Die deutschen Gemeinden, in denen ehemalige AKW bzw. Zwischenlager stehen, wollen vom Bund Geld. Als Ausgleich dafür, dass die dortige Lagerung des hochradioaktiven Atommülls um Jahrzehnte länger dauern wird als ursprünglich geplant. Hintergrund dafür ist die neu gestartete Endlagersuche. Erst in etwa 40 Jahren rechnet man damit, den Standort gefunden zu haben. Wenn dort der erste Behälter mit Atommüll ankommt, dürfte der Kalender die Jahreszahl 2100 anzeigen.
Ihre Forderung haben die AKW-Gemeinden schon vor Monaten aufgestellt, sie aber beim aktuellen Treffen der Arbeitsgemeinschaft der Standortgemeinden (Asketa) in Grafenrheinfeld bekräftigt, an dem 15 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister teilgenommen haben. Dabei haben sie den Druck auf die Politik erhöht und den Katalog drei Bundestagsabgeordneten mit auf den Weg gegeben.
Es geht für jede Gemeinde um etwa eine Million Euro im Jahr
Jede Kommune fordert zwischen 0,8 bis 1,3 Millionen Euro pro Jahr, je nachdem, wie viel Atomschrott aus den verbrauchten Brennelementen in den Zwischenlagern steht. Das macht eine Summe von 16 Millionen Euro.
Asketa-Sprecher Josef Klaus (Niederaichbach) begründet die Ausgleichszahlung mit dem Umstand, dass die Zwischenlager die wirtschaftliche Entwicklung in den Gemeinden hemmen, weil sie Flächen blockieren. Und das noch über viele Jahre hinweg. Sein Grafenrheinfelder Bürgermeisterkollege Christian Keller verwies darauf, dass die Kommunen den AKW-Bauten vor Jahrzehnten in der Annahme zugestimmt hätten, die Endlagerungsfrage werde gelöst.
Auch wenn früher Gewerbesteuer in die AKW-Standorte geflossen sei, hätten sich die Vorzeichen nun geändert, sagte Klaus. Unterstützung erhielt er vom ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein (CSU), der als Mitglied des Nationalen Begleitgremiums bei der Endlagersuche (NBG) an der Asketa-Sitzung teilnahm. Nachdem die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) die Zwischenlager betreibt, könne man mit Steuereinnahmen von dort nicht rechnen. Das wäre bei einem unternehmerischen Betreiber wie einem Energiekonzern anders. Für ihn hätten die Kommunen ihre Gründe "völlig überzeugend" dargelegt.
Weisgerber erwartet ein Ja von der "Ampel"
Voll und ganz auf Asketa-Linie war Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber (CSU): "Die Einbußen sind da." Man müsse Gerechtigkeit walten lassen. Deswegen erwarte sie von der Ampel-Regierung, die Anträge zu prüfen. Grundsätzlich nicht ablehnend, aber zurückhaltender argumentierten Weisgerbers Pendants Nadine Heselhaus und Markus Hümpfer (beide SPD). Man sollte über die Forderung diskutieren, empfahl Hümpfer, der sich wie Weisgerber für ein parteiübergreifendes Vorgehen aussprach.
Bei zwei weiteren Kernforderungen der Asketa herrschte große Einigkeit. So soll die Endlagersuche deutlich beschleunigt werden. "Die Zeit des Däumchen Drehens ist vorbei", sagte Hümpfer. Um Zeit zu sparen, sollten nicht alle Gesteinsarten für ein mögliches unterirdisches Endlager untersucht, sondern welche schon jetzt ausgeschlossen werden. Anja Weisgerber plädierte dafür, ungeeignete Gebiete wie Küstenregionen von vornherein aus dem Verfahren herauszunehmen.
AKW-Gemeinden wollen an Endlager-Entscheidung beteiligt werden
Die AKW-Gemeinden beanspruchen zwei Sitze im Nationalen Begleitgremium NBG, wo sie bislang nicht vertreten sind. Dann könnte dort die jetzige Situation der Zwischenlager besser zur Geltung kommen. NBG-Mitglied Beckstein versprach, sich dafür einzusetzen. Berufen werden die Mitglieder durch eine "übereinstimmende Liste" von Bundestag und Bundesrat. Das mache die Angelegenheit etwas schwierig. Er sagte aber auch: "Wir brauchen eine verlässliche Zusammenarbeit."
Ich wünschte mir wirklich, dass alle endlich kapieren, dass AKWs nicht „saubere“ Energie bedeuten!