Wohlfart-Mitznegg
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  • Hans Müller
    ORH kann offensichtlich nicht rechnen!
    Zunächst ist anzumerken, jede Investition ist nicht in den ersten fünf Jahren wieder amortisiert!

    Also 100000 Besucher sind bei einem Eintritt von 10 Euro 1 Million!
    Der Pfad wurde 2017 eröffnet, also 6 Millionen!
    Jetzt frage ich mich wie hier der ORH das Defizit berechnet hat?
    Hat er womöglich die steuerliche Abschreibung nicht beachtet!
    Hat man linear oder progressiv abgeschrieben?
    Bei einer linearer Abschreibung auf 25 Jahre sind das 240000 Euro (Steuerliche Abschreibung mit 50% geschätzt).
    Verbleiben noch 760000 Euro für Unterhalt und Personal.
    Wenn jetzt nur jeder 10 Gast die Gastronomie in Anspruch genommen hat, sind das auch noch einmal 300000 Euro!

    Also Herr Mößlein, das wäre einmal zu eruieren!
    Ich stelle mir schon die Schlagzeile vor!

    "ORH hat sich beim Baumwipfelpfad gehörig verrechnet!"

    Und jetzt, wo der Betrieb langsam in die Gewinnzone kommt soll man ihn, laut ORH, abstoßen?
    Das macht doch keinen Sinn!
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  • georg ruettiger
    Privaten Investoren war klar, dass ohne dem Gütesiegel Nationalpark kaum Gäste von außerhalb der Region kommen würden. So sagte auch der letzte Interessent ab und baute lieber im neuen NP im Schwarzwald. Treiber des Projekts waren gewiss die Vorstände des Vereins unser Steigerwald, die zeigen wollten,.dass Tourismus auch mit Trittsteinkonzept funktioniert. Nun hätten sie doch Zeit und viele Helfer, um die beiden Einrichtungen zuverlässig als Vereinseirichtung zu führen. Aiwanger wird schon helfen.
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  • Lutz Saubert
    Wenn man sich die Kennzeichen der Besucherfahrzeuge ansieht, wird deutlich, dass Menschen von überall den Baumwipfelpfad erkunden. Was sollte sich mit dem Siegel "Nationalpark" ändern? Mehr Touristen kommen dann auch nicht. Die bleiben höchstens in BA oder WÜ, und kommen mal für einen Halben Tag vorbei.
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  • georg ruettiger
    Weil privat investierte Baumwipfelpfade in Nationalparks funktionieren zweifele ich an Ihrem Argument. Wissen Sie von Pleiten anderenorts? Wenn nicht, warum sonst läuft es dort besser? Fakten sind gefragt, nicht Meinungen.
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  • Peter Koch
    Die Erlebnis Akademie AG schreibt tatsächlich schön schwarze Zahlen, aber halt an attraktiveren Standorten und auch ohne Nationalpark.
    https://www.eak-ag.de/eakag/ueber-uns/baumwipfelpfade/
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  • georg ruettiger
    Achso, hatten die Vorstände von unser Steigerwald und deren Anhänger geglaubt, hier wäre ein attraktiver Standort und es bräuchte nichts weiter? Hochmut kommt vor der Insolvenz. Die Zeche zahlt schon wer.
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  • Lutz Saubert
    Der Verein "Unser Steigerwald" hat genau WAS mit dem Baumwipfelpfad zu tun?
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  • georg ruettiger
    Klar, wo es schief geht will niemand das Steigerwaldzentrum und den Wipfelpfad gewollt haben, die politische Verantwortung übernehmen. Schuldige sind der Rechnungshof und die 7 Zwerge.
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