
Der Baumwipfelpfad am Radstein bei Ebrach hebt sich nicht nur geografisch von seiner Umgebung ab. Das Bayerische Landwirtschaftsministerium bezeichnet die Einrichtung in einer Antwort an diese Redaktion als "Aushängeschild der Tourismusregion Steigerwald und Leuchtturm für moderne waldpädagogische Angebote". Auch der Bamberger Landrat Johann Kalb nannte den Baumwipfelpfad neulich "Leuchtturmprojekt". Dennoch ist die Entscheidung, wie es dort ab Mitte kommenden Jahres weitergeht, nicht spruchreif.
Immerhin dürfte zwischenzeitlich klar sein: Auch nach Auslaufen des aktuell gültigen sogenannten Betrauungsvertrags "läuft der Betrieb des Baumwipfelpfads auf jeden Fall weiter", wie dessen kommissarische Leiterin, Sandra Fischer, auf Anfrage versichert. Dies hatte auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder während eines Besuchs in der Region Ende September zugesagt. Und dessen Wort gelte auch jetzt noch, nach der Landtagswahl, lässt sich aus einer aktuellen Antwort des Landwirtschaftsministeriums ablesen.
Privater Investor sucht das Weite: Staat springt in die Bresche
Was jedoch offen ist, ist die Frage, wer den Baumwipfelpfad weiterführen soll. Seit dessen Eröffnung im März 2016 fungieren die Bayerischen Staatsforsten als Betreiber – mehr oder weniger freiwillig. Denn ursprünglich war vorgesehen, den Baumwipfelpfad privat zu führen. Ein Investor sprang allerdings noch vor Baubeginn ab. Der Staat sprang, wohl oder übel, in die Bresche und übernahm die Realisierung des politisch unterstützten Projekts im Steigerwald, trotz der aus dem Ruder laufenden Kosten. Anstatt der geplanten 8,19 Millionen Euro kostete der Baumwipfelpfad am Ende drei Millionen Euro mehr.

Doch damit nicht genug: Auch der laufende Betrieb verursacht Defizite. Mit Ausnahme eines Jahres (2017) verbuchte die Einrichtung statt des prognostizierten Überschusses jährlich Verluste. Bis Juni 2020 belief sich der Fehlbetrag auf 1,16 Millionen Euro, beklagte im vergangenen Jahr der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH). Aus diesem Grund kritisierte dieser auch den Betrieb des Baumwipfelpfads durch eine staatliche Stelle, und nannte im gleichen Atemzug ein zweites Prestige-Projekt in unmittelbarer Nähe: das im Jahr 2014 eröffnete Steigerwald-Zentrum in Handthal, das ebenso rote Zahlen schreibt und dem Freistaat jährlich Geld kostet.
Kritik des Obersten Rechnungshofs: "Bestmögliche wirtschaftliche Lösung"
Der ORH mahnte in seinem im April 2022 veröffentlichten Rechnungsbericht, für beide Einrichtungen im Steigerwald "die bestmögliche wirtschaftliche Lösung" zu finden und empfahl für beide eine "grundlegend konzeptionelle Neuausrichtung". Insoweit stellt sich auch jetzt, wenn es wieder darum geht, einen Betreiber für den Baumwipfelpfad zu finden, die Frage, ob dies nicht ein privater Investor sein könnte. Möglich wäre dies, und aus Sicht des Staates, mit der ORH-Rüge im Nacken, sicherlich auch wünschenswert. Doch ob dies gelingt?

Die derzeitige Leiterin des Baumwipfelpfads berichtet von "noch laufenden Verhandlungen" zum Weiterbetrieb. Der zuständige Aufsichtsrat der Staatsforsten tage Anfang Dezember. Dass die politische Zuständigkeit für die Staatsforsten jüngst im Zuge mit der Bildung der neuen Landesregierung vom Landwirtschafts- ins Wirtschaftsministerium umgezogen ist, mache die Lage nicht einfacher, meint Fischer. Damit ist Freie-Wähler-Minister Hubert Aiwanger zuständig, der auch Vorsitzender des Aufsichtsrats ist.
Lebenshilfe hat Pachtvertrag gekündigt: Nachfolge offen
Ungelöst ist eine weitere, zeitlich noch drängendere Frage: Wer führt ab Januar 2024 die Gastronomie am Baumwipfelpfad fort? Anfang Juli 2023 hatte die Lebenshilfe Schweinfurt bekannt gegeben, dass das von ihr geführte Markt- und Service-Integrationsunternehmen (MSI) den Pachtvertrag über Ende dieses Jahres hinaus nicht fortsetzen wird. Dies betrifft neben dem Restaurant auch die Kasse und den Souvenirladen. Insgesamt sind am Baumwipfelpfad bis 31. Dezember rund 20 MSI-Beschäftigte im Einsatz. Ein Monat vor Ablauf des Vertrags zwischen MSI und Staatsforst ist fraglich, wie's dort weitergeht. Doch so lange unklar ist, wer den Baumwipfelpfad fortführt, dürfte auch eine Neuverpachtung kaum möglich sein.

Die Lebenshilfe hatte im Sommer, als sie ihren Rückzug vom Baumwipfelpfad bekannt gab, ihren Schritt bedauert. Doch die Besucherzahlen, die sich nach der Corona-Pandemie nicht wie erhofft wieder nach oben entwickelt haben, hätten die Entscheidung notwendig gemacht. Der Trend niedrigerer Besucherzahlen hält an. Exakte Zahlen, wie viele Besucherinnen und Besucher im laufenden Jahr gekommen sind, nennt Leiterin Fischer nicht. Doch sie rechnet mit 95.000 bis 100.000, was in etwa dem Wert des vergangenen Jahres entsprechen würde. Die Zielmarke zum Start der Einrichtung lag bei 150.000 pro Jahr.
Laut Fischer spiele die Witterung im Jahreslauf "eine gigantisch große Rolle", was die Besucherfrequenz angeht. So habe es im Oktober und November bei Sonnenschein teils sehr gute Tage gegeben. Daraus schöpft sie Hoffnung, dass der Wintermarkt am 6. und 7. Januar, jeweils von 11 bis 18 Uhr, wieder Tausende anziehen könnte, wie die Regionalmärkte in diesem Jahr.
Sie bringen wie immer sehr überzeugende Argumente.
Ich frage mich warum bei so einer Überzeugungskraft die Bevölkerung vom Steigerwald gegen den NP ist?
Das ist übrigens eine Firma die in Ebrach nicht wollte.
Überhaupt gehören für mich unberührte Natur als Nationalpark und Tourismus nicht zusammen.
Zunächst ist anzumerken, jede Investition ist nicht in den ersten fünf Jahren wieder amortisiert!
Also 100000 Besucher sind bei einem Eintritt von 10 Euro 1 Million!
Der Pfad wurde 2017 eröffnet, also 6 Millionen!
Jetzt frage ich mich wie hier der ORH das Defizit berechnet hat?
Hat er womöglich die steuerliche Abschreibung nicht beachtet!
Hat man linear oder progressiv abgeschrieben?
Bei einer linearer Abschreibung auf 25 Jahre sind das 240000 Euro (Steuerliche Abschreibung mit 50% geschätzt).
Verbleiben noch 760000 Euro für Unterhalt und Personal.
Wenn jetzt nur jeder 10 Gast die Gastronomie in Anspruch genommen hat, sind das auch noch einmal 300000 Euro!
Also Herr Mößlein, das wäre einmal zu eruieren!
Ich stelle mir schon die Schlagzeile vor!
"ORH hat sich beim Baumwipfelpfad gehörig verrechnet!"
Und jetzt, wo der Betrieb langsam in die Gewinnzone kommt soll man ihn, laut ORH, abstoßen?
Das macht doch keinen Sinn!
https://www.eak-ag.de/eakag/ueber-uns/baumwipfelpfade/