Gottfried Bindrim ist sauer. Jeden Tag verlieren seine Leute bis zu zwei Stunden Zeit wegen der Baustellen und Straßensperrungen im südwestlichen Stadtgebiet. Die Caritas-Sozialstation St. Josef, dessen Leiter Gottfried Bindrim ist, betreut in Oberndorf und am Bergl zahlreiche alte und kranke Menschen. Wegen der längeren Fahrt- und Standzeiten kämen die Pflegekräfte verspätet zu den Patientinnen und Patienten. Teilweise müssten sie sogar längere Stücke zu Fuß laufen, weil die Häuser wegen der Baustellen nicht angefahren werden könnten, sagt Bindrim.
Was noch dazu kommt: Laut Bindrim muss die Sozialstation wegen der längeren Arbeitszeiten ihrer Pflegekräfte täglich Mehrkosten von 100 bis 120 Euro aufbringen. Hochgerechnet bis November, so lange werden die Bauarbeiten in Oberndorf dauern, kommt Bindrim auf ein Minus von über 20.000 Euro, das der ambulante Pflegedienst zu schultern habe. Was noch schwerer wiegt: "Unsere Kunden können nicht rechtzeitig versorgt werden und dies in der Zeit des absoluten Pflegekräftemangels."
Angefangen hat alles mit der Sperrung der Oberndorfer Hauptstraße, erzählt Bindrim. Dann kamen die Sperrung der Wirsingstraße stadteinwärts und der Danziger Straße Richtung Kennedy-Ring dazu. Anfang Juni war dann kurzfristig auch noch die Stresemannstraße Richtung Hauptbahnhof nicht mehr befahrbar. Da ist Bindrim der Geduldsfaden gerissen. Er hat einen Beschwerdebrief an die Stadt geschrieben, adressiert an Oberbürgermeister Sebastian Remelé, Ordnungsreferent Jan von Lackum und Baureferent Ralf Brettin.
"Unmögliche Verkehrssituation und chaotische Planung"
Darin spricht Bindrim von einer "absolut unmöglichen Verkehrssituation" und "chaotischer Planung". Seiner Ansicht nach mangele es an der Absprache der zuständigen Ämter. Denn seit einer Woche ist nun auch noch die Franz-Josef-Strauß-Brücke einseitig gesperrt, weil Risse in der Asphaltdecke ausgebessert werden. Bei Stoßzeiten würden sich lange Fahrzeugschlangen an der Ampel bilden, bis zu 15 Minuten stehe man im Stau, sagt Bindrim. Dieses Fahrdeckenproblem hätte man seiner Ansicht nach vor der Sperrung der Wirsing-, Danzig- und Hauptstraße erledigen können.
Bindrim fordert die Stadt deshalb auf, die Verkehrssituation zu überdenken und "dafür Sorge zu tragen, dass die erforderlichen baulichen Maßnahmen, mit dem Verkehr entsprechend verträglichen Einschränkungen erfolgen und nicht so, wie diese sich jetzt als völlig chaotisch darstellen".
Stadt weist Kritik an den Ämtern zurück
In einem Antwortschreiben, aus dem Bindrim zitiert, räumt Ordnungsreferent Jan von Lackum die Verkehrsbehinderungen ein, weist die Kritik an den Ämtern aber zurück. Alle Maßnahmen seien bereits im Vorjahr mit den betroffenen Ämtern der Stadt Schweinfurt und der Stadtwerke Schweinfurt GmbH abgestimmt worden. Man sei auch damals darauf bedacht gewesen, so wenig Konflikte und Überschneidungen wie irgend möglich zu schaffen. Dies sei bei dem mittlerweile großen Bedarf an Erneuerung von Versorgungsleitungen und Sanierung von Straßen allerdings außerordentlich kompliziert und nicht immer möglich. Ein Verkehrschaos gebe es definitiv nicht.
Von Lackum macht Bindrim auch wenig Hoffnung, dass sich in den nächsten Jahren im Stadtgebiet eine spürbare Verbesserung einstellen wird. Denn der Bedarf an Straßenbaustellen werde nicht geringer.
Die Antwort befriedigt den Leiter der Caritas-Sozialstation nicht. "Was uns als ambulanten Pflegedienst hier am Bergl und in Oberndorf zugemutet wird, ist der Wahnsinn", sagt Bindrim. Leidtragende seien die Patientinnen und Patienten, die beispielsweise ihre Insulinspritze "halt mal eineinhalb Stunden später bekommen, weil überall Baustellen sind und nichts so richtig vorwärtsgeht".