
Manchen Besucherinnen und Besuchern des Baumwipfelpfads bei Ebrach dürfte es bereits aufgefallen sein: Etliche der langen Stützen, auf denen der Pfad hoch oben ruht, sehen irgendwie anders aus als die übrigen. Sie wirken frischer, weniger ergraut. Dass der Schein nicht trügt, bestätigt Sandra Fischer, die Leiterin des touristischen Anlaufpunkts am Radstein. Knapp ein Drittel der insgesamt annähernd 70 Stützen aus Holz wurden Anfang des Jahres ausgetauscht.
Die neuen, wie bereits die alten Stützen stammen aus dem Bayerischen Wald. Es handelt sich um Stämme mächtiger Douglasien. Solche sind in der notwendigen Größe im Steigerwald oder in der näheren Umgebung nicht zu finden sind, sagt Fischer. Jede der Holzstützen wuchs als Baum etwa 80 bis 100 Jahre im Forstbetrieb Bodenmais in der Arber-Region. Bis zu knapp 30 Meter lang sind die Stützen, die nun verbaut wurden. Der Stammdurchmesser beträgt etwa 45 Zentimeter, erläutert Fischer.

Über insgesamt 1150 Meter zieht sich der Steg des im März 2016 eröffneten Baumwipfelpfads entlang und in die Baumkronen hinein, bis zu 26 Meter über dem Boden. Der mächtige Turm, der über eine 640 Meter lange, sanft ansteigende Rampe barrierefrei erklommen wird, schraubt sich gut 40 Meter in die Höhe.
Holz hält nur eine begrenzte Zeit
Bei insgesamt 1430 Kubikmeter verbauten Holzes ist es leicht verständlich, dass dort immer wieder Reparaturen anfallen. "Unbehandeltes Holz ist eine verderbliche Ware", sagt Fischer, die Leiterin des Baumwipfelpfads, die einst Forstwissenschaften studiert hat.
Doch dass nach nicht einmal sieben Jahren bereits tragende Bauteile wie die Stützpfeiler ersetzt werden müssen, sei so nicht geplant und auch nicht vorhersehbar gewesen, stimmt sie zu. Augenscheinlich hatte die Firma, die den Baumwipfelpfad seinerzeit für die Betreiberin, die Bayerischen Staatsforsten, gebaut hat, die örtlichen Witterungsverhältnisse unterschätzt. Fischer spricht von Feuchtigkeit, die sich an manchen Stellen des teilweise leicht im Hang stehenden Baumwipfelpfads länger hält als in der Umgebung.

Die Feuchtigkeit mache selbst Douglasien-Holz, das der Witterung gut standhält, zu schaffen. Pilze und Schädlinge könnten das Holz leichter angreifen, wie im konkreten Fall auch geschehen. Wahrscheinlich wurde beim Bau des Pfades aber auch vorgeschädigtes Holz verwendet, was zu einem juristischen Nachspiel mit dem Hersteller geführt hat, so Fischer.
Routineprüfung brachte Schäden ans Licht
Um solche Scherereien zu vermeiden, sei jetzt bei den neu eingebauten Stämmen noch stärker darauf geachtet worden, Kernholz zu verwenden. Dieses Holz aus der Mitte eines Baumstamms ist im Vergleich zum Splintholz, das die äußersten Holzschichten eines Baumstamms bildet und Poren hat, noch stabiler und langlebiger, wenn es Wind, Regen und Sonne ausgesetzt ist.
Wie alle Bauteile des Baumwipfelpfads werden die Stützen nach Auskunft von Fischer jährlich technisch überprüft. Dabei seien die im Januar und Februar innerhalb von drei Wochen behobenen Schäden festgestellt worden. Der Austausch der Stützen erfolgte im laufenden Betrieb, sagt Fischer. Der Baumwipfelpfad musste keinen Tag schließen
Glücklicherweise beschränkten sich die festgestellten Schäden auf die Holzstützen des Pfads. Nur einige Querstreben aus Holz, die die Stützen stabilisieren, mussten ebenfalls ersetzt werden, weil die alten nicht gepasst hätten. Die Bauteile aus Stahl waren komplett intakt, berichtet Fischer. Und auch die aus verleimten Holz bestehenden bis zu 40 Meter langen Stützpfeiler des Turms seien in einem tadellosen Zustand.
Auf dem Altholz entstand etwas Neues
Die ausgebauten Holzstützen wurden zweitverwertet, berichtet Fischer. Aus ihnen entstanden etwa ein Barfußpfad. Ein Teil des Holzers wurde zu Hackschnitzeln verarbeitet, um damit Flächen zu belegen. Einige Reststücke verblieben absichtlich als Totholz im Wald.

Eine Änderung am Baumwipfelpfad wird erst Ende Dezember 2023 wirksam werden: Wie das Markt- und Service-Integrationsunternehmen (MSI) als gemeinnützige Gesellschaft der Lebenshilfe Schweinfurt vor wenigen Tagen bekanntgegeben hat, wird dieses den Pachtvertrag mit den Staatsforsten über das laufende Jahr hinaus nicht verlängern. Betroffen sind davon laut MSI rund 20 ihrer Beschäftigten, die am Baumwipfelpfad nicht nur im Restaurant gearbeitet haben, sondern beispielsweise auch an der Kasse oder im Souvenirladen.
Die MSI-Geschäftsführer Martin Groove und Jürgen Hergenröder begründen den Schritt, der ihnen "sehr schwer gefallen" sei, in einer Pressemitteilung damit, dass die Besucherzahlen des Baumwipfelpfads nach der Corona-Pandemie sich nicht wieder wie erhofft entwickelt hätten. Die allgemeine Teuerung und das Auslaufen von öffentlichen Fördergeldern könne das MSI auf Dauer nicht vollständig ausgleichen. Deshalb sei die Kündigung des Pachtvertrags und der Rückzug von einem "sehr lieb gewonnenen Projekt" (Groove) unausweichlich.

Besucherzahlen vom Spitzenwert weit entfernt
Die Leiterin des Baumwipfelfads gibt die Besucherzahlen auf Nachfrage dieser Redaktion mit circa 100.000 für das zurückliegende Geschäftsjahr an. Dieses litt zum Teil noch unter Auswirkungen der Corona-Pandemie sowie unter ungünstigen Wetterbedingungen während der beiden besucherstärksten Monate, begründet Fischer die Zahlen. Der August 2022 sei sehr heiß gewesen, was die sonst übliche Besucherzahl ebenso gedämpft habe wie die feucht-nasse Witterung im Folgemonat September. In der Spitze kamen vor Corona schon einmal 175.000 Besucherinnen und Besucher in einem Jahr an den Radstein. Als Zielmarke waren zum Start der Einrichtung 150.000 Besucherinnen und Besucher genannt worden.
Welches Unternehmen die nach dem MSI-Rückzug frei werdenden Stellen am Baumwipfelpfad besetzen wird, werde man in den kommenden Wochen und Monaten klären und sich nach einem neuen Pächter umsehen. Die Bayerischen Staatsforsten als Betreiber des Baumwipfelpfads unterhalten dort bislang laut Fischer sechs bis sieben Vollzeitstellen, die sich 15 Beschäftigte teilen.